Sonntag 10.12.23, 19:11 Uhr
Bericht von einer Veranstaltung des Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen

Ambulante Versorgung braucht solidarische Gesundheitszentren


Das Bochumer Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen hatte am vergangenen Mittwoch eingeladen, um über die Krise der ambulanten medizinischen Versorgung zu diskutieren. Hier der Bericht von der Veranstaltung: »„Der Krankenhausplan NRW wird auf mittlere Sicht den Abbau eines Fünftels der Bettenkapazität in der stationären Versorgung bedeuten. Von den 18.500 Betten sollen dabei fast 5,000 Betten durch ‚Ambulantisierung‘ abgebaut werden, das entspricht jährlich knapp 600.000 neuen Fällen im ambulanten Sektor“. Diese Tatsache war für die Referentin Nadja Rakowitz vom Verein demokratischer Ärzt*innen einer der wesentlichen Ausgangspunkte für die Frage, warum die ambulante Versorgung sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern müsse.

Nadja Rakowitz betonte: „Die Politik hat auf diese neue Herausforderung keine Antwort und der ambulante Sektor ist auf diese zusätzliche Belastung überhaupt nicht vorbereitet“. Bereits heute seien ja eine monatelange Wartezeit auf einen Facharzt- oder manchmal auch Hausarzt-Termin keine Seltenheit und für eine 24×7 Versorgung ist der ambulante Bereich überhaupt nicht ausgelegt. Die Referentin hatte ihren Vortrag mit dem Bild des Haifischbeckens begonnen, um deutlich zu machen, dass in diesem Sektor mit Hauen und Stechen ökonomische Interessen durchgesetzt werden, neuerdings auch von  Kapitalgesellschaften.  Diese drängten zunehmend in den bisher von niedergelassenen Ärzten geprägten Sektor. Sie sieht in der Ambulantisierung grundsätzlich nichts negatives, aber dazu müssten andere Formen entwickelt werden, die nicht an Profiten ausgerichtet sein sollten. „Es gibt gute Bespiele z.B. in Berlin das Gesundheitskollektiv oder in Hamburg die Poliklinik in Veddel, aber – vielleicht unerwartet – auch im Odenwald.“ Dort hätten sich acht Gemeinden in einer „Odenwald-Allianz“ zusammengeschlossen und gemeinsam eine kommunale MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum)-Genossenschaft gegründet. Diese Beispiele seien sicher noch „Leuchtturm“-Projekte, aber sie zeigten, dass eine andere – solidarische und bedarfsgerechte  – Versorgung möglich ist.

Auch in Bochum gibt es einen Ansatz für eine solche Lösung. Das präsentierten Mitglieder aus dem „Bochumer Kollektiv für Stadtteilgesundheitszentren“. Dieses Kollektiv arbeitet seit einem Jahr an dem Thema und die drei Referentinnen konnten recht anschaulich darstellen, warum ein solches Projekt eine attraktive Alternative darstellt. Sie betonten, dass es neben der medizinischen Versorgung auch auf die Berücksichtigung sozialen und persönlichen Rahmenbedingungen ankomme. In einem Stadtteilgesundheitszentrum sollten deshalb neben medizinischem Personal auch Sozialarbeiter, z.B. Suchtberater, Therapeuten und andere Disziplinen gemeinsam tätig sein.

Das einladenden Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen bilanziert die Veranstaltung als einen positiven Beitrag. Die Arbeit solle im kommenden Jahr mit einer Werkstatt weitergeführt werden, bei der konkret für Bochum Möglichkeiten und Herausforderungen für die Schaffung solcher Zentren weiter  beraten werden soll.