Ich begrüße Sie und Euch auf unserem Halt unserer Friedensfahrradtour NRW in Bochum. Wir sind auf Achse für Frieden, Entspannungspolitik und Abrüstung, für Klima- und Umweltschutz, das ist unser Motto. Von Paderborn über Bielefeld, Münster, das Ruhrgebiet und Düsseldorf führt die Tour nach Köln, einmal quer durch NRW. Immer noch dauert der Krieg in der Ukraine an, werden weite Teile des Landes zerstört, sterben Tag für Tag hunderte Menschen, Zivilsten aber vor allem Soldaten auf beiden Seiten. Der US-Generalstabschef Marc Milley bezifferte die Zahl der Opfer im November bereits auf ein viertel Million, inzwischen werden es deutlich mehr sein. Der Krieg hat seine Vorgeschichte in der über Jahre gewachsenen Konfrontation zwischen Russland und der NATO, vor der wir als Teil der Friedensbewegung gewarnt haben.
Russland hat die Ukraine angegriffen und für uns als Friedensbewegung ist klar: Wir verurteilen diesen Angriff und fordern Russland zu Einstellung der Kämpfe auf. Doch auch der Westen, die NATO und die EU haben ihren Anteil daran, sie haben kein Rezept für die Beendigung des Krieges, heizen ihn im Gegenteil durch die Lieferung von immer mehr und schwereren Waffen weiter an.
Mit der Lieferung von weltweit geächteter Streumunition durch die USA wird erneut belegt, dass alle Beteuerungen von humanitären Werten, die man verteidigen müsse, im Ernstfall nur vorgeschobenes Gerede ist. Und immer noch gibt es Politiker bei uns, die die Ukraine um jeden Preis siegen sehen wollen. Mit ihrem Leben für die Fortsetzung des Krieges bezahlen müssen jedoch die Soldaten auf beiden Seiten und immer mehr die ukrainischen Zivilisten. Von einem Abnutzungskrieg ist die Rede, davon, welche Seite mehr Waffen und Soldaten verliert und dadurch geschwächt wird. Dieses Wort ist so zynisch wie so viele Betrachtungen über diesen Krieg. Abnutzen kann man eine Maschine, doch wer Menschen abnutzen will, will deren Tod, ignoriert den Wert jeden einzelnen Leben, hat kein Gefühl für die Leiden der Verwundeten und Verstümmelten, für die Angehörigen der Getöteten. Immer mehr Experten verweisen darauf, dass es in diesem Krieg keinen Sieger geben wird und deshalb ein anderer Weg beschritten werden muss. Wir rufen beide Seiten auf, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und das gegenseitige Töten zu beenden.
Nicht nur die russische und die ukrainische Regierung sind verantwortlich für das Andauern des Krieges. Auch unsere westlichen Regierungen und alle, die bei uns „weiter so“ rufen sind mitverantwortlich für das Sterben dort. Von unseren Regierungen kommen keine Initiativen für ein Ende des Tötens, sie kommen von Regierungen der Länder des globalen Südens, vom brasilianischen Präsidenten Lula, von den afrikanischen Regierungschefs, die jetzt in Kiew und Moskau vorstellig wurden und Vorschläge für eine diplomatische Lösung machten. Am Ende dieses Krieges wird eine Vertragsvereinbarung stehen, da ein militärischer Sieg einer Seite unwahrscheinlich ist. Deshalb rufen wir auch heute hier von dieser Stelle die Kriegsparteien auf, sich jetzt zu Verhandlungen an einen Tisch zu setzen und wir fordern die Regierungen der NATO-Staaten auf, ihrerseits auf die Aufnahme von Verhandlungen zu drängen. Das baldige Ende des Krieges, das Ende des Tötens sind wir den Menschen in der Ukraine schuldig, denen unsere Solidarität gilt.
Wir wollen auf unserer Tour gegen den aktuellen Krieg in der Ukraine protestieren aber auch gegen die voranschreitende Militarisierung des Westens, der auf eine Konfrontationspolitik setzt statt auf Deeskalation und gemeinsame Sicherheit. So weisen wir auf die Kehrtwende der britischen Armee hin, die Deutschland längst verlassen haben wollte und nun doch weiter in der Senne Manöver abhält und militärisches Gerät gelagert hat, um damit schneller gegen Osten marschieren zu können. Gleiches gilt für das US-Waffenlager in Dülmen. Hier sind seit 2016 Artilleriegeschütze eingelagert, US-Truppen können über den Atlantik geflogen werden und übernehmen aus Lagern wie dem in Dülmen ihre Waffen. Wir haben am Mittwoch dieses Depot gemeinsam mit unseren Freund:innen vor Ort für eine halbe Stunde blockiert, um erneut zu zeigen: Waffen schaffen keinen Frieden, sie führen zu Tod und Zerstörung.
Die Rüstungsindustrie auch in unserem Land gehört zu den Profiteuren des Krieges nicht nur in der Ukraine. In Düsseldorf protestieren wir morgen vor der Konzernzentrale von Rheinmetall, dem größten deutschen Rüstungskonzern dessen Aktienkurse seit letztem Jahr in die Höhe geschnellt sind und der nicht nur Waffen an die Ukraine und westliche Armeen liefert sondern z.B. weiterhin an Saudi-Arabien für dessen Krieg im Jemen. Die Ampelregierung hat in diesen Wochen der Familienministerin das Geld für die Kindergrundsicherung von 12 auf 2 Mrd. Euro zusammengestrichen. Gleichzeitig brüstet sich die Regierung damit, jetzt das 2% Ziel der NATO einzuhalten, finanziert aus den 100 Mrd. Sonderschulden aber auch aus dem laufenden Haushalt. Für die Bekämpfung der Kinderarmut ist kein Geld da, Konzernen wie Rheinmetall wirft man es hinterher.
Wir wollen mit unserer Tour nicht nur auf die schlechten Entwicklungen und Zustände aufmerksam machen, sondern auch positive Wege aufzeigen. In diesem Jahr jährt sich zum 375. Mal der Westfälische Frieden, der auf dem Verhandlungswege den 30-jährigen Krieg beendete. Wir haben in Münster den Friedensaal besucht, in dem dieser Frieden ausgehandelt wurde und damit ein Zeichen setzen, dass wir auch heute Friedensverhandlungen brauchen im schrecklichen Krieg in der Ukraine. In Köln sind wir zu Gast beim Forum ZFD, das seit den 90er Jahren Friedensfachkräfte ausbildet und zu Einsätzen in Konfliktgebiete in der ganzen Welt entsendet. Diese arbeiten mit verfeindeten Bevölkerungsgruppen und helfen so, Kriege zu verhindern und Frieden zu schaffen.
Krieg und Klimawandel sind die beiden großen Bedrohungen der Menschheit. Ein großer Verursacher des Klimawandels ist die industrielle Fleischproduktion, für deren Futterbedarf Wälder abgeholzt werden und bei deren Tierhaltung eine hohes Maß an Treibhausgasen entsteht. In Sassenberg, nah bei dem ostwestfälischen Zentrum der Fleischindustrie haben wir uns von Aktivisten über die Zusammenhänge informieren lassen.
Seit dem Beginn des Ukrainekrieges wird wieder über den Atomkrieg gesprochen. Am 6. August, wenn unsere Tour endet, jährt sich erneut der Atombombenabwurf auf die japanische Stadt Hiroshima von 1945. Lange Zeit war das Bewusstsein für die heutige atomare Bedrohung in den Hintergrund getreten. Zu Unrecht, denn nach wie vor existieren weltweit knapp 13.000 Atomsprengköpfe, 90 % davon in den Händen der USA und Russlands. Beide Länder proben immer wieder den Einsatz solcher Waffen, entwickeln neue Bomben, Raketen und Trägerflugzeuge. Die russische Regierung deutet immer wieder die Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen an und auch im Westen sind die Atomwaffen in Bereitschaft, werden modernisiert. Auch die Bundeswehr soll neue Atombomber erhalten, die dann die bereits in Produktion befindlichen neuen US-Atomwaffen transportieren sollen, die die in Büchel gelagerten alten Bomben ersetzen sollen. Dagegen wollen wir in Köln gemeinsam mit dortigen Friedensaktivist:innen protestieren und an die Opfer erinnern. Wir brauchen keine atomare Abschreckung, wir brauchen eine atomare Abrüstung. Wir fordern den Abzug der Bomben aus Büchel und den Verzicht auf neue Atombomber. Außerdem fordern wir die Unterzeichnung des UN-Verbotsvertrages für Atomwaffen durch die Bundesregierung!
Die aktuellen Tornado-Atombomber der Bundeswehr sind im Moment in Nörvenich bei Köln stationiert. Hier findet am 6. August eine Kunst- und Protestaktion statt, an der sich auch Teilnehmer:innen unserer Tour beteiligen werden.
Im Juni hat die Bundesregierung zum ersten mal eine „Nationale Sicherheitsstrategie“ vorgelegt. Doch darin ist nicht von gemeinsamer Sicherheit im Haus Europa die Rede sondern von Abschottung und Konfrontation. Doch dies ist der falsche Weg, dass wissen wir doch aus der Zeit des Kalten Krieges, der die Welt mehrfach an den Rand der atomaren Vernichtung brachte. Wir sagen nein zur Konfrontationspolitik in Europa. Wir wollen eine neue Entspannungspolitik auf Grundlage gleiche Sicherheit für alle. Wir wollen ein ziviles, friedliches Europa. Denn nur ein solches Europa ist auch in der Lage, gemeinsam mit den anderen Staaten der Welt die große Menschheitsbedrohung Klimawandel in den Griff zu bekommen. In einer Welt, die sich wieder in rivalisierende Blöcke aufteilt, wird das nicht gelingen.
Dauerhaften Frieden in Europa wird es nur geben, wenn wir uns gemeinsam dafür einsetzen. Unsere FriedensFahrradtour zeigt, wie vielfältigen in NRW brisante politische Themen quasi am Wegesrand liegen. Und es ist notwendig, dass wir als Bürger uns damit beschäftigen, unsere Stimme erheben, aktiv werden.
Wir bedanken uns ganz herzlich, dass wir in Bochum mit dieser gelungen Aktion empfangen wurden.