Montag 10.04.23, 20:58 Uhr
Rede von Sigrid Schößler, Friedensplenum, auf der Ostermarschkundgebung am 9. April 2023 in Bochum

Wir?


„Können wir Krieg“, fragte die ARD zur besten Sendezeit    am letzten Montag.
Keiner stellte dort die Frage: Wollen wir Krieg führen? Es ging allein um die Frage, ob die Bundeswehr das Kriegführen schafft.

„Ja“, war die Antwort eines Militärs, „wenn die Gesellschaft das will.“
Zweifellos :    Sie können Krieg führen.

Aus dem eigenen Leiden haben die Menschen am Ende des zweiten Weltkrieges gelernt. „Nie wieder!“ war lange Konsens in der Bevölkerung.    Welche Interessen hinter dem Krieg standen, wurde selten gefragt. Die Schuld am Krieg wurde einer Person zugeschoben.

Auf den Schildern hier am Rande könnt ihr Stichworte zu einigen der Kriege finden, die nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden haben.

So viele Menschen haben ihr Leben gelassen – immer wieder. Warum?Erinnert euch: Welche Gründe?    Angeblich Überfälle, Frauendiskriminierung, Bedrohung von Ethnien, geheime Waffen, Völkermord, Bedrohung der Demokratie, Kampf gegen Kommunisten, gegen Despoten…

Immer wurden einfache Gefühle mobilisiert:    Menschenrechte auf der einen, nur Unterdrückung auf der anderen Seite, reine Demokraten gegen gnadenlose Autokraten, Freiheit gegen Diktatur, Gut gegen Böse, Wir gegen Die.
Aber es sind nicht Wir, die atomar bestückte High-Tec-Waffensysteme entwickeln, die Waffen in alle Welt liefern und Geschäfte mit dem Tod machen.
Es sind nicht wir, die eine profitable „Sicherheitsindustrie“ entwickeln,    Fluchtwege militärisch sperren und Asylgesetze aushöhlen,
es sind nicht wir, die neue fossile Energiequellen erschließen, egal, unter welchen Bedingungen, auch, indem Indigene von ihren Böden vertrieben werden.
Wir müssen unser Absatzmärkte nicht behaupten, und auch die Handelsrouten nicht militärisch sichern gegen die, die sich angeblich nicht an „unsere“ regelbasierte Ordnung halten.

So, wie Wir auch nicht unseren Plastikmüll nach Indien exportieren , nicht das Grundwasser mit Chemikalien vergiften. Wir lagern keine radioaktiven Abfälle und Schwermetalle im schmelzenden Eis der Arktis.

Es sind nicht Wir, die von einer auf Höchstgewinne orientierten Wirtschaft profitieren- und dafür Leben und    Lebensgrundlagen auf der Erde vernichten.

Im Gegenteil : Wir brauchen eine friedliche Welt, Nahrung, Wohnungen, Bildung, sinnvolle Arbeit,    Gesundheitsversorgung, saubere Luft und sauberes Wasser, Böden ohne Gift und Meere ohne Müll      – für alle Menschen.

Wir müssen aufhören, uns mit denen zu identifizieren, die WIR sagen und ihre Gewinne, ihre Vorteile, ihre Ausnutzung der Welt auf Kosten der Menschen und der Umwelt meinen.
   
Es ist unser Chance, wenn Umwelt- und Klimabewegungen, Sozial – und    Friedensbewegung ihre Gemeinsamkeiten erkennen. Wir – und dann wirklich wir- müssen erkennen, welche Interessen hinter all den Problemen der Menschheit stecken – und gemeinsam für unsere Zukunft eintreten. Eine andere Wahl haben wir nicht.