Montag 10.04.23, 21:08 Uhr
Rede von Elke Koling, IPPNW, auf der Ostermarschkundgebung am 9. April 2023 in Bochum

Der riesige ökologische Fußabdruck des Militärs


Ganz im Sinne der IPPNW-Aktivistin und Co-Vorsitzenden Dr. Angelika Claußen, die ich persönlich kenne und sehr schätze, möchte ich mich dem Thema Klima und Krieg widmen. Kriege und damit auch der ganz aktuell seit gut einem Jahr stattfindende Ukrainekrieg beschleunigen den Klimawandel, andererseits ist es wiederum so, dass die Klimakatastrophe an sich im Kampf um Nahrung, Wasser und lebbare Territorien auch wiederum neue Kriege hervorbringt.

Dennoch nehmen wir es hin, dass das Militär nie seinen ökologischen Fußabdruck rechtfertigen muss. Um den CO2- Ausstoß allein der jährlichen Flugstunden der Eurofighter auszugleichen müssten 10 Millionen zusätzliche Bäume gepflanzt werden (In Lützerath wurden allerdings gerade erst prophylaktisch zusätzliche Bäume gefällt..). Der Kerosinverbrauch von 4 Jahren Irak-Krieg war so hoch wie der Jahresverbrauch von 25 Millionen Autos. Die Auswirkungen des Ukrainekrieges und besonders der damit einhergehenden Aufrüstung mag man sich kaum ausmalen.

Während die Verbraucherinnen und Verbraucher unter den vermeintlich hohen Energiepreisen leiden, verdient die Ölindustrie auf Grund der ansteigenden Preise massiv dazu. Hierzu zählen besonders die Big Five: BP, Shell, Exxon Mobil, Chevron, Total energies . Sie schwimmen trotz Klimakrise und wegen des Ukrainekrieges nahezu im Geld.

Um vom russischen Gas unabhängig zu sein suchte unser grüner Wirtschaftsminister nach weiteren Möglichkeiten die vermeintliche Energieknappheit auszugleichen. Neben der Genehmigung des Abbaus der Braunkohle unter Lützerath, hier sollen 110 Millionen Tonnen Braunkohle lagern (Spiegel) und der kurzfristige für die Energieversorgung nicht erforderliche Abbau spielt RWE laut PolitMagazin kontraste 1Mrd Euro zusätzlich ein, importiert Deutschland nun auch fleißig mehr Steinkohle. Das statistische Bundesamt berichtet, dass sich die deutschen Steinkohle-Importe von Januar- September 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verzweieinhalbfacht haben. Aus Kolumbien zum Beispiel wurde geplant statt 6% im Jahre 2021, 16,3 % im Jahre 2022 (Daten ZDF) Kohle zu importieren, das sind laut ZDF 4,8 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Da auch Kohle aus den Niederlanden bezogen wird, die ebenfalls zum Teil eigentlich aus Kolumbien kommt, dürfte der tatsächliche Anteil der in Deutschland eingeführten kolumbianischen Kohle noch höher liegen. Dabei hatte sich der linke kolumbianische Präsident Gustavo Petro zu Beginn seiner Amtszeit eigentlich den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und den Schutz indigener Einwohner vorgenommen. Die zum Schweizer Bergbaukonzern gehörende Kohlemine Cerrejon liegt mitten im Lebensraum der indigenen Wayuu. Laut Tagesschaurecherche von Mai 2022 soll auf Grund der massiv gesteigerten deutschen Nachfrage die Kohlemine noch erweitert werden. Trotz der Rekordeinnahmen der schweizerischen Bergbaufirma verhungern dort weiter indigene Kinder (Angaben ZDF/WirtschaftsWoche Dez.2022)

Um unabhängig vom russischen Gas zu werden will die Bundesregierung verstärkt auf Flüssiggas setzen und baut fleißig LNG-Terminals. Das Herunterkühlen des Gases auf -161 bis -164 Grad sowie der aufwendige Transport sind neben der Tatsache, dass es sich um fossile Brennstoffe handelt, extrem klimaschädlich.

Zu den Hauptlieferanden zählen die USA und Katar (taz). Bereits im letzten Jahr lieferten die USA 50 Milliarden Kubikmeter an Europa, um die fehlenden russischen Gaslieferungen auszugleichen. Auch in diesem Jahr wollen die USA weitere 50 Milliarden Kubikmeter verflüssigtes Gas (LNG) an Europa liefern, wie am 05.04.2023 vom US Außenminister Antony Blinken während eines Treffens am letzten Dienstag des EU-US Energierates in Brüssel zugesagt wurde. (Wirtschaft aktuell der FAZ).

Dieses aus den USA gelieferte Flüssiggas wird überwiegend durch das in Deutschland verbotene Fracking gewonnen. Gerade beim Fracking in den USA tritt viel Methangas aus (Planet E ZDF vom 19.03.2023) was als extrem klimaschädlich gilt (Ermittlungen der Universität Bremen Institut für Umweltphysik).

Andere Länder, mit denen Deutschland Verträge zur Flüssiggaslieferung geschlossen hat, sind Katar und Aserbaidschan. In Aserbaidschan soll laut Tagesschau die Liefermenge an Deutschland in den nächsten 5 Jahren verdoppelt werden. (Tagesschau) Mit Katar gibt es laut NDR Lieferverträge für die nächsten 15 Jahre.

Einer der Hauptbetreiber der LNG-Terminals ist RWE. Dieser hat laut Spiegel im Geschäftsjahr 2022 überraschend hohe Gewinne erwirtschaftet. Im Jahre 2022 konnten laut Handelsblatt 3,2 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, verglichen mit 1,5 Milliarden Euro im Jahre 2021.

Klimaschutzziele werden in den bilateralen Abkommen erwähnt, aber fast nie verbindlich festgelegt.

Der Gedanke der planetaren Gesundheit, erstmals 2009 im Lancet veröffentlicht, der bedeutet, dass die Gesundheit des Menschen von einem gut funktionierendem ÖkoSystem sowie von den menschlichen Aktivitäten dieses Ökosystem zu erhalten abhängt, wird aktuell zu Gunsten kurzfristiger Interessen mehr und mehr aus dem Auge verloren.

Deshalb möchte ich meine Rede mit dem letzten Abschnitt aus dem Vermächtnis von Frau Dr. Antje Vollmer, welches sie uns als promovierte Theologin, Pazifistin und ehemalige Bundestagsvizepräsidenten wenige Tage vor ihrem Tod, wohl wissend um ihren Tod gegeben hat, beenden:

„Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planeten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption“