Sonntag 19.02.23, 21:17 Uhr
3 Jahre Hanau Gedenkdemonstration am 18.02.2023

Redebeitrag des Revolutionären Jugendbundes


Vor 3 Jahren fand der Anschlag in Hanau statt. Ein Anschlag, der auch 3 Jahre danach in seiner traurigen Wirklichkeit symptomatisch für viele Dinge steht, die in Deutschland immer noch falsch laufen. Nach wie vor werden rechtsextreme Gewalttäter durch Justiz und Polizei nicht ernst genommen. Sei es der Vater des Attentäters, vor dem Angehörige der Opfer von Hanau immer noch vergeblich warnen oder der Jugendliche aus Essen, der für einen versuchten rechten Terroranschlag auf eine Schule nur 2 Jahre Bewährung bekam. Nach wie vor werden wir Migranten in Deutschland als Menschen zweiter Klasse von der Polizei behandelt, da wir angeblich gefährlich und unberechenbar sind.

Sei es, dass der erste Kontakt der Polizei mit den Angehörigen von Hanau davon handelte, dass diese von einem möglichen Racheakt gegen den Vater des Täters abgehalten werden sollten. Oder dass ein 16-Jähriger in Dortmund von der Polizei mit einer Maschinenpistole ermordet wurde, weil dieser angeblich gefährlich war.

Nach wie vor ist Polizeigewalt Teil der Lebensrealität von Menschen in Deutschland.
So gibt es etwa 12.000 Verdachtsfälle von Polizeigewalt pro Jahr in Deutschland. Im Schnitt werden 97% aller Verfahren gegen Polizisten eingestellt, das Resultat ist eine rücksichts- und hemmungslose Polizei. So gab es 2022 alleine 10 Tote durch Polizeigewalt in Deutschland, 4 davon alleine im August, davon 3 Opfer mit Migrationshintergrund in psychischen Ausnahmesituationen, bei denen es keine bewaffneten Polizisten, sondern psychologische Notseelsorger gebraucht hätte!

Die Aufklärung dieser Morde verläuft nach demselben Schema, wie die Aufklärung von Polizeigewalt, nämlich gar nicht. So war für die Aufklärung eines Mordes der Polizei in Recklinghausen letztes Jahr die Polizei aus Dortmund zuständig, welche wiederum selber für den Mord am erwähnten 16 Jahre alten Mohammed in Dortmund verantwortlich ist, welcher von der Recklinghäuser Polizei untersucht wird. Was bei diesen Untersuchungen rauskommt, sollte offensichtlich sein.

Das konsequenzlose Handeln dieser Polizei wird von der Regierung in NRW sogar noch unterstützt, so sicherte Innenminister Reul der Polizei in der Vergangenheit häufig die Unterstützung der Politik zu. Auch zuletzt hat die Polizeigewalt in Lützerath gezeigt, dass die Institution Polizei ein Gewaltproblem hat, egal ob mit politischen Aktivisten oder Migrant:innen und dass dieses von der Politik gedeckt wird, so wies Reul den Begriff der Polizeigewalt in diesem Kontext “entschieden zurück”.

Doch wie müssen wir damit umgehen, wenn keine der staatlichen Institutionen, sei es Justiz oder Regierung das Problem anerkennt? Wenn keiner die Anrufe und Warnungen vor Rechten ernst nimmt? Oder wenn die Polizei selber mit drin steckt wie im Fall der Polizei von Essen Mühlheim, Recklinghausen oder Dortmund?

Wir müssen uns selbst organisieren und für unsere eigenen Rechte kämpfen! So hieß es im Fall Mohammeds auch zuerst, dass die Polizisten sich nur selbst gewehrt haben, doch durch das Organisieren von Demos, Erinnerungsinitiativen wurde der Druck so groß, dass die Staatsanwaltschaft nun doch Mordanklage gegen den Polizisten erheben musste.

Wir müssen uns weiter organisieren, zusammenschließen, Stadtteilinitiativen organisieren und uns vernetzen, damit wir in Zukunft eine Chance auf Gerechtigkeit und gesellschaftliche Teilnahme haben. Alle großen sozialen Errungenschaften wurden uns nicht geschenkt sondern mussten von unten erkämpft werden, sei es die Abschaffung der Sklaverei, die Abschaffung der Apartheid oder die teilweise ökonomische Gleichstellung von Menschen, die nicht aus Europa sind.

So wie die Generationen vor uns sich organisiert haben, weil sie Unrecht nicht länger als Unrecht erdulden wollten, müssen wir uns heutzutage organisieren, wenn wir nicht weiterhin durch Racial Profiling und Schischabar Razzien unter Generalverdacht gestellt werden wollen. Wenn wir nicht weiter von der Polizei rassistisch behandelt, geschlagen und getötet werden wollen, wenn nicht weiterhin unsere Warnungen und Ängste in den Wind geschlagen werden sollen.

Wir brauchen keine 100 Milliarden für die Bundeswehr oder immer neue Shishabar-Sokos durch Innenminister Reul. Was wir brauchen, ist Geld für Bildung, Ernährung und Infrastruktur und eine unabhängige Institution aus der Zivilgesellschaft zur Kontrolle von Polizeigewalt und zur Aufklärung von Polizeiversagen wie im Fall Hanaus!