Freitag 13.01.23, 21:20 Uhr
Redebeitrag auf der Demonstration von Fridays for Future am 13.1.2023 in Bochum

Bericht aus „Unser aller Camp“


Ich wollte hier ein bisschen von meinen Erfahrungen in dieser und letzter Woche im „Unser aller Camp“ erzählen. Das „UAC“ ist ein angemeldetes Protest Camp in fußläufiger Nähe zu Lützi und von dort aus versuchen wir, so gut es geht die Menschen in Lützi zu unterstützen. Viele Menschen, die aus den Baumhäusern, Blockaden oder Kessel geräumt wurden, finden hier ihre erste Anlaufstelle, wo sie erst einmal mit einem Schlafplatz, Essen und Aufmerksamkeit begrüßt werden. Auch werden von dort die Shuttle-Fahrten hin und zurück organisiert und versucht, gekochtes Essen zu den Aktivisti nach Lützi rein zubringen. Von dort aus starten Aktionen und es wird Pressearbeit und Rechtshilfe geleistet. Ich heiße dort Harry und bin für die Gemeinschafts-Zelte und die Matschbekämpfung zuständig.

Die Gemeinschaft im Camp ist toll. Der Umgangston ist sehr achtungsvoll und man fühlt sich als Teil von etwas wirklich wichtigem. Es ist unfassbar, wie viel teils unerfahrene Menschen ehrenamtlich auf die Beine gestellt haben. Kochen für tausende Leute, Toiletten bauen und säubern, Wasser und Abwasser anschließen, Stromversorgung, Awareness, Nachtschichten, usw. usw.
Insgesamt fühlt es sich wirklich sehr sinnvoll an, von hier zu unterstützen. Man freut sich über jeden ankommenden Menschen, der eine schwere Räumung hinter sich hatte, vlt. noch wichtige Freunde oder Wertsachen in Lützi liegen hat, dem man helfen kann. Es gibt den ganzen Tag was zu tun und der Zulauf zum Camp ist riesig! Trotz allem nagt die ganze Zeit das Gefühl, dass man zu wenig tut: Dass man hier in Sicherheit den anderen dabei zuschaut, wie sie sich in Gefahr begeben, um für eine bessere Welt zu kämpfen.

Beschwerden über das wochenlange Zelten und den matschigen Boden verfliegen so aber recht schnell, denn uns geht es hier noch viel besser als den Menschen in Lützi und auch denen in vielen Teilen der Welt, die bereits jetzt von den Folgen der Klimakrise getroffen werden.
Aktuell ist es in Lützi so, dass die Räumung in vollem Gange ist und leider schon viele Bereiche geräumt wurden. Um Lützi wurde ein doppelter Bauzaun, welcher mit 19-er Muttern verschraubt ist, aufgebaut und es wurde mit schwerem Gerät Menschen aus den Baumhäusern geholt. Es motiviert aber trotzdem.

Von den unglaublich mutigen Aktionen der Besetzenden und ihrem unaufhörlich Ergeiz zu hören. So z.B. die Tunnel unter Lützi, in denen Aktivisti sich vergraben haben und damit das Gelände nicht mehr risikofrei befahrbar für schwere Geräte ist. Mit jedem Tag, den sich diese Räumung länger zieht, gibt es mehr Medienecho, Aufmerksamkeit und Skandal um dieses Verbrechen an Mensch und Klima. Wir haben es auf jeden Fall schon geschafft, dass dies nicht leise über die Bühne gelaufen ist. Jetzt gilt es dafür zu sorgen, dass es gar nicht mehr über die Bühne läuft.
Mit der Demo morgen geht es für mich und tausende andere Menschen wieder nach Lützi. Ich freue mich, wieder im „Unser aller Camp“ sein zu können, weil ich mich grade überall anders fehl am Platz fühlen würde. Ich hoffe, viele überlegen sich auch, doch noch etwas länger zu bleiben. Kämpfen wir gemeinsam für Lützerath und organisieren uns gegen Staat und Kapital. Unsere Zukunft braucht uns gerade mehr denn je.