Dienstag 16.08.22, 21:25 Uhr

Wohnen und Klima können nicht getrennt voneinander betrachtet werden


Die Students for Future organisieren im Moment eine 3.000 Kilometer-Klimademo unter dem Motto: „Ohne Kerosin Nach Berlin“ und machten heute vor der Vonovia-Zentrale Station. Das Bochumer NoVonovia Bündnis erklärte zur Begrüßung der Radtour: »Schön, dass ihr heute hier seid und euren Protest auch vor die Vonovia-Zentrale tragt, die Zentrale von Europas größtem Wohnkonzern. Klar ist: Die Themen Wohnen und Klima können nicht getrennt voneinander betrachtet werden, ganz davon abgesehen, dass das Thema Wohnen uns alle persönlich direkt betrifft.


Was bedeutet es eigentlich für mich wenn, vielleicht schleichend, vielleicht plötzlich, ich mehr als die Hälfte meines verfügbaren Einkommens für die Miete ausgeben muss? Das bedeutet, dass mir die Angst im Nacken sitzt, mir nicht länger das Recht erkaufen zu können, im Trockenen und Warmen zu schlafen in den eigenen vier Wänden.Das bedeutet, dass ich eben nicht auf eine Teilzeitstelle runter kann, um mehr Zeit zu haben für meine Familie, oder um mit meinen Nachbarn abzuhängen und Gemeinschaft aufzubauen.Das bedeutet, dass ich am Ende des Monats kaum noch Kohle übrig habe fürs Sparbuch oder um mit sonstigen Rückschlägen umzugehen.Das bedeutet, dass ich mir überlegen muss, ob ich weiterhin in meinem coolen Viertel leben kann. Und welches Viertel ich mir überhaupt noch leisten kann. Dass es zum Luxus wird, in der Nähe meiner Freunde oder meines Arbeitsplatzes zu wohnen, dass es zum Luxus wird, nicht pendeln zu müssen, dass es zum Luxus wird, nicht für jede Kleinigkeit ins Auto steigen zu müssen.Kurzgefasst: Teure Mieten machen abhängig, unflexibel, isoliert und selbstbezogen. Und das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für die kommende Zeit.
Gemessen an boomenden Städten sind die Mieten im Ruhrgebiet vergleichsweise gering. Doch die Einkommen im Ruhrgebiet sind niedrig und deshalb ist die Mietbelastung genauso hoch wie in Köln oder Düsseldorf. Hinzu steigt die Miete auch hier deutlich an.Die ärmere Bevölkerungshälfte, und unter ihnen insbesondere große Familien, finden kaum eine angemessene bezahlbare Wohnung. Hinzu kommt die Energiepreiskrise, die im kommenden Winter erst richtig einschlagen wird. Wenn es nach Rolf Buch dem Chef der Vonovia ginge, dann müssten die „Mieten mit der Inflation steigen“ – na klar.
Wir wissen alle – die Klimakrise ist schon im Gange. Hier merken wir Jahr für Jahr immer mehr die Auswirkungen wie Dürre, Waldbrände, Hitze, Tornados, Fluten und so weiter. Und das traurige ist: Andere Länder, vor allem im Globalen Süden, sind schon viel länger und viel härter von der Klimakrise betroffen.Bei all diesen Krisen ist klar, dass ein tiefgreifender und sozialverträglicher Wandel nötig ist. Dieser Wandel wird nicht auf einer individuellen und Konsumorientierten Ebende ala „duscht weniger, heizt weniger, wohnt günstiger, fliegt weniger, kauft weniger Avokados“ stattfinden. Es wird ein grundlegender Systemwandel nötig sein, wenn nicht noch mehr Menschen unter den Auswirkungen dieser multiplen Krisen leiden sollen.
Wie könnte so ein Wandel beim Thema Wohnen bzw. noch spezifischer bei der Vonovia aussehen?  Vonovia steht als Konzern für ein Geschäftsmodell, was sich bei allen Wohnungunternehmen oder noch eher, bei allen Wohnungsunternehmen am Aktienmarkt finden lässt. Es beruht darauf, Profite zu erwirtschaften, im Gegensatz zu gemeinwohlorientierten Wohnungunternehmen. Bei Vonovia haben die Interessen der Aktionär*innen vorrang, die am Ende eines Jahres eine fette Dividende ausgeschütten haben möchten. Und wo kommt das Geld her? Na aus der Tasche  der Mieter*innen! 45% der Gesamtausgaben des Konzerns gehen an die Dividende, heißt mit jedem Euro mit den ich 2021 an Miete bezahlt habe, habe ich 45 Cent an die Aktionär*innen gezahlt.
Hier in Bochum ist die Vonovia eng mit den Institutionen der Stadt verknüpft. Gemeinsame Kampagnen mit dem Oberbürgermeister zum Thema Wohnungslosugkeit (gleichzeitig baut die Stadt jedoch immer weniger Sozialwohnungen), der Vonovia Foto Award im Kunstmuseum, dieses Jahr ebenfalls zum Thema Wohnungslosigkeit und beide Kampagnen glänzen mit dem Slogan „zuhause“.Und dann natürlich die Kooperation mit dem Vfl und die Umbenennung des Stadions in „Vonovia Ruhrstadion“. Da würden die gar nicht auf die Zahlen schauen, ob sich das Sponsoring rechnet, meint Rolf Buch. Das würde einfach aus Liebe zur Nachbarschaft gemacht. 
Auch GreenWashing ist fester Bestandteil des Geschäftsmodells der Vonovia und der Nabu macht mit, für mehr urban gardening in den Quatieren.Wir fordern den nabu und alle instututionen dazu auf, die kooperation mit der vonovia zu beenden!
Eins ist klar: Dieses Geschäftsmodell ist dafür verantwortlich, dass Wohnraum teurer bis unbezahlbar wird, dass ein Großteil der Wohnungen schlecht gedämmt ist und immernoch mit Erdgas statt mit Wärmepumpen beheißt wird, dass weiterhin klimaschädlich gebaut wird, dass Angestellte schlechte Verträge bekommen, dass Mieter*innen bewusst zu hohe Nebenkostenabrechnungen zahlen müssen.Wir sagen: Die Wohnungen sind für die Menschen und nicht für die Dividende da! Wir fordern die Vergesellschaftung von Vonovia! Für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik und für eine Stadt für Alle!Dass Vergesellschaftung kein utopischen Schlagwort ist, zeigt uns die Kampagne DWE&Co enteignen aus Berlin, wo mittels Volksentscheid 59,1% der Menschen sich für eine Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne in Berlin ausgesprochen haben.
Hier in NRW steht die Mietenbewegung noch in den Kinderschuhen, aber in ganz Deutschland tun sich Mieter*innen gegen Vonovia & Co. zusammen. Im Frühjahr 2023 rufen wir wieder bundesweit zu einer Demo vor der Vonovia Zentrale auf, die gegen die Aktionär*innenversammlung protestieren wird. Wir, das ist ein Bündnis verschiedener Gruppen aus Bochum, die dem Spuk der Vonovia in unserer Stadt und insbesondere für die Mieter*innen ein Ende bereiten möchten.Kommt im nächsten Jahr vorbei und lasst uns gemeinsam für eine sozial ökologische Wende kämpfen.
Danke, dass ihr hier seid und protestiert, habt noch eine gute Weiterfahrt!«