Freitag 22.07.22, 18:00 Uhr

Ein Abgrund von Verfassungsverrat: Konrad-Adenauer-Platz umbenennen


Gehlen, Adenauer, Globke: drei „lupenreine“ Demokraten

Dr. Ralf Feldmann hat eine Bürgeranregung zur Umbenennung des Konrad-Adenauer-Platzes an den Stadtrat geschickt. Sie steht voraussichtlich am 17. August auf der Tagesordnung des Hauptausschusses. Er erklärt zu seinem Vorschlag: »Die Kanzlerschaft Konrad Adenauers ist überschattet von fortgesetztem Rechts- und Verfassungsbruch. Das ist ein wesentliches Ergebnis der Forschungsarbeiten von Klaus-Dietmar Henke. Der Vorsitzende der Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes kommt zu diesem Befund nach Auswertung umfangreichen bisher nicht zugänglichen Archivmaterials.

Adenauer betrieb mit dem Auslandsgeheimdienst BND nicht nur jahrelang Inlandsspionage gegen seine parteipolitischen Konkurrenten SPD und FDP, sondern setzte den BND auch gegen ihm missliebige Oppositionelle ein, insbesondere wenn die sich seiner Politik der offenen Türen für teils hochbelastete Akteure des Nationalsozialismus widersetzten, darunter sein Staatssekretär Hans Globke.

Nach Adenauer sind Straßen und Plätze benannt, in Bochum der Konrad-Adenauer-Platz. Gemeinden sind das Fundament des demokratischen Staates. Kann die Stadt Bochum dann daran festhalten, mit dem Namen des Platzes die Erinnerung an den ersten Kanzler der Bundesrepublik aufrecht zu erhalten, dem politische Macht immer wieder mehr galt als die Verfassung? Der Rat der Stadt Bochum soll sich dieser Frage nun stellen.

In der 14-seitigen Denkschrift „Ein Abgrund von Verfassungsverrat – Gründe für die Umbenennung des Konrad-Adenauer-Platzes“ ist die Eingabe an den Rat näher begründet.

Fortgesetzte Inlandsspionage gegen konkurrierende Parteien durch den Auslandsgeheimdienst, Vergangenheitsabwehr und Fürsorge für hochbelastete Nazieliten wie seinen Staatssekretär Hans Globke, Mobilisierung der ihm anvertrauten Staatsmacht zugunsten der Täter der Naziverbrechen, „Neutralisierung“ von Gegnern und Kritikern durch Geheimdienstrepression: dieses Profil Adenauers ist nun noch schärfer geworden.

Nach rechtlichen Maßstäben fällt das Urteil erschreckend aus. Schon nach einfachem Recht verstießen Inlandsspionage und Hilfe für Naziverbrecher gegen die Kompetenz des Auslandsgeheimdienstes. Der BND durfte auf innenpolitischem Gebiet nicht tätig werden. Die Beamtenpflicht, dieser Anweisung zu gehorchen, aber auch die Kernpflicht des Berufsbeamtentums, wonach ein Beamter dem ganzen Volk, nicht einer Partei zu dienen hat, war für die Akteure des Rechtsbruchs ohne Bedeutung. Regierungen sind an die verfassungsmäßige Ordnung, an Recht und Gesetz gebunden. Der Missbrauch des Auslandsgeheimdienstes für die eigene politische Macht war vorsätzlicher, von oben organisierter, evidenter Verfassungsbruch im Elementaren, „ein Abgrund von Verfassungsverrat“ durch die Volljuristen Adenauer und Globke.

„Das deutsche Watergate“, so der Aufmacher der Süddeutsche Zeitung, führt zu der Frage, wie unsere demokratische Gesellschaft nun gegenüber einem Mann von historischer Bedeutung reagieren soll, der die Geschichte der Bundesrepublik maßgeblich prägte. Besonders vorzuwerfen sei Adenauer, so die Bürgeranregung, „dass er Hans Globke, den Mitinitiator und Kommentator des gesetzlichen Rasters für die Diskriminierung, Erniedrigung und Vernichtung von Millionen jüdischer Menschen, zu seinem Staatssekretär machte und darauf aus war, ihn und andere mit allen Mitteln der Staatsgewalt – auch illegalen – zu schützen. Hitlers Helfer im Bundesnachrichtendienst waren Adenauer zur Vergangenheitsabwehr hochwillkommen. Das von ihm begründete Netzwerk von konservativer Politik und führenden Männern im BND überdauerte seine Amtszeit noch Jahrzehnte und richtete sich später staatsfeindlich gegen die eigene, nun sozialiberale Regierung.“

„Was ist uns unsere Verfassung wert?“ fragt die Denkschrift. „Wollen wir in Bochum mit dem Namen Adenauer, indem wir einen Platz nach ihm benennen, symbolisieren, dass es uns nichts ausmacht, wenn ein Bundeskanzler über Jahre fortgesetzt Verfassung und Recht bricht, Macht über Verfassung setzt? Oder treten wir jederzeit und unter allen Umständen für die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes ein?“«

Zur Denkschrift „Ein Abgrund von Verfassungsverrat – Gründe für die Umbenennung des Konrad-Adenauer-Platzes“

Brief von Ralf Feldmann an Rat und Oberbürgermeister: