Der „Heusner Vertriebenen Verband“ lädt am Dienstag, den 17. 5. um 16 Uhr zu einer Veranstaltung ins „Fräulein Coffea“, Oskar-Hoffmann-Straße 34 ein: »Das „Heusnerviertel“ war ein Stadtteil in Bochum-Hamme. Es umfasste mehrere Straßenzüge, Schulen, Geschäfte, zahlreiche Häuser, Höfe und Gärten. Hier lebten stets mehrere Hundert Menschen. Vor allem Familien, deren Männer in den nahen Krupp-Werken und Zechen arbeiteten. Seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts bestanden Pläne, dort eine Umgehungsstraße zu bauen. Die Pläne wurden immer wieder modifiziert und in den 80er Jahren sollte der Stadtteil der so genannten Westtangente weichen.

Für die Stadt Bochum war der Stadtteil somit ein „Sanierungsgebiet“, in dem es seit Beginn der 80er Jahre die Häuser aufzukaufen, zu entmieten und abzureißen galt. Für Vorschläge einer alternativen Trassenführung und anderer Maßnahmen, die den Bestand der Häuser garantierte, zeigte sich die Stadt nicht zugänglich. Um den anstehenden Leerstand vor InstandbesetzerInnen im Jahr 1981, der bundesweiten Hochzeit von Hausbesetzungen, zu schützen, erhielten ca. 200 StudentInnen über das AkaFö Nutzungsverträge in den Häusern. Im Jahr 1984 wurde ihnen gekündigt und die Stadt hoffte auf einen reibungslosen Abriss des Stadtteil. Aber es kam anders als die Stadt plante.

Sukzessive hatte sich in dem Stadtteil eine der bundesweit größten Strukturen der Hausbesetzerszene entwickelt. In den Jahren 1984 bis 1986 wies das „Heusnerviertel“ fast 20 teil- oder ganz besetzte Häuser auf. Zu einer Zeit, als es in Berlin schon keine besetzten Häuser mehr gab. Weit über 100 BesetzerInnen und viele „Noch-MieterInnen“ wohnten in den zum Abbruch vorgesehenen Häusern und schützten diese mit Barrikaden vor dem Zugriff des Triumvirats aus Baufirmen, Stadt und Polizei. Die von ihren BewohnerInnen auch liebevoll als „Bronx“ bezeichnete Großraum­besetzung gelangte dabei zu einiger Berühmtheit.

Mit viel staatlicher Gewalt und rechtswidrigen Vorgehen versuchte die Stadt Bochum den Widerstand der Viertel-BewohnerInnen zu brechen. Schlussendlich wurden die besetzten Häuser geräumt, abgerissen und die Westtangente gebaut. Ein Lehrstück städtischer Politik im Umgang mit ihren BürgerInnen.

Die Existenz des Heusnerviertels wirft auch heute noch viele Fragen auf:

• Was trieb so viele junge Erwachsene in den 80er Jahren dazu an Häuser zu besetzen?
• Wie entwickelten sich ein Sanierungsgebiet zu einem „besetzen Stadtteil“?
• Warum wurden die BewohnerInnen derart renitent und wie sah ihr Widerstand aus?
• Wie lebten StudentInnen und ArbeiterInnen, Arbeitslose und MüsiggängerInnen, Schau- und PuppenspielerInnen, KünstlerInnen und Punks, Rocker und MigrantInnen, Autonome und Kleinkriminelle Tür an Tür? Wie organisierten Ökos, PazifistInnen, Militante, Bürgerliche, Kiffer und AnarchistInnen ihren Alltag und den Barrikadenbau?

Fragen über Fragen auf die Mitglieder des „Heusner Vertriebenen Verband“ am 17. Mai Rede und Antworten stehen wollen.«