Mittwoch 02.03.22, 09:00 Uhr
Feministische Aktionswochen 2022

Internationaler Frauentag: Demo um 18.00 Uhr, Bochum HBF


»Mit der Gründung der ehemaligen Initiative zum Frauenkampftag Bochum (heute: „Furore Bochum. Ein feministisches Kollektiv“) im Herbst 2018 wurde der Grundbaustein für die Feministischen Aktionswochen in Bochum gelegt. Rund um den 8. März 2019, dem internationalen feministischen Kampftag, stellte die Initiative erstmals ein breites Programm auf die Beine, das vielfältige Veranstaltungen zum Themenbereich Feminismus beinhaltete. Seitdem finden die Feministischen Aktionswochen jährlich rund um den 8. März statt und werden mittlerweile von einem großen Bündnis verschiedener lokaler Gruppen, Initiativen und Zusammenschlüssen getragen und gestaltet.

Das Herzstück der Aktionswochen ist jedes Jahr die Demonstration zum internationalen feministischen Kampftag durch die Bochumer Innenstadt.« Um diesen Tag herum gibtes ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm

Aufruf zum feministischen Kampftag 2022

Utopie – ein geläufiger, alltagssprachlicher und dennoch großer und bedeutungsschwerer Begriff. Utopien – das sind Zukunftsentwürfe und Visionen einer besseren Welt, wie sie einmal sein kann oder sein wird. Es ist das schöne Leben für alle in Gleichberechtigung und Selbstbestimmung, das wir uns mithilfe von Utopien ausmalen können. Warum aber von Utopien reden, wenn sie doch allzu weit weg erscheinen und oft eher unrealistisch? Wir wollen das Denken in Utopien wieder auf die Agenda setzen. In einer Welt, in der es immer wieder zu regressiven Backlashs kommt und Bewegungen, deren Ziel es ist, emanzipatorische Errungenschaften zunichte zu machen, immer mehr an Kraft gewinnen, ist es umso wichtiger, das Denken in Utopien nicht aufzugeben. Am Glauben einer besseren Zukunft für alle festzuhalten, diese Zukunft zu gestalten und sie zu erkämpfen, dabei nicht in idealistische und träumerische Hirngespinste abzudriften: das ist der Motor emanzipatorischer Arbeit und aktuell wichtiger denn je.

Wir brauchen Utopien!

Wir brauchen Utopien, um nicht in Ohnmacht zu verfallen angesichts globaler Krisen, die von kapitalistischen, rassistischen und patriarchalen Herrschaftsstrukturen verursacht werden. Wir brauchen Utopien, um unsere Kämpfe in gemeinsamen Zukunftsvisionen zu verbinden. Wir brauchen Utopien, um uns daran zu erinnern, dass es Alternativen gibt! Sie sind dabei nicht einfach einzelne feministische Ziele, die es zu erreichen gilt. Sie sind allumfassend! Um in Utopien denken zu können, müssen wir anfangen, Gelerntes und scheinbar Selbstverständliches zu hinterfragen. Vermeintlich erstrebenswerte  Ziele für ein glückliches Leben, wie eine gut bezahlte Vollzeitstelle oder die Erfüllung im Familienleben, entsprechen nicht unserer feministischen Utopie. 

Es muss gelten: Nicht Selbstoptimierung sondern Selbstbestimmung. Nicht weniger Lohnarbeit, sondern ein Ende von kapitalistischer Wertschöpfung, Unterdrückung und Ausbeutung. Nicht gerechte Aufteilung von Reproduktionsarbeit, sondern ein grundlegend anderes Verständnis von Arbeit, Fürsorge und Solidarität. Nicht gleiches Recht für Mann und Frau, sondern die Überwindung patriarchaler Unterdrückung, von der hauptsächlich FLINTA (Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen) betroffen sind. Nicht die Bekämpfung der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Klasse, sondern die Überwindung von Klassen und ihren materiellen Verhältnissen. Nicht mehr Frauen in Führungspositionen, sondern ein Ende von Konkurrenz und Ausbeutung. Nicht gleicher Lohn bei gleicher Arbeit, sondern Wohlstand für alle Menschen, überall.

In unserer feministischen Utopie…

…herrscht ein grundlegend anderes Verständnis von Arbeit. In dieser Gesellschaft gibt es eine soziale Infrastruktur, in der Fürsorgearbeit ein fester Bestandteil ist und nicht vollends ins Private geschoben wird. Fürsorge Geben sowie Annehmen wird nicht mit Schwäche assoziiert, sondern ist selbstverständlicher Teil des zwischenmenschlichen Miteinanders. Lohnarbeit ist in dieser Gesellschaft längst von gestern, sodass Fürsorge und Solidarität integraler Bestandteil des zwischenmenschlichen Alltags sein können und nicht belastende Zusatzaufgabe, die primär von Frauen verrichtet wird, wie es im Kapitalismus einmal war. Vom Kapitalismus und einer Klassengesellschaft, die soziale und materielle Ungleichheiten produziert und aufrechterhält, reden höchstens noch unsere Großeltern. In dieser Gesellschaft herrscht ein grundlegend anderes Menschenbild, denn der Mensch wird nicht mehr über seine Arbeitskraft definiert. In dieser Welt haben alle Menschen unabhängig von Geschlechtsidentität, Sexualität, race, Klasse, Körper, Behinderung und Religion den gleichen Zugang zu materiellen Ressourcen und gesellschaftlicher Teilhabe. Menschen können überall auf der Welt ein vergleichbar gutes Leben führen. Da der Kapitalismus in dieser Welt längst überwunden ist, verfügen alle Menschen über freie reproduktive und sexuelle Rechte und entscheiden selbstbestimmt und fernab von gesellschaftlichem Druck, von Zwang und Gewalt über ihre Körper, über ihr Leben.

Lasst uns in feministischen Utopien denken, von ihnen sprechen! Lasst uns den eigenen Horizont erweitern und auch scheinbar Gegebenes infrage stellen. Lasst uns die zermürbenden, mörderischen, kaputt machenden Zustände nicht hinnehmen. Lasst uns Alternativen entwerfen. Lasst uns utopisch denken, um voran zu kommen!

Unsere Utopien sind doch zu schön, um nicht wahr zu sein, wahr zu werden! Lasst sie uns benennen, verbinden und erkämpfen!

Heraus zum feministischen Kampftag 2022!