Die Initiative urbanRadeling ruft auf ihrer Webseite zu einer Gedenkaktion am morgigen Samstag für einen tödlichen Fahrradunfall auf: »Zum vierten Mal wird in Bochum ein „Ghostbike“ für einen verstorbenen Fahrradfahrer aufgestellt. Ein trauriger Anlass, zumal erst im Oktober 2021 eines verunglückten Fahrradfahrers gedacht wurde. Weiß lackierte Fahrräder erinnern an Fahrradfahrende, die durch einen Verkehrsunfall ums Leben kamen. Diese stehen nicht nur in Bochum, sondern weisen bundesweit darauf hin, dass das Fahrradfahren im Straßenverkehr besser geschützt werden muss. Nicht ohne Grund fahren unsichere Menschen lieber auf Fußwegen und Bürgersteigen als auf der Straße Fahrrad.
Der genaue Unfallhergang auf der Dorstener Straße am Dienstagnachmittag ist noch ungeklärt. Soweit bekannt, rammte der Autofahrer den Radfahrer seitlich, so dass dieser dann auf der Motorhaube aufschlug und an den Folgen verstarb. Die Ursache wird weiterhin geprüft.
Unabhängig von allen Unfallhergängen ist es wichtig, das Fahrradfahren in den Städten sicherer zu machen. Ein gutes Vorbild sind die Niederlande. Auch dort war bis in die 1970er das Auto ein beliebtes Fortbewegungsmittel. Aber nachdem viel zu viele Kinder durch den Autoverkehr ums Leben kamen, forderte die Bevölkerung von den Behörden ein Umdenken in der Verkehrspolitik. Wie gut dies gelungen ist, wissen wir alle durch Aufenthalte im Nachbarland. Dort sind die Verkehrsregelungen dem Fahrradfahren angepasst. Es gibt breite Fahrradstraßen, vom Autoverkehr gut abgetrennte Fahrradwege und für den Kfz geschwindigkeitsreduzierte Zonen. Ein Umdenken ist also machbar.
Wie könnte das in Bochum gelingen? Mit geringem Aufwand und dabei kurzfristig durch die Einrichtung von mehr Tempo-30-Zonen. Dadurch würde der tödlich endende Aufprall von Menschen reduziert, der von Radfahrenden als auch von Fußgängern. Immerhin gibt es die Möglichkeit für Bochum, beim Modellprojekt des Deutschen Städtetags mitzuwirken, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit außerhalb von Hauptstraßen einzuführen. Und auf Einfallstraßen und Verkehrsadern mit Tempo-50-Regelungen könnten besser gesicherte und baulich abgetrennte Radwege eingerichtet werden.
Wie in den Niederlanden muss eine Verkehrswende aber konsequent umgesetzt und von den Behörden als auch von den Parteien mitgetragen werden. Immerhin ist die Stadt Bochum seit 2016 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS). Vor diesem Hintergrund steht die Stadtverwaltung Bochum den Radfahrenden als auch den Fußgängern in der Pflicht, diese Mitgliedschaft zu rechtfertigen. Erst kürzlich reichte der Bochumer RadEntscheid über 16.000 Unterschriften für eine Verkehrswende ein. Aber noch sind sich die Parteien nicht einig darin, wie sie diesen unterstützen. Bochum tut sich nach wie vor schwer damit, dem eigenen Anspruch einer fahrrad- und fußgängerfreundlichen Stadt gerecht zu werden.
Im November 2016 wurde das erste Ghostbike im Stadtteil Wattenscheid aufgestellt. Trotz des tödlichen Unfalls eines Fahrradfahrers hat sich an der Unfallstelle im Kreuzungsbereich an der Bahnhofstraße zur Auffahrt der A 40 nichts geändert. Die Gefahrenstelle ist geblieben. Es wurde weder eine gesonderte Ampelschaltung für Radfahrende eingerichtet, noch wurden Hinweisschilder für ein vorsichtiges Verhalten an der Auffahrt zur A 40 installiert.
Kommenden Samstag, 22.01.2022, treffen sich anteilnehmende Fahrradfahrende um 13:30 Uhr an der Glocke am Rathaus, um dem Verstorbenen von Dienstag mit einem Fahrradkorso zu gedenken. Am Unfallort an der Dorstener Straße wird zum Abschluss ein „Ghostbike“ aufgestellt, auch als ein Mahnmal für alle Verantwortlichen in der Bochumer Verkehrspolitik, sich mit mehr Engagement für eine deutliche Förderung der Infrastruktur für den Radverkehr einzusetzen.
Die Veranstaltung findet in einem stillen und angemessenen Rahmen statt, ist behördlich angemeldet und wird von der Polizei begleitet. Auf die Einhaltung von Hygienemaßnahmen gemäß Corona-Schutzverordnung wird Wert gelegt.«