Samstag 06.11.21, 15:19 Uhr
Felix Oekentorp, Landessprecher der DFG-VK auf der Kundgebung am 5. 11. 2021 gegen die geplante Ansiedlung einer NATO-Agentur in Bochum

Zivile Software-Expert:innen können uns mindestens so gut schützen.


Danke dass Sie & Ihr heute zur Protestkundgebung gegen die drohende Ansiedlung einer NATO-Cyberkrieg-Agentur hier erschienen seid!Es ist keine Selbstverständlichkeit, denen zu misstrauen, die mit einer Agentur für Kommunikation und Information vorgeben, für Internetsicherheit zu arbeiten, die den falschen Eindruck erwecken, vielleicht die Attacke auf das Wittener Rathaus hätte verhindern können.

Falsch, das Wittener Rathaus interessiert die Computersoldaten mal sowas von gar nicht. Derartige Aufgabenstellungen sind nicht Bestandteil dieser NATO-Agenturen. Die NCIA kümmern sich um den Schutz ihrer militärischen Infrastruktur und sonst gar nix.

Und selbst wenn vielleicht derartige Hacker-Attacken auf Behörden oder Betriebe als Nebeneffekt der Arbeit der NATO-Beschäftigten abgewehrt würden, das könnten zivile Software-Experten mindestens so gut, und ohne militärische Interessen im Gepäck zu haben. Die fehlen aber, wenn die NCIA sie abwirbt.

Wenn es denn wirklich um eine für uns alle nützliche Einrichtung ginge, dann wäre die bisherige Geheimhaltung nicht nötig gewesen. Dann hätten das Amt für Wirtschaftsförderung und das Amt des OB nicht hinter den Kulissen kungeln müssen um sich als Standort bei der NATO zu bewerben.

Glücklicherweise ist die Info über diese Werbeversuche durch einen WAZ-Artikel am 13.9. an die Öffentlichkeit gedrungen. Unsere Aufgabe als Bewegung ist es, zu verdeutlichen, dass derartige Einrichtungen hier nicht willkommen sind. Hier nicht, und auch nirgendwo sonst. Die Stadt Bochum und die NATO sollen erkennen: dafür stehen wir hier zusammen.

In der WAZ war die Rede davon, dass nebst Bochum noch zwei andere Städte ihren Hut im Ring haben: Darmstadt und Bonn. Die Friedensbewegung ist eine solidarische Bewegung. Uns genügt es nicht, dass diese CyberWarAgentur nicht nach Bochum kommt, wir wollen sie auch nirgendwo sonst.

Deshalb haben wir die Aktiven in den ebenfalls von dieser Ansiedlung bedrohten Orten sofort informiert. Die dortigen Recherchen laufen. Bislang war von den dortigen Plänen nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Wir praktizieren nicht nach dem Prinzip: heiliger St. Florian, schütz unser Haus, zünd andere an!

Nichts anderes bedeutet letztlich die Ansiedlung einer solchen Agentur: das Anzünden des Stationierungsortes. Denn mal angenommen, aus den Kriegsvorbereitungen die wir alle mit unseren Steuern mitfinanzieren,
derzeit noch mit „nur“ 47 Mrd. € jährlich, also umgerechnet für jede:n von uns jeden Monat knapp 50 €,
und wenn es nach der NATO-Forderung von 2 % geht, dann werden es künftig jährlich über 80 Mrd €, oder für die arbeitende Bevölkerung, die das Bruttoinlandsprodukt erarbeitet bei einer Vollzeitstelle jede Woche etwa eine dreiviertelstunde Arbeiten für die Kriegsvorbereitung,

also wenn die Kriegsvorbereitungen dazu führen, dass ein realer Krieg stattfindet, dann ist jeder dieser Standorte – Bochum oder Darmstadt oder Bonn – ein bevorzugtes Ziel.

Unser Transparent zeigt, wie das dann aussieht: Bilder vom zerbombten Bochum 1944, aber auch von den vorher von der deutschen Wehrmacht zerbombten Städten Murmansk, Rotterdam, Coventry erinnern daran was Krieg bedeutet: Tod und Zerstörung.

Liebe Freund:innen!

Wir wollen nicht erneut Täter werden, und wir wollen auch nicht Opfer sein.

Es geht hier nicht darum, dass wir dagegen wären, dass Menschen in Bochum und Umgebung Arbeit finden. Arbeit ist genug da! Betten in Intensivstationen der Krankenhäuser müssen unbelegt bleiben, weil kein Geld da ist für Pflegekräfte, weil Gesundheit nicht als Daseinsvorsorge sondern als Profit gesehen wird. Ins Bochumer Gesundheitsamt ist die Bundeswehr letztes Jahr im Oktober einmarschiert, weil das Amt nicht genug Arbeitskräfte hat um den Corona- Nachverfolgungsaufgaben nachzukommen – auch in anderen Orten haben die Verantwortlichen keine ordentliche Vorsorge getroffen. Die Beschäftigten an den Hochschulen leben in teils prekären Verhältnissen, die Schulen sind in teils bedauernswerten Zuständen weil der Staat das Geld für das Militär herauswirft statt es in die Bildung zu investieren.

Software-Experten werden überall händeringend gesucht, Aufgaben für sie gibt es reichlich, aber das Militär wirbt sie ab. Dafür hat der Staat Geld – das Angebot an zivilen Softwareexpert:innen zusätzlich zu verknappen.

Ich engagiere mich seit Jahren in der Friedensbewegung, hier in Bochum im Friedensplenum, im Ruhrgebiet im Ostermarsch Bündnis, und in NRW in der DFG-VK. Ich weiß, dass das Militär nicht zu unserem Schutz da ist, sondern uns tagtäglich schadet allein durch seine Existenz.

Und jede Neuerung des Militärs macht es immer nur noch schlimmer. Auch diese CyberWarAgenturen tragen nicht zu einer konventionellen Abrüstung bei, und auch nicht zu einem Weniger an Klimazerstörung – im Gegenteil!

Wenn auf dem realen Schlachtfeld ein bemannter Panzer umgeben von zahlreichen unbemannten, oder ein bemanntes Kampfflugzeug begleitet von einem Schwarm Drohnen zum Einsatz kommen soll, dann wird auch das in der Praxis geübt werden. Zusätzliche Panzermanöver und Übungsflüge sind die Folge, um zu testen ob die Steuerung der unbemannten Panzerflotte und der Drohnenschwärme funktioniert. Schon jetzt verbraucht ein Kampfflugzeug in einer Flugstunde 4 Tonnen Kerosin und erzeugt 13 Tonnen CO2. Die Drohnen sind keine Papiersegler, die Umweltbelastung wird sich mit ihnen vervielfachen.

Liebe Freund:innen hier auf dem Dr. Ruer Platz,

ich danke Euch für die Resonanz auf unsere Einladung zur Teilnahme an dieser Kundgebung, und habe mich letzte Woche sehr gefreut über die große Zahl an Interessierten bei unserer ersten Info-Veranstaltung zu diesem Thema und freue mich auf die zweite, die heute im Anschluss an diese Kundgebung mit Christoph Marischka bei ver.di stattfinden wird, Christoph wird gleich im Rahmen seiner Rede darauf hinweisen. Das zeigt, dass die Bevölkerung in Bochum und den Nachbarorten nicht einfach kritiklos über sich ergehen lassen will, was uns die Bochumer Wirtschaftsförderung an Ungeheuerlichkeiten zumuten will.

Wir haben als Bewegung jetzt die Gelegenheit, die Ansiedlung hier zu verhindern. Ich danke Euch & Ihnen allen für das Zeichen gegen diesen Wahnsinn, das Sie & Ihr damit gesetzt habt und noch setzt. Diese heutige Kundgebung ist die erste gegen diese NCIA-Überlegungen in Bochum, sie wird nicht die letzte sein! Wir geben keine Ruhe bis diese Pläne endgültig vom Tisch sind.

Und dann helfen wir den Menschen in den Orten, die vom Militär als Alternativstandorte auserwählt sind!

Keine NATO Cyber War Agentur nach Bochum! Und auch nirgendwo sonst !