Freitag 24.09.21, 19:53 Uhr
Redebeitrag von Amnesty International Bochum beim Klimastreik am 24.09.2021 in Bochum

Die Klimakrise ist eine Menschenrechtskrise


Amnesty International Bochum beim Klimastreik am 24.09.2021 in Bochum

Amnesty International setzt sich seit 60 Jahren für die Menschenrechte ein. Was haben Menschenrechte und die Klimakrise miteinander zu tun?

Umweltthemen waren bei Amnesty schon sehr lange wichtig, allerdings aus einem anderen Blickwinkel: wer sich für die Umwelt einsetzt, lebt sehr gefährlich. Die NGO Global Witness zählt 227 Umweltaktivist:innen, die 2020 ermordet wurden. Unterdrückung, Einschüchterung und Überwachung sind noch weitaus häufiger. Kein Wunder, denn wer für die Umwelt eintritt, steht in aller Regel den Profiten eines Unternehmens oder Staats im Weg. Umweltverbrechen gehen also sehr oft mit Menschenrechtsverletzungen einher.

Ebenso wichtig ist jedoch die umgekehrte Perspektive: Auch Untätigkeit angesichts der Klimakrise ist eine Menschenrechtsverletzung. Denn der Klimawandel stellt eine massive Bedrohung für zahlreiche Menschenrechte dar, angefangen beim Recht auf Leben und Gesundheit. Der Dank dafür, dass das Thema mittlerweile in seiner vollen Tragweite in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist, gebührt ganz wesentlich Fridays for Future. Was jetzt fehlt, ist jedoch die Umsetzung dieser Erkenntnisse in konsequentes Handeln.

Der neue UN-Klimabericht lässt keinen Zweifel übrig: die Welt steuert auf 2,7 Grad Erwärmung zu und damit auf einen massiven Verlust von Menschenleben und Lebensgrundlagen. Nur schnellstes Umsteuern wird die dramatischen Folgen der Klimakatastrophe noch abschwächen können. Deshalb wird die Bundestagswahl am Sonntag über viel mehr entscheiden als nur die nächsten 4 Jahre. Die nächste Bundesregierung muss die Grundlagen für den Übergang in eine klimagerechte Welt schaffen. Was das bedeutet, hat Amnesty International im Juni im Bericht „Stop Burning Our Rights!“ in aller Deutlichkeit dargelegt:

  • Wohlhabende Industrieländer wie Deutschland müssen bis 2030 ihre CO2-Emissionen auf Null senken. Die unambitionierten Klimapläne der G7-Staaten – inklusive der fortgesetzten Subvention fossiler Brennstoffe – wertet Amnesty nicht bloß als administratives Versäumnis, sondern als einen verheerenden, flächendeckenden Angriff auf die Menschenrechte. Damit muss Schluss sein, und zwar so schnell wie möglich.
  • Deutschland muss den Prozess der CO2-Reduzierung gerecht gestalten. Wer von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist, muss geschützt und unterstützt werden. Gleiches gilt für Gemeinden und Arbeiter:innen, die vom Ausstieg aus der Karbonindustrie beeinträchtigt werden. Ziel muss es sein, Armut zu verringern und bestehende Ungleichheiten abzubauen. Dazu gehört es, Investitionen in verantwortungsvoll produzierte erneuerbare Energien und sozialen Schutz verstärkt zu fördern und gleichzeitig die Schaffung neuer, grüner und menschenwürdiger Arbeitsplätze zu unterstützen.
  • Die nächste Bundesregierung muss sich auf internationaler Ebene für multilaterale Lösungen und eine ambitioniertere Klimapolitik einsetzen, die an die individuelle Verantwortung und Kapazität der verschiedenen Länder angepasst ist. Als großer Mitverursacher der Klimakrise muss Deutschland einkommensschwächere Länder dabei unterstützen, die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen, die sie nicht oder kaum selbst verursacht haben.

Der Klimanotstand ist eine Menschenrechtskrise von noch nie dagewesenem Ausmaß. Die verheerende Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen sind bereits jetzt zu sehen. Bestehende Ungleichheiten und Diskriminierung werden dadurch verschärft. Die Bemühungen der Staaten, den Klimawandel zu bekämpfen, bleiben weit hinter dem Nötigen zurück. Wir müssen die Ära der fossilen Brennstoffe schnellstens beenden. Wir können Menschenrechte oder fossile Brennstoffe haben – aber nicht beides zugleich. Danke, dass ihr dafür heute mit uns auf der Straße seid!