#In15JahrenAufNull #ZeitZuHandelnIstJetzt
Wir haben die Klimaklage gewonnen! Und wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, das ist ein historischer Sieg, das ist ein heftiger Paukenschlag, macht mal Lärm!!!!
Wie ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen?
Ihr habt vielleicht schon mal von Artikel 20a des Grundgesetzes gehört: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Das verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland zum Klimaschutz.
Diese Schutzpflichten seien aber laut dem BVerfG nicht durch das Klimaschutzgesetz, bzw. das Klimapäckchen verletzt. Artikel 20a allein reicht also nicht aus. Denn nur wenn überhaupt keine oder offensichtlich unzureichende Regelungen getroffen würden, liege eine Verletzung der staatlichen Schutzpflichten vor. Dies sei jedoch nicht der Fall.. Hm, ja, das lassen wir jetzt mal so stehen.
Kommen wir zum guten Teil des Urteils
Das BVerfG sagt nämlich, und jetzt wird’s interessant, dass die Grundrechte der BeschwerdeführerInnen trotzdem verletzt sind, und zwar dadurch, dass die bis zum Jahr 2030 zugelassenen Emissionsmengen die nach 2030 noch verbleibenden Emissionsmöglichkeiten erheblich reduzieren. Noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens sind mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von umso drastischeren Einschränkungen bedroht. Vorschriften, die jetzt CO2-Emissionen zulassen, begründen eine rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit, weil sich mit jeder heute noch zugelassenen CO2-Emissionsmenge die in Einklang mit Art. 20a GG verbleibenden Emissionsmöglichkeiten verringerten.
Ich breche das einmal runter: Das Bundesverfassungsgericht, unsere Hüterin der Verfassung, schaut aufs Emissionsbudget, erkennt die Notwendigkeit und Alternativslosigkeit der sozial-ökologischen Wende an und impliziert, dass klimapolitische Maßnahmen so oder so kommen werden, dafür gibt es keine Alternative. Die Frage dreht sich für’s Bundesverfassungsgericht darum, WANN die Maßnahmen geschehen müssen. Und der luschige Plan des Klimapäckchens von 2019 sieht eben vor, bis 2030 hier und da ein wenig mickriges Zeug zu veranstalten und für danach, also für nach 2030 gibt’s gar keinen Plan. Dieses lächerliche Klimaschutzgesetz ist verfassungswidrig, weil es dem rechtlich verankerten 1,5 Gradziel nur durch so heftige, drastische Klimamaßnahmen nach 2030 gerecht würde, die dann unsere grundrechtlich garantierten Freiheiten in einem Maße einschränken würden, das nicht mehr rechtens wäre. Es dürfen also nicht jetzt nahezu alle übrigen Emissionen ausgestoßen und die Einsparung auf einen spätestmöglichen Zeitpunkt verschoben werden. Vielmehr müssen jetzt schon Maßnahmen ergriffen werden, die die Freiheit künftiger Generationen schützen.
Ja ihr hörts richtig, es wird hier besonders mit dem Grundrecht auf Freiheit argumentiert. Freiheit. Ein Wort, ein Wert, den Konservative und Liberale äußerst gerne an sich reißen, um gegen wirksame Klimapolitik zu bashen, wird nun vom Bundesverfassungsgericht verwendet, um UNS, zuzusprechen. Denn die Gewährung von Freiheit gilt nicht nur im Jetzt, sondern auch in der Zukunft. GG Artikel 2 Abs. 2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“
Ja und das schließt laut dem BVerfG auch den Schutz vor Beeinträchtigungen durch Umweltbelastungen ein. Und diese Schutzpflicht besteht auch gegenüber künftigen Generationen!
Jahrelang wurden uns immer wieder von allen möglichen Seiten die dreistesten Aussagen entgegengebracht.
Dass „aus irgendeinem Grund das Klimathema plötzlich ein weltweites Thema geworden sei “(JA, das kam 2019 nach der Europawahl aus dem Mund des aktuellen CDU-Kanzerkandidaten, dem übrigens noch vor 5 Tagen in einer Talkshow das Pariser Klimaabkommen erklärt werden musste, viel Glück dir auf jeden fall beim kandidieren, (laschet hm lasset),
dass „wir dieses Thema den Profis überlassen sollen“,
dass „Politik das sei, was machbar ist“,
dass sich „unter diesen ganzen Tonnen doch keiner was vorstellen könne“. Diese letzte Aussage stammt von unserer Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Und so wissenschafts-verharmlosende & diskreditierende Aussagen, die haben wir uns eben nicht nur auf Familienfeiern oder von nem clownigen Physiklehrer oder sonst wo anhören müssen, diese Aussagen stammen von Menschen, die im deutschen Bundestag sitzen und Teil dieser inkompetenten Regierung sind.
Und da schwingte eben immer die Message mit, dass wir die Welt noch nicht verstanden haben, dass WIR Arbeitsplätze zerstören wollen und soziale Gerechtigkeit übersehen, dass wir Wirtschaft nicht verstanden haben, dass wir Politik in ihrer Komplexität noch nicht verstanden haben, dass wir Grundrechte, Freiheitsrechte nicht verstanden haben, dass wir Mehrheiten nicht verstanden haben.
Und dieses Blatt hat sich mit Urteil des BVerfG endgültig gewendet! Wir haben ein Recht auf Zukunft, ein Recht auf Klimaschutz, und das kann uns nicht mehr abgesprochen werden.
Ja, das Gericht hat für die Überarbeitung des Klimapäckchens eine Frist bis zum 31. Dezember 2022 gesetzt. Anstatt den Arschtritt des höchsten Gerichts ernst zu nehmen und jetzt sorgfältig und gründlich einen Paris-konformen Plan zu entwickeln, dachten sich CDU und SPD so, oh verfassungswidrig, nagut, hauen wir schnell innerhalb von 2 Wochen was raus – und suprise – das neue KLimaschutzgesetz ist WIEDER nicht 1,5* kompatibel. Die gesamte Bundesregierung stellt die Korrektur des Klimaneutralitätsziels von 2050 auf 2045 als einen unglaublichen Fortschritt dar. Man folge der Wissenschaft, so Svenja Schulze. Wie bitte? Klimaneutralität 2045 ist für Deutschland ein angebrachtes Ziel, wenn du 2 Grad mit ner 50/50 Chance überschreiten willst.
Was wir aber brauchen, ist eine Politik ausgerichtet an einem Emissionsbudget, dass uns zu Klimaneutralität 2035 führt. Wir müssen #IN15JahrenAufNull. Deutschland als wirtschaftlich starker Staat mit großer Verantwortung durch heutige sowie historische Emissionen, muss einen gerechten Beitrag zur Einhaltung der 1,5°-Grenze leisten. Umso fataler ist der neue Beschluss der Bundesregierung, der die kleinstmögliche Änderung des bisherigen Kurses vornimmt, um nicht offensichtlich verfassungswidrig zu bleiben. Eigentlich bräuchten wir aber die größtmögliche Kursänderung für kleinstmögliche Klimafolgen – hier und im globalen Süden.
Die aktuelle Regierung, oder besser, die Regierung von gestern, erweist sich also weiterhin durch und durch als unfähig, zeitgemäße, der Dringlichkeit angepasste Entscheidungen zu treffen.
Aber wir haben die wissenschaftlichen Fakten, wir haben die Gesellschaft hinter uns und wir haben seit 2 Wochen eine ganz klare rechtliche Legitimation. Deshalb sind wir nicht zu stoppen, nicht zu bremsen, nicht mehr klein zu reden, wir wissen, dass ne andere Welt möglich ist. Und dafür kämpfen wir jetzt weiter.
Wir haben alles, was wir brauchen und wir haben eine Wahl zu gewinnen. Für die am meisten betroffenen Menschen und Gebiete dieser Erde und für unsere Zukunft.