Samstag 15.05.21, 20:13 Uhr
Stefan (FFF) zum Abschluss der Klimastreik-Demonstration am 14.05.2021 in Bochum:

Gegen die Klimakatastrophe gibt es keinen Impfstoff!


Wir befinden uns jetzt seit 14 Monaten in der Corona-Krise. Wir haben in der Zeit erlebt, wie die Politik erst kurzzeitig auf die Wissenschaft gehört hat, bevor ökonomische Ziele das verhindert haben. Wir haben erlebt, dass Menschen gestorben sind, während sich die Bevölkerung in Umfragen deutlich restriktivere Maßnahmen gewünscht hat. Die Corona-Pandemie kann jedoch mit der weltweiten Produktion und Verteilung von Impfstoffen gelöst werden.

Die Klimakrise ist eine wesentlich größere Krise als die Corona-Krise. Die Fakten sind hier seit Jahrzehnten bekannt. Die Temperaturen steigen, Flüsse und Felder trocknen aus, Wüsten werden größer, Gletscher und Permafrost schmelzen, hunderttausende Menschen sterben an Hitze und ganze Arten sterben aus. In diesen Jahrzehnten haben wir vereinzelt erlebt, dass Politiker*innen auf die Wissenschaft gehört haben. Zum Beispiel, als das ursprüngliche EEG beschlossen wurde. Nebenbei haben wir Desinformationskampagnen der fossilen Industrie erlebt. Der Klimawandel existiere nicht, sei nicht oder nur teilweise menschengemacht, die Klimakrise könne nur sozial ungerecht bekämpft werden und der Kampf gegen die Erderhitzung bedrohe mehr Arbeitsplätze als entstehen. Und es sind genau solche Argumente, mit denen wirksame Klimagerechtigkeit in den letzten Jahrzehnten auch in Berlin bekämpft wurde.

Klar ist, dass es gegen die Klimakatastrophe keinen Impfstoff gibt und auch keinen geben wird. Deswegen sind genau jetzt vorbeugende Maßnahmen erforderlich, wie das auch vom Bundesverfassungsgericht richtig erkannt wurde. Die diese Woche beschlossenen Maßnahmen sind aber immer noch nicht in Ansätzen ausreichend, um einen angemessenen Beitrag zum 1,5 Grad Ziel zu leisten.

Und die Klimakrise ist nur ein Teil der kompletten Biodiversitätskrise. Neben CO2 emittieren wir weitere Schadstoffe und Pestizide, zerstören Wälder und Natur, versiegeln Flächen und pflanzen Monokulturen. Wir befinden uns in dem ersten Massensterben nach den Dinosauriern. 150 Arten sterben täglich aus, die Biomasse geht massiv zurück, Insekten und Wildbienen sterben, die Ozeane übersäuern, Wirbelstürme sind deutlich gestärkt. Der Wald ist massiv geschädigt, Moore sind trockengelegt und die Regenwaldfläche wird von Jahr zu Jahr reduziert. Wir sind kurz davor, Kipppunkte in unserem Erdsystem zu erreichen – wenn wir diese nicht sogar schon überschritten haben. Auch in diesen Themenfeldern ist dringendst ein politisches Eingreifen erforderlich.

Wir müssen bei allen Krisen auf die Wissenschaft hören. Wir brauchen einen massiven Ausbau von erneuerbaren Energien, eine andere Landwirtschaft und – auch das ist ein Fakt und keine Meinung mehr – einen Systemwandel. Wir müssen unsere Gesellschaft neu denken und uns kritische Fragen stellen: Welches Niveau an materiellem Wohlstand ist genug? Können wir ein materielles Wohlstandsniveau, das außerhalb der planetaren Grenzen liegt, überhaupt akzeptieren? Wie genau können wir die planetaren Grenzen sozial gerecht einhalten? Wir alle müssen uns auf jeder gesellschaftlichen Ebene dafür einsetzen, dass wir Ideen vorleben und die ökologischen Krisen bekämpfen. Nicht nur die europäische und deutsche Regierung, sondern auch Bochum muss hier handeln! Lasst uns endlich anfangen! Die Zeit zu handeln ist jetzt!