Mittwoch 06.01.21, 16:21 Uhr
Hartz IV-Bezieher*innen brauchen endlich gerecht ermittelte Nebenkosten

Bochum zahlt deutlich zu wenig an Kosten für Unterkunft


Die Sozialberatung Ruhr schreibt: »Wer Hartz IV-Leistungen bezieht, erhält auf der einen Seite einen sog. Regelsatz, welcher zum 01.01.2021 erhöht wurde. Des Weiteren erhält der Bezieher Kosten für seine Unterkunft. Die Stadt Bochum ermittelt in diesem Zusammenhang Bruttokaltmieten. In welcher Höhe und welche sonstigen Leistungen es gibt, hat die Stadt Bochum in einer 122-seitigen (!) Verwaltungsverfügung festgelegt. Die von der Stadt Bochum anerkannten Werte für diese Mieten setzen sich aus der Nettokaltmiete, also dem Entgelt für die Überlassung von Wohnraum, und aus den entsprechenden Betriebskosten zusammen. Die Stadt Bochum hat hierbei einen Mittelwert von 90,08 € pro Wohnung und Monat bei Wohnungen bis 50 qm ermittelt (Tabelle 12 Seite 14 des Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten 2017). Dies führt zu einem Wert von 1,80 € pro qm und Monat. Hier sei darauf hingewiesen, dass der Betriebskostenspiegel für Nordrhein- Westfalen für das Jahr 2017, d. h. die Werte aus 2015, einen Wert von 2,23 € pro qm und Monat ausweist.

Die Stadt Bochum glaubt also, dass die Bochumer Betriebskosten um 0,43 € pro qm und Monat günstiger sind als der Landesdurchschnitt, was zunächst einmal nicht plausibel ist. Da dies der Stadt Bochum wohl immer noch zu teuer ist, wird in einem zweiten Schritt [2.2.4 Referenzmiete Betriebskosten (Quantil 35 %)] eine Herunterrechnung vorgenommen. Wie sich aus Tabelle 18 bzw. 19 auf Seite 17 des o. g. Dokuments ergibt, sind dann auf einmal nur 1,48 € pro qm und Monat, d. h. bei einer 50 qm großen Wohnung nur 74,00 €, monatlich anzuerkennen. Die Stadt Bochum hat insofern von dem Durchschnittswert für NRW von 2,23 € pro qm und Monat mit statistischen Taschenspielertricks 1,48 € ermittelt. Die Ermittlung von 2017 ist dann im Jahre 2019 fortgeschrieben worden. Wie sich aus einem Anhang 2 Bedarfe für Unterkunft und Heizung, hier: Fortschreibung des schlüssigen Konzepts zum 01.03.2019 Bezug: Vfg 50 122 (2742) vom 30.04.2018 (?) ergibt, ermittelt die Stadt einen Teuerungsindex von 3,9 % für den Zeitraum Oktober 2016 bis September 2018.

Um diesen Wert werden die Bruttokaltmiete und damit auch die Betriebskosten erhöht. Die Betriebskosten in der akzeptierten Bruttokaltmiete betragen insofern 1,54 € pro qm und Monat. Nach dem neuen Betriebskostenspiegel 2018 betragen allerdings die Betriebskosten für NRW durchschnittlich 2,44 € pro qm und Monat ohne Berücksichtigung von Heizung und Warmwasser. Die Stadt Bochum akzeptiert insofern 0,90€ zu wenig. Dass die Ermittlung der kalten Betriebskosten problembehaftet ist und nicht immer nachvollziehbar durchgeführt wird ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.09.2020 zum Aktenzeichen B 4 AS 22/20 R. Auch hier konnte das Bundessozialgericht nicht feststellen, ob die von der Stadt (Gelsenkirchen) ermittelten kalten Betriebskosten korrekt ermittelt wurden. Die Stadt Bochum ist also aufzufordern, nunmehr unverzüglich dafür Sorge zu tragen, dass die Unterkunftskosten so ermittelt werden, dass sie den tatsächlichen realen Bedingungen des Bochumer Wohnungsmarktes entsprechen und nicht irgendwelchen abstrusen Verwaltungsfantasien.«