Donnerstag 22.10.20, 15:22 Uhr

Rückzugsgefecht von Stadt und Bundeswehr


Stadtdirektor Sebastian Kopietz (SPD) und Sozialdezernentin Britta Anger (Grüne) reihen sich in die Bundeswehrformation ein.

Der Anblick von uniformierten Bundeswehrsoldat*innen ist schon eine ästhetische Zumutung, wenn sie dann noch in Reih und Glied mit Maske im Rathausinnenhof aufgestellt werden, dann wird es gruselig. Eigentlich hätten sie vor dem Rathaus stehen sollen. Das Friedensplenum hatte Protest angekündigt. Das hätte schlechte Bilder für die Medien geben können. Die Begrüßung des Militärpersonals wurde kurzfristig in den Innenhof des Rathauses verlegt. Der Pressesprecher der Stadt reklamierte Hausrecht für den Bereich und die Polizei verwehrte allen Menschen, die in der Nähe des Transparentes des Friedensplenums gesichtet worden waren, den Zugang zum Rathausinnenhof.

Die Zeremonie im Innenhof hätte vor hundert Jahren nicht peinlicher aussehen können. Nur dass eine grüne Sozialdezernentin den Militäreinsatz freundlich empfing, erinnerte daran, dass wir im Jahr 2020 sind. Das Grundgesetz definiert recht eindeutig, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren verboten ist. Nur in extremen Notfällen, wenn es keine Alternativen gibt, soll er erlaubt sein. Wenn andere Städte die Unterversorgung der Gesundheitsämter mit zivilen Kräften lösen, dann ist dies ein überwältigender Nachweis, dass der Bundeswehreinsatz in Gesundheitsämtern verfassungswidrig ist.

Grundgesetz Art. 87a

(1) 1Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.
Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

(3) 1Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. 2Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) 1Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. 2Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.