Montag 14.09.20, 18:54 Uhr
Netzwerk „Stadt für Alle“

Rede von Lina auf der Demonstration „Bochum nazifrei“ am 12.09.2020


Ich bin Lina vom Netzwerk „Stadt für Alle“. Wir setzen uns für eine solidarische, ökologische und offene Stadt ein.

Besonders wichtig ist uns dabei der Aspekt der offenen Stadt. Gerade das Ruhrgebiet ist eine Region, die durch Zuwanderung entstanden ist. Menschen ziehen auf der Suche nach einem besseren Leben in die Städte. Das war schon immer so. Die Retro-Utopie einer homogenen Bevölkerung, die von Nazis postuliert wird, ist und bleibt Bullshit.

Der Appell keine Nazis ins Rathaus zu wählen ist wichtig. Das reicht aber lange noch nicht aus. Auch ohne Nazis wird der Rat der Stadt nicht in unserem Sinne entscheiden. Wir müssen die Stadt selbst gestalten.

Eine Stadt für Alle bedeutet für uns: Bezahlbarer Wohnraum

In Bochum fehlen etwa 25.000 Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen. Der private Markt wird dieses Problem nicht lösen. Deshalb fordern wir eine hundertprozentige kommunale Wohnungsbaugesellschaft.

Eine Stadt für Alle bedeutet für uns: Ein ökologisches Verkehrskonzept

Wer mit dem Fahrrad durch die Innenstadt fährt, merkt schnell, dass wir dringend ein alternatives Verkehrskonzept brauchen. Wir fordern daher mehr und sichere Radwege und einen kostenlosen Nahverkehr, der generell erst einmal ausgebaut werden muss.

Eine Stadt für Alle bedeutet für uns: Die Aufnahme von Geflüchteten

Es ist erschreckend, dass es immer noch Thema sein muss, dass so viele Geflüchtete in beschissenen Sammelunterkünften sind und Bochum, Deutschland und Europa sich weigern weitere Geflüchtete aufzunehmen. Bochum hat Platz!

Eine Stadt für Alle bedeutet für uns: Die Bereitstellung einer sozialen Infrastruktur

In Bochum gibt es Raum für eine soziale Infrastruktur, wenn etwa der Leerstand gemeinwohlorientiert genutzt wird. Die von Privatisierung und Abriss bedrohte Musikschule ist ein Beispiel dafür, dass es sich lohnt Räume zurück zu erkämpfen. Hier kann ein Ort für alle Bewohner*innen in Bochum entstehen.

Wir stellen uns etwa eine Nutzung mit einer KiTa, einer Stadtteilmensa, Wohnräume, offene Werkstätten und ein Ort für Initiativen vor.

Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir auch eine feministische Stadtentwicklung brauchen. Care-Arbeit darf nicht mehr nur allein eine private Herzensangelegenheit bleiben, sondern muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden, die im Stadtbild sichtbar wird. Auch das verstehen wir unter sozialer Infrastruktur.

Die aktuelle Kampagne der Stadt Bochum „Wo das Wir noch zählt“ will uns glauben machen, dass wir eine große Gemeinschaft sind, die vor allem durch unsere Wirtschaft zusammengehalten wird. Unser Leben ist aber keine Geschäftsidee. Eine Stadt funktioniert nicht wie ein Unternehmen, das Gewinne erwirtschaften muss und gegen andere Standorte konkurriert. Die öffentlichen Ressourcen, die Gemeingüter, müssen gegen ihre Privatisierung verteidigt und zurückerkämpft werden.

Wir müssen uns daher weiter in die Stadtpolitik einmischen. Wir sind auf Bündnispartner*innen angewiesen und müssen uns gegenseitig unterstützten, um solche Visionen Wirklichkeit werden zu lassen.