Mittwoch 12.08.20, 07:40 Uhr

Landesregierung bleibt hinter Versprechen zurück


Anlässlich des Tags der Jugend fordert der Flüchtlingsrat NRW die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, Verantwortung für die Bildungsmöglichkeiten für junge Flüchtlinge zu übernehmen und schreibt: »Auch im vierten Jahr der Legislatur der Landesregierung steht das 2017 im Koalitionsvertrag angekündigte Versprechen aus, den flächendeckenden Zugang zu Bildung für junge erwachsene Flüchtlinge, die aufgrund ihres Alters nicht mehr schulpflichtig sind, sicherzustellen. Die am 30.06.2020 angekündigte Initiative des NRW-Ministeriums für Schule und Bildung, ab dem Schuljahr 2020/21 das Projekt „Fit für mehr“ landesweit umzusetzen, wird dem Anspruch auf einen umfänglichen Zugang zu Bildung nicht gerecht. Denn im Rahmen des Projekts, das als Modell im Regierungsbezirk Köln bereits seit zwei Jahren durchgeführt wird, wird landesweit nur rund 300 Flüchtlingen ab 18 Jahren die Vorbereitung auf eine Externenprüfung zum Nachholen eines Hauptschulabschlusses ermöglicht werden.
Mit der Ausweitung des Projekts „Fit für mehr“ soll jungen Flüchtlingen die spätere Arbeitsmarktintegration erleichtert werden. Erst kürzlich hat die Landesregierung mit dem gleichen Ziel die Initiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ gestartet, zu deren Bausteinen u.a. auch der nachholende Hauptschulabschluss zählt.
„Die Infrastruktur der Bildungsangebote für junge Flüchtlinge darf kein Flickenteppich bleiben.“, so Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Statt mit weiteren Einzelprojekten sollte die Landesregierung mit strukturellen Veränderungen im regulären Bildungssystem jungen Flüchtlingen die notwendigen Bildungszugänge garantieren.“
Hierfür sind weitreichende Änderungen notwendig. Selbst bei bestehender Schulpflicht ist die Möglichkeit des Erwerbs eines Schulabschlusses nicht für alle Flüchtlinge gegeben. So können im jugendlichen Alter eingereiste Flüchtlinge zumeist nur an ein bis zwei Tagen pro Woche am Unterricht in Berufskollegs teilnehmen. Notwendig wäre in diesen Fällen grundsätzlich Vollzeitunterricht mit integrierten Förderangeboten. Zudem fällt es vielen jungen Flüchtlingen mit prekärem Aufenthalt schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
„Auch die größte Lernmotivation wird durch die ständige Angst vor einer Abschiebung erheblich beeinträchtigt“, so Birgit Naujoks. „Wenn die Landesregierung jungen Flüchtlingen tatsächlich Chancen auf qualifizierte berufliche Perspektiven eröffnen möchte, muss sie dafür auch die erforderlichen Rahmenbedingungen, z.B. durch die Sicherung des Aufenthalts, schaffen.“«