Montag 27.07.20, 19:30 Uhr

„Black Box“ Schlachthof


Die Bochumer attac/occuy Gruppe hat einen offenen Brief an die Stadt Bochum zur „Black Box“ Schlachthof Bochum geschrieben: »Zweimal hat es in den vergangenen Monaten Corona-Infektionsfälle im Schlachthof Bochum gegeben. Beim ersten Test Mitte Mai wurden 266 Mitarbeiter*innen getestet, 30 von ihnen positiv, beim zweiten Test im Juni 280 Mitarbeiter*innen, davon zwei positiv. In einer Presseinformation der Stadt vom 21. Juni war zu lesen, dass eine der beiden Personen Bochumer ist, die andere im Kreis Recklinghausen wohnen würde, beide in privaten Wohnungen. Weiter heißt es dort: „Auch die Sammelunterkünfte werden regelmäßig kontrolliert.“ Was das Unternehmen „Bochumer Fleischhandel“ bisher unternommen hat, um Neuinfektionen zu vermeiden, war in der Presse nicht zu lesen. 

Welche Auflagen dazu das Unternehmen durch die Kontrollbehörden erhalten hat, wurde ebenfalls nicht öffentlich. Ebenso wenig, wie viele Menschen unter welchen Bedingungen im Bochumer Schlachthof arbeiten, wie viele von ihnen über Werkverträge beschäftigt sind und unter welchen Bedingungen sie wohnen – und nicht zuletzt wie viele Tiere überhaupt in Bochum geschlachtet und „verarbeitet“ werden.

In der öffentlichen Diskussion sind aber derzeit die offensichtlich arbeitsrechtlich und gesundheitlich sehr bedenklichen Arbeitsverhältnisse in den Schlachtfabriken in Deutschland und der EU schon ein Thema. Da ist von Ausbeutungsverhältnissen frühkapitalistischer Art die Rede, von geringer Entlohnung der Werksvertragskräfte, von unbezahlten Überstunden und Lohnabzug für Schutzkleidung, Transport und Unterbringung. Letztere soll in Sammelunterkünften und überbelegten Wohnungen, möglicherweise in so genannten „Schrottimmobilien“ stattfinden.

Wir fragen uns, warum die Verhältnisse in Bochum so viel besser sein sollen, als an anderen Orten? Schließlich scheinen die städtischen Behörden diese sehr genau zu kennen, sie kontrollieren sogar die Sammelunterkünfte regelmäßig (s.o.).

Nach Informationen aus Gewerkschaftskreisen arbeiten am Bochumer Willms-Standort rund 400 Menschen, davon etwa 300 unter so genannten Werkverträgen. Ein Unternehmen, das nicht nur für die Beschäftigten derart risikobehaftet ist, und dessen Beschäftigungsverhältnisse möglicherweise ebenfalls menschenverachtend sind, müsste doch eigentlich wie ein solches behandelt werden – also mit einer konsequenten, engmaschigen Kontrolle und der Auflage einer Berichts- und Transparenzpflicht.

Sie als städtische Behörden und Verantwortliche kennen die Verhältnisse und sollten diese der Öffentlichkeit transparent machen – schließlich hat diese ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, unter welchen Bedingungen auf Bochumer Stadtgebiet Fleisch produziert wird. In einer Stadt, in der das WIR noch zählt, müsste das gerade jetzt selbstverständlich sein – ebenso wie die Solidarität mit den Beschäftigten.

Für uns jedenfalls ist eine „Black Box“ Schlachthof Bochum mit intransparenten Arbeits- und Hygienebedingungen sowie der undurchsichtigen Unterbringungssituation nicht zu akzeptieren. Mehr Transparenz über die Verhältnisse dürfte nicht zu viel verlangt sein – schließlich geht es um den Schutz von Menschen in einem Betrieb auf Bochumer Boden.

Warum wir uns mit dem Schlachthof Bochum beschäftigen und was WIR tun könnten, beschreiben wir in einem längeren Beitrag auf unserer Website: Der Schlachthof Bochum und WIR, https://www.attac-netzwerk.de/bochum/projekte/schlachthof-bochum/der-schlachthof-bochum-und-wir.«