Samstag 20.06.20, 06:00 Uhr

Heute ist Weltflüchtlingstag


Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni hat der UNHCR Zahlen zu globalen Fluchtbewegungen veröffentlicht. Demnach wurde für das Jahr 2019 mit fast 80 Millionen Flüchtlingen ein neuer, dramatischer Höchststand registriert. Gleichwohl setzen die Europäische Union, die Bundesregierung und die Landesregierung Nordrhein-Westfalens weiterhin auf Abschottung und Ausgrenzung, um die hiesigen Flüchtlingszahlen möglichst gering zu halten. Regelmäßig werden unter Anwendung von Gewalt und rechtswidrigen Pushbacks durch verschiedene Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen der EU Schutzsuchende abgewehrt. Neben der Europäischen Kommission unterstützt auch der nordrhein-westfälische Innenminister Reul die Aufrüstung an den EU-Außengrenzen, wie er zuletzt im März 2020 mit seinem Angebot, die Grenzschutzagentur Frontex durch den Einsatz von NRW-Bediensteten zur gewaltsamen Abwehr von Schutzsuchenden an der griechisch-türkischen Grenze weiter zu stärken, verdeutlichte.

Auch in der Abschiebungsdebatte nimmt NRW-Innenminister Reul kein Blatt vor den Mund. Bereits im letzten Jahr zog er im Vorfeld der Innenministerkonferenz (IMK) Abschiebungen nach Syrien öffentlich in Erwägung, obwohl dort schon allein aufgrund der Kriegssituation nach wie vor konkrete Lebensgefahr droht. Es ist zu befürchten, dass er diesen Standpunkt auch bei der IMK im Juni 2020 vertreten hat, bei der die skandalöse Diskussion über Abschiebungen in extrem unsichere Länder wieder auf dem Programm stand.

Die bisherige Zusage der Bundesregierung zur Aufnahme von einigen wenigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus Griechenland ist angesichts des tatsächlichen Ausmaßes der humanitären Notlage absolut unzureichend. NRW könnte durch ein Landesaufnahmeprogramm weiteren Flüchtlingen das unmenschliche Leid in den griechischen Elendslagern ersparen. Trotz der hohen Aufnahmebereitschaft der Kommunen lehnt NRW-Flüchtlingsminister Stamp ein solches Landesaufnahmeprogramm indes rigoros ab. Dass im Flüchtlingsbereich in NRW auch sonst nicht die Bedarfe und sogar rechtliche Ansprüche der Schutzsuchenden im Vordergrund stehen, zeigt sich aktuell im Umgang mit der Corona-Pandemie. Schutzsuchende werden auf Landesebene weiterhin in großen Sammelunterkünften untergebracht, in denen es wegen der fehlenden Möglichkeit, Abstands- und Hygienevorschriften einzuhalten, seit Monaten immer wieder zu hohen Infektionszahlen kommt.

„Es braucht einen Paradigmenwechsel vom Grenzschutz hin zum Menschenschutz“, so Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Die universellen Menschenrechte müssen flüchtlingspolitisches Grundprinzip sein. Die unfassbaren Zahlen des UNHCR zeigen noch einmal mehr auf, wie wichtig effektiver Flüchtlingsschutz, würdige Bedingungen und Teilhabemöglichkeiten für Schutzsuchende sind.“