Dienstag 16.06.20, 19:11 Uhr
Bis 30.07.20: Schaufensterausstellung des atelier automatique:

Beziehungsweise, wir sind hier nicht im Internet


Das atelier automatique beschreibt auf seiner Webseite seine aktuelle Schaufensterausstellung: »Das atelier automatique ist lange kein Ort öffentlicher Versammlung mehr gewesen. Die Vorhänge sind geschlossen, das Rolltor ebenfalls. Wir halten weiterhin Abstand, aber melden uns zurück aus der Queerantaine. Innerhalb der Pandemie-bedingten Rückzugsphase entstehen Gedanken, Kunstwerke, analoge und digitale Begegnungen, aber auch der Wunsch, wieder mehr mit einem Außen zu kommunizieren. Denn das gibt es noch, direkt vor uns, die Straßen sind rege frequentiert, die Fragen drängen: Wie können und wollen wir in einer Welt in Beziehung sein, in der es also doch die Mütter zu sein scheinen, die sich um die Kinder kümmern, in der rassistische Gewalt zum Alltag gehört und sich Proteste zwischen sozialen Medien und der Straße bewegen, Pflegepersonal mal Applaus, aber kein gutes Gehalt bekommt, Rettungsschirme nur über einigen aufgespannt werden und Menschen hier und da auf diese und jene Weise vereinzeln.

So entstand: Eine zweimonatige, sich stetig verändernde Ausstellung im Schaufenster, ein Versuch, die Scheiben bestehen und doch ein wenig durchlässiger werden zu lassen. Neben Dingen, die hier entstanden sind, zeigen wir Arbeiten von Künstler*innen, die wir kennen, mit denen wir in Kontakt stehen, oder  deren physische Präsenz uns fehlt. Die Ausstellung sucht und fragt nach Formen unseres in Beziehung-Seins in der aktuellen Phase körperlicher Distanz – durch die Fenster, das Dazwischen. Das atelier automatique liegt in einem Wohngebiet, viele streifen es auf dem routinierten Spaziergang und dem Weg zum Supermarkt. Wie jede Beziehung ist auch die Ausstellung geprägt durch Veränderung im Wiederkehren, über die Zeit hinweg. Sie zeigt sich von Tag zu Tag anders.

„Beziehungsweise, wir sind hier nicht im Internet.“ ist der Titel der Ausstellung. Er erinnert uns: Wir sind an einem anderen Ort als dem Internet, und um diesen geht es uns hier, um die Nachbarschaft, die wir mit unseren Körpern bewohnen. Er formuliert auch eine Skepsis gegenüber der Aufforderung, als Kunstschaffende plötzlich alles ins Digitale zu übersetzen und im Internet zur Verfügung stellen zu müssen.

Bini Adamczak schreibt in ihrem Buch „Beziehungsweise Revolution“: „[…]das Verständnis der Solidarität [erfordert] ein Denken jenes zwischen, das den eigentlichen Lebensraum der Beziehungsweise bildet.“ Hierin liege das Potential einer Revolution. Wir leihen uns diesen Begriff „Beziehungsweisen“ und wenden uns dem Denken des Zwischen zu. Und gleichzeitig klingt es auch wie „Beziehungswaise“ – die wir vielleicht auch geworden sind?

Wirtschaftsweisen wird in schwierigen Situationen gern Gehör geschenkt.

Unsere Hoffnung ist: Wenn wir unseren Erfahrungen zuhören und sie ernst nehmen, gehen wir  mit einer neuen Weisheit in Sachen Beziehung aus der Isolation hervor. Diese vielen Beziehungsweisen gilt es ins Spiel bringen,um unser kommendes Zusammenleben zu gestalten.

Mit Beiträgen von: Bini Adamczak, Fatima & Rabia Çalışkan, Kathrin Ebmeier, Bernice Ekoula, Abteilung Handlungspotential (Gründerin Franziska Goralski), Joscha X Ende, Heike Kandalowski, Megha Kono-Patel, Julia Nitschke, Clara Pötsch, Julia Praschma, Sophia Süßmilch, Johanna Ziemes, Filme aus dem Archiv für Familien- und Amateurfilm des Ruhrgebiets/Interkultur Ruhr (RVR) Kreativ Kollektiv (Kit, Garance, Luciel, Colin, Jo, Isabel, Eli, Moni, Felix ) und weiteren Sweethearts.

Konzept: Eva Busch, Kathrin Ebmeier«