Montag 30.03.20, 17:11 Uhr

Radwende fordert Sofortmaßnahmen und demokratische Teilhabe


Das Bündnis Radwende fordert auch aufgrund des durch die Corona-Krise stark zunehmenden Radverkehrs Sofortmaßnahmen für die notwendige Verkehrswende und die Fortsetzung demokratischer Beteiligung auch in der Krise. Vor der Sitzung des Ratsausschusses für Infrastruktur und Mobilität am 31.3.20 weist das Bündnis Radwende noch einmal auf die Dringlichkeit des seit langem angekündigten Radverkehrskonzepts hin. Gleichzeitig kritisiert das Bündnis wie bereits einige Mitgliedsorganisationen, dass entscheidende Gremien aufgrund der Hygienevorschriften zur Pandemiebekämpfung von COVID-19 nur unter verminderter öffentliche Bürger*innenbeteiligung durchgeführt werden: „Wir wollen eine zügige Radwende, aber die demokratischen Teilhaberechte müssen auch in der Krise gewahrt bleiben – vor allem die Transparenz der Entscheidungsfindung muss gegeben sein“, so das Bündnis.

Neben dem Hinweis auf die Notwendigkeit des Radverkehrskonzepts schlägt das Bündnis Radwende dem Ausschuss noch einige Sofortmaßnahmen für die Radwende in Bochum vor. Besonders wirksam auch angesichts des zunehmenden Radverkehrs dürfte die versuchsweise Umwandlung von Fahrspuren zu Radwegen sein, wie sie die Städte Berlin und Bogota angesichts der Corona-Krise unternehmen. „Wer in der Krise und bei gefordertem hygienischen Abstand mobil sein möchte, nutzt offenbar vermehrt das Fahrrad“, stellen die Radwende-Aktivist*innen fest. „Auf den Freizeittrassen tummelt es sich. Deswegen müssen auch direkte Verkehrsverbindungen wie Ring und Radialen schnell mit Radwegen versehen werden. Das kann mit wenigen und kostengünstigen Mitteln wie Leitbaken und Hinweisschildern geschehen. Jetzt wäre die Gelegenheit dazu.“

Rat soll Radverkehrskonzept bis Ende 2020 beschließen 
Die Radwende Bochum begrüßt sehr, dass nun im Juni endlich ein Entwurf für ein Radverkehrskonzept vorliegen soll. „Für uns ist es unverständlich, wieso dieses bereits im Dezember 2017 vom Rat der Stadt beschlossene Projekt sich so stark verzögert hat. Ziel muss in unseren Augen sein, das Konzept bis Ende 2020 im Rat zu verabschieden. Wir gehen davon aus, dass zivilgesellschaftliche Akteure wie wir in den Diskussionsprozess eingebunden werden und so die Möglichkeit erhalten, ihre Vorschläge einzubringen. Wir haben als Radwende beispielsweise im Januar 10 Punkte zu Verbesserung des Radverkehrs in Bochum veröffentlicht, u. a. fordern wir darin durchgängige Radwege auf den Radialen und dem Ring bis 2025 und eine Prüfung des Vorbehaltsstraßennetztes, so dass der Anteil an Straßen mit einem Tempolimit von 30 km/h deutlich ausgeweitet wird. (Der vollständige Forderungskatalog).

Uns ist es aber wichtig, jetzt schon ein Zeichen zu setzen, dass Bochum es mit der Verkehrswende und der Förderung des Radverkehrs ernst meint. Wir haben daher den Mobilitätsauschuss dazu aufgefordert, Sofortmaßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs zu beschließen und diese im April dem Rat der Stadt zur Abstimmung vorzulegen.

Als Sofortmaßnahmen schlagen wir vor:

  • Pilotversuch zur Umwandlung von Fahrspuren auf Ring und ausgewählten Radialen wie in Berlin und Bogota während des Shutdowns
  • Beendigung des Parkens auf allen Fahrbahnen mit Tempo 50 und Umwandlung in Radwege
  • Konsequentes Vorgehen der Behörden gegen das Parken auf Fuß- und Radwegen
  • Erfassung und Beseitigung der Gefahrenstellen auf bestehenden Radwegen wie auch unklarer Beschilderungssituationen
  • Offensive für mehr Stellplätze für Fahrräder
  • Sperrung des Durchgangsverkehrs auf der Hans-Böckler-Straße
  • Visuell einsehbarer Mängelmelder mit Kennzeichnung bestehender Radwege

Kreatives Rechnen von Ausgaben für den Radverkehr
Mit großer Verwunderung haben wir erstellte Zahlen aus dem Tiefbauamt des Dezernats für Bauen, Umwelt und Mobilität zur Kenntnis genommen. Dieses hatte auf Nachfrage der Linksfraktion mitgeteilt, die Ausgaben für Radverkehr lägen bei 19,32 Euro pro Einwohner und Jahr. Diese lägen damit fast sechs Mal so hoch wie München, mit einer weit besseren Radinfrastruktur, und fast doppelt so hoch das radfreundliche Amsterdam. Zahlen zu radverkehrsanteiligen Aufwänden sind sicher immer mit Vorsicht zu genießen, da eine Berechnung recht kompliziert ist und in diesem Fall nicht unabhängig erstellt worden ist. Uns erscheinen diese Zahlen in jedem Fall zu hoch! Völlig unklar ist Radwende Bochum, was uns das Dezernat damit mitteilen will. Sollte die Aussageabsicht sein, höhere Ausgaben für Radverkehr seien nicht möglich, so bedeutet dies für uns das Akzeptieren einer dauerhaft schlechten Radinfrastruktur. Eine Lösung könnte sein, die Aufwandsberechnungen transparent zu machen und zu einem gemeinsamen Standard zu kommen.“