Donnerstag 26.03.20, 12:26 Uhr

Corona-Krise: Tauben verhungern


Der Stadttauben Bochum e.V. fordert eine kontrollierte Fütterung von Tauben und schreibt dazu: »Weil Cafés, Imbissbuden und Restaurants geschlossen sind und weniger Essensreste anfallen, finden Stadttauben in den menschenleeren Innenstädten kaum noch Nahrung. Tausenden Tieren droht, elend zu verhungern. Der Verein Stadttauben Bochum e.V. fordert, dass die Stadt Bochum eine kontrollierte Fütterung übernimmt oder zulässt. „Stadttauben sind verwilderte Haustiere, sie brauchen unseren Schutz“, erklärt Dr. Martina Nehls-Sahabandu, Mitglied im Vorstand des Bochumer Stadttauben-Vereins. Sie in Krisenzeiten verhungern zu lassen, sei ein Verstoß gegen das Tierschutzgebot. „Stadttauben sind sehr standorttreu und ernähren sich von Essensresten. Sie verlassen die Innenstädte nicht wie andere Tiere auf der Suche nach Futter. Wo sollten sie zu dieser Jahreszeit auch Getreide oder Grassamen finden?“

„Da gerade Brutsaison ist, werden auch viele Jungtiere in den Nestern sterben, wenn ihre Eltern sie nicht mehr füttern können“, warnt Leonie Weltgen, Fachreferentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Ein qualvolles Ende dürften die Städte nicht zulassen, auch wenn vielerorts Stadttauben als Problem gesehen würden. „Die Vorfahren der Stadttauben wurden einst vom Menschen gezüchtet – wir tragen also eine besondere Verantwortung für diese Tiere.“

Der Stadttauben-Verein fordert, dass die Stadt in der derzeitigen Situation für eine „kontrollierte Fütterung“ der Tiere sorgt. Kontrolliert heißt, dass die Fütterung an wechselnden Stellen erfolgt, um die Tiere nicht an einzelne Orte gewöhnen. Die Fütterung muss ausreichend und artgerecht sein und sollte aus Mais, Körnern oder Sämereien bestehen. Futterreste sollten zeitnah entfernt werden. Die Fütterung übernehmen könnten Mitarbeiter*innen des Ordnungsamts, Tierschützer*innen oder freiwillige Helfer*innen. „Wir sind gern bereit, das zu koordinieren und zu helfen“, sagt Nehls-Sahabandu. „Stadttauben gehören zum Leben in der Stadt dazu wie andere Tiere auch.“

Dass Taubenfreunde selbst zur Fütterung schreiten könnten, ist keine Lösung, denn die Stadt Bochum hat ein allgemeines Fütterungsverbot verfügt und bestraft Zuwiderhandlungen mit Ordnungsstrafen. Ausnahmen gibt es aber bei Gefahren für die Tiere: „Das Fütterungsverbot gilt nicht in langen Frost- und Schneeperioden“, heißt es in Paragraph 20 Tierhaltung der „Bochumer Sicherheitsverordnung“. Das müsse auch für die Corona-Krise gelten fordern die Tierschützer*innen.

Füttern die Bürger*innen unkontrolliert, könnte es Probleme mit zu großen Futtermengen oder ungeeignetem Futter geben, das zudem noch über Nacht liegen bleibt.

Allgemeine Fütterungsverbote seien ohne ein alternatives Futterangebot aus Tierschutzsicht generell tierschutzwidrig, sagt der Deutsche Tierschutzbund. In der aktuellen Notsituation empfiehlt er, Verstöße gegen Fütterungsverbote ausnahmsweise nicht zu verfolgen, sofern artgemäßes Futter verwendet wird. „Die Tiere vor dem drohenden Hungertod zu bewahren muss jetzt oberstes Gebot sein“, so Weltgen.

Weil die Nahrung der Stadttauben auch unter normalen Bedingungen rar und nicht artgerecht ist, drängt der Deutsche Tierschutzbund im Rahmen seiner Kampagne #RespektTaube auf ein wirksames Taubenmanagement. „Wir halten es generell für sinnvoll, ein städtisches Taubenmanagement einzurichten, mit kontrollierter Fütterung, Taubenhäuser an Brennpunkten mit Eiertausch sowie tierschutzgerechter Vergrämung, wo sie nötig ist“, erklärt Nehls-Sahabandu.

Die Tierschützer*innen des Vereins haben seit seiner Gründung 2017 schon einige Verbesserungen für Stadt und Tauben erreicht: An Brennpunkten wie Unicenter- und Uni-Parkhäusern tauschen sie regelmäßig Eier gegen Gipseier, um die Zahl der Tauben tierschutzgerecht zu reduzieren, sie begleiten Vergrämungsmaßnahmen kritisch und konstruktiv wie an der Brücke Markstraße/Unistraße und betreuen ein erstes Taubenhaus zwischen Uni und Unicenter, um dort ebenfalls die Taubenpopulation tiergerecht zu kontrollieren – mit Erlaubnis der Stadt. Der Verein finanziert das durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.«