Donnerstag 27.02.20, 16:53 Uhr

Umstrittener Billiganbieter übernimmt Flüchtlingsbetreuung in Bochum 5


Nach der Entscheidung der Stadt Bochum, die Betreuung von Geflüchteten erstmals in die Hände eines Privatunternehmens zu legen, fordert die Bochumer Linksfraktion eine Änderung der Ausschreibungsverfahren. Der Fraktionsvorsitzende der Bochumer Linken Ralf-D. Lange betont, dass politische Beschlüsse für die Vergabe an die umstrittene Firma European Homecare mitverantwortlich sind: „Das hat sich die Bochumer SPD-Grünen-Koalition selbst eingebrockt. Wer Outsourcing beschließt, muss sich nicht wundern, wenn auch solche Konzerne da ein Geschäft wittern.“ Hinzu komme, dass die Ausschreibungen handwerklich schlecht gemacht seien: „Auf dem Papier sollen nicht nur der Preis, sondern auch Qualitätskriterien eine Rolle spielen“, sagt Ralf-D. Lange. „In der Praxis hat die Verwaltung aber die Unterschiede, an denen die höhere Qualität der lokalen Sozialverbände zu messen wäre, überhaupt nicht abgefragt. Wer sich diese Mühe spart, bekommt halt einen kommerziellen Billig-Anbieter.“

Die Linksfraktion setzt sich seit Jahren gegen das Outsourcing der Unterkünfte durch Komplettvergabe ein. Stattdessen fordert sie kommunale Leitungen und eine starke Einbindung der lokalen Verbände in die Arbeit. „In jedem Fall jedoch darf keine Ausschreibung mehr stattfinden, bevor nicht eine echte Abfrage der Betreuungsqualität implementiert ist, durch welche die Unterschiede zwischen den Anbietern überhaupt erst sichtbar werden“, sagt Ralf-D. Lange. „Das Mindeste wäre, dass die Anbieter ihre Integration in den Sozialraum konkret nachweisen und zum Beispiel Gewaltschutzkonzepte mitliefern müssen.“


TAZ-Artikel zu European Homecare 


5 Gedanken zu “Umstrittener Billiganbieter übernimmt Flüchtlingsbetreuung in Bochum

  • Lila Pausebär

    Umstrittener Billiganbieter – wie süüüüüüüß.
    Auf der Internet-Site von European Homecare heißt es : „Derzeit werden Asylbewerber, Flüchtlinge und Obdachlose in rund 80 unterschiedlichsten Unterkunftseinrichtungen von European Homecare umfassend und verantwortungsvoll betreut. Hinzu kommen die mit großer Erfahrung betriebene Kinder- und Jugendbetreuung sowie zukunftsweisende EU-Projekte.“

    European Homecare wickelt für den Staat „umfassend und verantwortungsvoll“ Abschiebungen ab. Und jetzt auch Soziale Dienste mit Flüchtlingen. Da wird alles in eine Hand gelegt. Die Sozialarbeiter*in arbeitet nun unter demselben Firmenlogo den Wächter+innen und Schließer*innen zu. Halt so als „Kolleg*innen“. Das da auch keine Lücke im System existiert.
    Bismarck hat 1881 die ersten Sozialgesetze installiert, weil er davon ausging, dass man mit reiner Repression der Arbeiterschaft nicht Herr wird. Dazu bedarf es auch staatlicher Reglementierung der sozialen Absicherung.
    Hier sourcst die Stadt Zuckerbrot und Peitsche aus und legt sie in eine neoliberale Hand. Damit sie Gelder spart, Löhne andere drücken und für über die Norm schießende Schweinereien nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann. Wie das geht, hat European Homecare schon zu genüge bewiesen: https://jungle.world/artikel/2019/28/folter-im-problemzimmer

    Umstritten – pffffft!

  • alfred-jürgen wolff

    Bin vom Netzwerk für Flüchtlinge in Bo-Laer. Im Zusammenhang mit den ZUE’s in NRW ist uns die Firma EHC schon aufgefallen. Wir haben ein starkes Interesse daran, die aktuelle Ausschreibungsunterlage zu bekommen. Wir forden, die Ausschreibungsunterlagen im Sinne eines Lastenheftes auszuführen. Damit hätte man endlich mehr Transparenz hinsichtlich der Anforderungen an die Betreiber und es könnten dann ein konsequentes Controlling durchgeführt werden. Unser Eindruck ist, das dieses Controlling heute nicht flächendeckend und auch nicht konsequent als Bestandteil eines Quality Management durchgeführt wird.
    Die ZUstände in den ZUE sind verbesserungswürdig. Die aus unserer Tätigkeit als ehrenamtliche Unterstützer stammende Erfahrung sagt, dass die Leistungen des Betreibers EHC in den ZUE noch schlechter ist als in den Camps, die von qualifiziereten Betreibern (CARITAS, DIAKONIE u.a.) geleitet werden.

  • Lila Pausebär

    Qualifizierte Betreiber Caritas?
    Ich erinnere mich sehr gut, wie die Caritas ihren Wohlfahrtskonzern Anfang der 90er Jahre nach Osteuropa erweiterte in dem sie für die SPD-NRW Regierung das Abschiebeprogramm in das Romalager Shutka in die mazedonische Hauptstadt Skopje organisierte. Landesweit gab es Protest, Demos und Besetzungen gegen dieses rassistische Programm der SPD mit dem sie das Versprechen der Roma auf ein Bleiberecht brach. Und auch Aktionen gegen die Caritas. Hier in Bochum wurde das Caritas-Büro auf der Huestraße im August 1991 besetzt.
    Eine Aktion von vielen anderen, die sich u.a. gegen die Turnhallen- und Containerunterbringung, den Plastikfraß die behördliche Behandlung, die gesellschaftliche Ausgrenzung, etc.p.p. gegen die Anfang der 90er Jahre ankommende Flüchtlinge richtete und die hier in Bochum von der Roma-UnterstützerInnen-Gruppe, dem antirassistischen Plenum, der Antifa „die kleinen Strolche“, weiteren Unterstützer*innen zusammen mit unterschiedlichen Flüchtlingen unternommen wurden. Der damalige Leiter der evangelischen Stadtakademie legte selber Hand an und schmiss Matratzen aus dem Fenster als Flüchtlinge sein Haus wegen ihrer Unterbringung besetzen wollten, etc.p.p..

    Fakt ist, das diese „qualifizierten“ Betreiber, sei es AWO, Rotes Kreuz, Diakonie, Caritas, usw., ihren Konzernbetrieb aufrechterhalten in dem sie die rassistische Ausgrenzung und Selektion für diesen Staat übernehmen und den Deckmantel des Humanismus mit ihren Namen darüber legen. Sie arbeiten systemimmanent, sind Karriereleiter und Parkplatz für Parteiangehörige und Kirchenangestellte, sowie schlecht bezahlte Arbeitsplätze für verstrahlt denkenden Sozialarbeiter*innen mit kolonialistisch kontaminierten Humanismus.
    Qualifiziert, was heißt das bitte? Und Qualtiätsmanagement?
    Hier ein Loblied auf diese Organisationen und ihre Funktion für den staatlichen Rassismus zu singen, denn es gäbe ja Schlimmeres, das ist wie ein Loblied auf die SPD und die Grünen zu singen, es ginge ja noch schlimmer, dort sei die AfD. Stimmt, aber seinem eigenen Schlächter ein gutes „Qualitätsmanagement“ auszustellen? Welch eine Ideologie für Schafe.
    Es lebe der Kapitalismus? Neee, auf keinen Fall.

  • Norbert Hermann

    @ Lila Lausebär:
    Alles richtig was du sagst, Illusionen sind nicht angebracht. ABER: Schlimmer geht immer. Darum Alles ist weniger schlimm als EHC. Was bleibt uns sonst als Bescheidenheit? Seit 1991 sind wir doch ideologisch ziemlich platt und aktionsmässsig recht bürokratisch geworden. Erklarungen statt Aktionen. Und nette „kleine Orte“ schaffen für unser Wohlbefinden..

    • Lila Pausebär

      @ Norbert Hermann
      Das „Wir“ verbitte ich mir.
      Da gibt es die, die Karriere im System gemacht haben und mit rot und grünen Wimpeln winken. Die, die in der Grauzone, wie Hutzel, Bahnhof Langendreer, Mieterverein etc. ihre Karriere gemacht haben und mit roten oder grünen Wimpeln wedeln. Die die autoritäre Szenemacker spielen und die Szenen, die das toll finden. die die die Arbeit Dritter als Eigene ausgeben und an Presse und Wissenschaft verhökern. Die die unkritisch in kommunitaristischen Locations abhängen, sich ihr Bierchen mit rassistischen Alternativis teilen und sich mit Spenden an Sea watch etc. begnügen. Die, die aus Bewegungsstrukturen Arbeitsplätze für sich und ihre Homies geschaffen haben, etc.etc.etc.
      Es gibt aber noch Restposten anderer. Theoretisch wie aktionsbezogen. Und dazu zähle ich mich. Ein „Wir“ verbitte ich mir also.

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