Montag 23.12.19, 07:13 Uhr

RuhrPark in Bochum von autonomen Kleingruppen besetzt! 1


Am Morgen des 23. Dezembers haben Aktivist*innen unterschiedlicher Kleingruppen die Einfahrten zum Einkaufszentrum RuhrPark mithilfe von Sitzblockaden, Lock-Ons, Kletteraktivistis und Sperrmüll blockiert. In einer Erklärung der Gruppen heißt es: »Eingebettet ist die Aktion in die Aktionstage #KEINMACHTEN, deren Fokus in Kritik an Konsum, Kapitalismus und Kirche liegt. Die Kleingruppen haben keine einheitlichen Forderungen. Stattdessen steht eine Diversität an Meinungen und Positionen, die nebeneinander existieren und sich gegenseitig ergänzen, im Vordergrund. Mit ihrer Aktion wollen die Aktivist*innen in den alljährlichen Konsumrausch direkt eingreifen. “Die Vorweihnachtszeit ist das vielleicht prägnanteste Beispiel für unsere kapitalistische Konsumgesellschaft. Um der Geburt Christi zu gedenken, sollen Menschen kaufen. Nun wollen wir keinem Menschen den Genuss eines Glühweins oder Ähnlichem vorwerfen oder vermiesen. Der unreflektierte Kaufrausch, der in der Weihnachtszeit oft zu beobachten ist, stellt für uns allerdings einen Grund zur Intervention dar”, so die Anarchistin Emma Zipation.

Mit über 140 Geschäften und einer Verkaufsfläche von 71.500 m² zählt der Ruhrpark in Bochum zu den größten Einkaufszentren in Deutschland. Gleichzeitig ist das 1964 gegründete Shoppingparadies das zweitälteste und nimmt damit eine Vorbildfunktion für andere Einkaufszentren in Deutschland ein. Das Modell eines Einkaufszentrums, das so ausgelegt ist, dass es hauptsächlich per Auto zu erreichen ist, steht gegen die längst überfällige Entwicklung einer Verkehrswende von unten; weg vom überwiegenden Individualverkehr und hin zu alternativen, möglichst nachhaltigen Transportmitteln wie ÖPNV, Fahrrad und Fuß.

“Wir haben keinen Bock mehr auf die vermeintlich grüne Politik der Parteien, die seit Jahren nichts anderes als unsoziale Reichenpolitik betreiben. Privater Individualverkehr nur auf E ist keine Lösung; die Straßen werden nicht leerer, der Rohstoffverbrauch nicht weniger!”, erklärt Aktivistin Anna Chie der Aktionsgruppe Pott Autofrei!.

Neben Pott Autofrei! haben sich auch die queer-feministische antirassistische Gruppe f-antifa Castrop-Rauxel und ein Zusammenschluss von Menschen, der sich für Freiräume und gegen die fortschreitende Gentrifizierung einsetzt, von den Aktionstagen #KEINMACHTEN inspirieren lassen, an der Blockade des Einkaufzentrums teilzunehmen. Denn Orte wie der Ruhrpark sind auch charakteristisch für die fortschreitende Versiegelung von Freiflächen, dem damit einhergehendem Verlust an Natur und nicht-kommerziellem Raum sowie der Reproduktion kolonialer und patriarchaler Verhältnisse und cis-heteronormativen Stereotypen.

“Der Kampf um Freiräume hört nicht beim Wohnen auf, auch den öffentlichen Raum gilt es für- und miteinander zurückzuerobern. Ob Vonovia, die Stadt Bochum oder internationale Großkonzerne wie Unibal-Rodamco-Westfield – sie alle privatisieren und kommerzialisieren Raum, der eigentlich für alle da sein sollte”, findet B. Sätzer, die sich für eine Stadt für alle einsetzt.

Zivaya Ungehorsam von der f-antifa Castrop-Rauxel ergänzt: “Wenn die „Band Aid“ 2019 immer noch aus den Radios fragt, ob die Leute in Afrika(!) denn wüssten, ob Weihnachten sei, ist dies eine ungebrochene Fortschreibung kolonialistischer Christianisierungskampagnen.”

Die Aktivist*innen unterbrechen heute für einen Tag den Weihnachtstrubel, um ihre Kritik an den herrschenden Verhältnissen in den öffentlichen Raum zu tragen und möglicherweise auch andere zu einem Umdenken, ähnlichen Aktionen und einer widerständigen Alltagspraxis gegen bestehende Machtverhältnisse von Patriarchat und Kapitalismus zu inspirieren.«


Erklärung der FANTIFA Castrop-Rauxel :

Do they know it‘s christmas time at all…?“

Yes, we do! And it‘s making us sick!

Anlässlich der Aktionstage #KEINMACHTEN haben wir zusammen mit anderen Kleingruppen die Einfahrt zum Ruhrpark am 23.12. um 6:30 besetzt. Für uns als Queerfeministische Antifaschistische Aktion gibt es viele Gründe uns an diesem direkten Eingriff in den kapitalistischen Alltag zu beteiligen.

Es beginnt bei unserer feministischen Grundkritik am Christentum, aber auch die zu dieser Jahreszeit stark verstärkte Sexualisierung von Körpern in den Medien, welche konstant heteronormative Sexismen reproduziert und ein großer Treibfaktor für sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft darstellt.

Körper sind keine Ware!

Weihnachten ist 2019 in einer Weise durchkapitalisiert, dass es statt eines christlichen Festes mehr als beliebiges Ritual wahrgenommen wird. Der Tannenbaum ist einfach hübsch (und kein sterbender Baum mit Plastikmüll dran) und die Festtage ein willkommener Anlass, um den Blutsverwandten mit teuren Geschenken den eigenen Erfolg in der kapitalistischen Konkurrenz zu beweisen (auch, wenn die Geschenke auf dem Müll landen und das Weihnachtsgeld eigentlich für Zahnersatz gebraucht würde).

Als kapitalistisches Fest ist Weihnachten ein Fest des Ausschlusses auf verschiedenen Ebenen: Wie bei allem im Kapitalismus, dürfen nur die mitmachen, die es sich leisten können.

Als religiöses Fest verstärkt es unter anderem mythische Weltabgewandtheit und lädt ein die kommenden Katastrophen auf uns zukommen zu lassen und zu beten, anstatt sich ihnen aktiv entgegen zu stellen.

Wenn die Band Aid 2019 immer noch aus den Radios fragt, ob die Leute in Afrika (!) denn wüssten, ob Weihnachten sei, ist dies eine ungebrochene Fortschreibung kolonialistischer Christianisierungskampagnen. Ganz abgesehen davon, dass die Charity-Industrie mehr mit Steuersparen und Image-Polieren zu tun hat als mit Nächstenliebe.

Die sogenannten „Weihnachtstraditionen“ sind zumeist allemal nicht christlichen Ursprungs, sondern beziehen sich z.B. auf die Sonnenbewegung zum Jahresende. In ihrer spirituellen Dimension haben sie somit rein gar nichts mit patriarchal-monotheistischen Religionen wie dem Christentum zu tun. Einer Religion, die mit ihren Institutionen weltweit Frauenemanzipation bekämpft und bei der Homo- und Trans*feindlichkeit zum Markenkern gehört, eignet sich wohl kaum als Anlass für ein „Fest der Liebe“ – von ihrer allgemeinen lust- und körperfeindlichen Ideologie mal ganz zu schweigen. Mit dieser reaktionären Ideologie ist die christliche Rechte Stichwortgeber und Motor der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung.

Es ist also Zeit Weihnachten als Bündnis kapitalistischen Konsumzwangs, reaktionärer Familien-Ideologie und religiöser Propaganda abzureißen.

Gegen Religion und Patriarchat! Für Wahlverwandtschaft und Feiertage für alle!


Erklärung von Pott Autofrei:
Ob zu Fuß, Fahrrad oder Bahn, alles für Lau sonst legen wirs lahm!

Wir von Pott Autofrei haben am 23.12. um 6:30 die Einfahrt des Ruhrparks besetzt. Wir sehen uns als autonomen Zusammenschluss von Individuen und wollen die Mobilitätswende von unten im Ruhrgebiet und anderswo herbeiführen. Zusammen mit anderen Kleingruppen haben wir uns entschieden im Rahmen der Aktionstage #KEINMACHTEN entschieden die Einfahrt zum Ruhrpark zu besetzen.
Die Zustände der Verkehrspolitik sind lähmend, oft fühlen wir uns ohnmächtig im Alltag, wenn wir all den Lärm und Dreck sehen, all die Verkehrsunfälle. Das ganze “Hub-Hub” 24/7, Öffis kosten 161€ und kommen unzuverlässig, Fahrradwege sind zugeparkt oder Lebewesen werden gleich angefahren. Fürs Fahren ohne Ticket sitzen Leute im Knast!
In Zeiten der Klimakrise ist keine Zeit für Maßnahmen, die erst der Autoindustrie nicht wehtun und dann vielleicht irgendwann mal irgendwas ein bisschen verbessern.
Wir haben keinen Bock mehr auf die vermeintlich grüne Politik der Parteien, die seit Jahren nichts anderes als unsoziale Reichenpolitik betreiben. Privater Individualverkehr nur mit Elektromobilität ist keine Lösung, die Straßen werden nicht leerer, der Rohstoffverbrauch nicht weniger!
Innenstädte durch weitere Sanktions-Plaketten verriegeln, so dass nur noch Reiche mit ihren Neuwagen in die Städte dürfen: Das soll eine Lösung sein? Das ist amoralische Reichenpolitik, profit- & wachstumsorientiert. Wir haben das alles satt! Es kann nicht sein, dass die Politik nicht handelt, obwohl zahlreiche Lösungswege schon lange da sind.
Autoverkehr schlicht unaktraktiver machen. Ob Nulltarif, konsequente Fahrradstraßen, „All Green“-Kreuzungen, Seilbahnen – das alles könnten Zutaten für eine erfolgreiche Verkehrswende sein.
Selbstorganisation von unten statt politische Unterdrückung von oben! Wir wollen nicht mehr auf den Fall unseres gesellschaftlichen Systems warten, sondern jetzt und hier Alternativen aufbauen, den Wandel selbst einleiten und leben.
Kapitalismus ist kein Naturgesetz und Herrschaft auch nicht!
Die Lösung der Mobilitätswende liegt im Fahrrad, kostenlosen Gemeinschaftsverkehr und autofreien Innenstädten – für eine Verkehrswende von unten!
Also los: Let‘s take back the streets!


Ein Gedanke zu “RuhrPark in Bochum von autonomen Kleingruppen besetzt!

  • Verwirrte*r/s

    „Aktivisti Anna Chie“
    Fehlt da ein „n“ oder ist das schon wieder irgendeine neue Gender-Erfindung?

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