Dienstag 17.12.19, 17:10 Uhr

Ankerzentren – das unbekannte Elend der Flüchtlinge 1


Das Netzwerk für Flüchtlinge in Bochum-Laer hatte Dr. Marion Lillig eingeladen, um über ihre Erfahrungen mit Ankerzentren zu berichten. Anliegen des Netzwerkes war es, das Unwissen über die Ankerzentren abzubauen. Dr. Lillig war langjährige Flüchtlingsreferentin der Caritas. Das Netzwerk schreibt: »Alle Teilnehmer*innen der gut besuchten Veranstaltung waren entsetzt, wie Menschen in den Ankerzentren, die heute in NRW „Zentrale Unterbringungseinrichtungen“ (ZUE) heißen, entrechtet werden. Es scheint, dass die Zustände nicht öffentlich gemacht werden dürfen, denn fast kaum jemand kennt die Lager.

Viele der 40 ZUE liegen weit weg von den nächsten Ortschaften. Genaueste Aufenthaltskontrollen, selbst nachts in den 4-Bett-Schlafkammern, Taschenkontrollen nach „Ausgängen“, keine Möglichkeiten, sich Essen zuzubereiten, in manchen ZUE nicht mal Haken zum Aufhängen von Kleidung/Handtüchern beim Duschen, oft keine Gardinen, kaum systematischer Unterricht in der deutschen Sprache, für Kinder gilt keine Schulpflicht, wenig Spielmöglichkeiten, Arbeitsverbot für Erwachsene. So wird Integration nie gelingen. Dr. Lillig erzählte, dass selbst sie als Flüchtlingsbeauftragte nur nach einigen Erschwernissen in ein bestimmtes Lager durfte, dort aber nicht mit Flüchtlingen sprechen durfte. Die Möglichkeiten, sich vor Anhörungen Rat bei Anwält*innen oder Flüchtlingshelfer*innen zu suchen, sind fast ausgeschlossen. Sofort wird gefragt, ob der Flüchtling nicht wieder zurück in das Land will, das er gerade unter Lebensgefahr verlassen hat. Als Anreiz dient ein auch variables „Bestechungsgeld“ von ca. 1500 Euro abzüglich Flugkosten. Die Hoffnung der Flüchtlinge, in ein Land mit Willkommenskultur zu kommen, wird bitter enttäuscht. Bei vielen Deutschen herrscht eine Ablehnungs“unkultur“. Bald herrscht bei denen, die sich gerettet glaubten, nur noch Perspektivlosigkeit und Verzweiflung. Nach den schon erlittenen Traumatisierungen bei der Flucht durch Wüsten oder über das Mittelmeer erfolgen nun neue psychische Verletzungen durch die deutschen Behörden und deren oft abschreckender Flüchtlingspolitik. Das Netzwerk hat sich vorgenommen, politisch und auch auf Kirchen einzuwirken, um diese Lager in wirklich menschlicher Hinsicht zu verändern. Der Art.1. des Grundgesetzes, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, muss auch für Flüchtlinge gelten.«


Ein Gedanke zu “Ankerzentren – das unbekannte Elend der Flüchtlinge

  • Jürgen Wolff

    Bin selbst vom netzwerk für flüchtlinge in bo laer.vielen dank für die veröffentlichung dieses artikels
    Jürgen wolff

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