Donnerstag 10.10.19, 11:53 Uhr
Rahmenplan Gerthe-West und die zugesagte Bürgerbeteiligung

„Die sind ja richtig sauer!“


Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt hat für Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung einen offenen Brief zu der zum Rahmenplan Gerthe-West zugesagten Bürgerbeteiligung an die Stadt Bochum und Urban.NRW formuliert: »Ich habe als Mitglied des Netzwerks an der von Ihnen als erste Beteiligungsmöglichkeit von vielen angekündigten Ortsbegehung in Gerthe/Hiltrop am 29.08.2019 teilgenommen. NRW.URBAN wollte sich hierbei zunächst einmal über die Gegebenheiten vor Ort umfassend informieren. Dieses Ziel ist erreicht worden. Die Stimmung in Gerthe und Hiltrop haben Sie einfangen können. Die Bevölkerung hat für alle Anwesenden erkennbar ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Immer wieder war zu vernehmen: Wir können die Fragen nicht verstehen…, da schicken die Leute aus Dortmund…, die wissen ja von nichts…, der Plan ist ohnehin durch…, … mit den Worten eines URBAN.NRW-Mitarbeiters treffend zusammengefasst: Die sind ja richtig sauer!
Das kann bei Kenntnis der Vorgeschichte auch nicht überraschen. Die Bevölkerung in Gerthe und Hiltrop ist über die Aufnahme ihrer Stadtteile in das Wohnbauflächenprogramm durch die Stadtverwaltung nicht vorab informiert worden. Die eigentliche Information hat eine Initiative vor Ort geleistet. Die nun von URBAN.NRW übernommene Baugebietsentwicklung war damit von vornherein dadurch belastet, dass die Bochumer Verwaltung bei der Ausweisung von Bauflächen eine Beteiligung der Betroffenen vor Ort versäumt hat.
URBAN.NRW muss deshalb zunächst einmal Vertrauen vor Ort aufbauen. Hierzu reicht nicht, wenn Sie, Herr Große-Kreul, zu Beginn des Spaziergangs von der durch die Bochumer Verwaltung enttäuschte Bevölkerung als erstes Vertrauen für URBAN.NRW einfordern.
Die Vertrauenslage wird auch nicht besser, wenn Sie auf die Frage nach der weiteren Bürgerbeteiligung antworten, über den weiteren Ablauf des Beteiligungsverfahrens zurzeit keine Angaben machen zu können, genauere Informationen zu dem Verfahren, den Möglichkeiten der Beteiligung und den Terminen aber rechtzeitig veröffentlichen zu wollen.
Auch mit dem sich anschließenden Rundgang ist es Ihnen nicht gelungen, bereits bestehendes Misstrauen abzubauen und erstes Vertrauen der Betroffenen aufzubauen.
Erklärtes Ziel der Veranstaltung war, während eines Rundgangs durch das Plangebiet nicht nur Hinweise von den Bürgerinnen und Bürgern aufzunehmen, sondern einen intensiven Austausch mit diesen zu führen.
Das ausgewählte Format einer Ortsbegehung war von vorneherein ungeeignet, um mit den zahlreich erschienen Interessenten – Schätzungen liegen zwischen 250 bis 450 Personen – ins Gespräch zu kommen. Bereits bei der Begrüßung, aber insbesondere auch bei den verschiedenen Haltepunkten auf dem Rundgang konnte der überwiegende Teil der Teilnehmenden mangels Sprechanlage Fragen und Meinungsäußerungen nicht zur Kenntnis nehmen. Auch die von Ihnen in Kleingruppen abgegebenen Antworten und Stellungnahmen hat der Großteil der Interessierten nicht vernehmen können.
Vertrauen wird auch nicht aufgebaut, wenn sich während des Spaziergangs herausstellt, dass einzelne Mitarbeiter der Veranstalter nicht einmal von der fehlenden Beteiligung an der Aufstellung des Wohnbauflächenprogramms wissen und damit die Ursache für das Misstrauen der Bevölkerung nicht kennen.
Bei soviel zerschlagenem Porzellan erscheint dann die bis Ende September eingeräumte Möglichkeit, Anregungen zum Rahmenplan per e-mail einzureichen, für die betroffene Bevölkerung in Gerthe/Hiltrop nicht als Beteiligungsmöglichkeit, durch die Vertrauen in die Planenden geschaffen werden könnte.
Die Initiative vor Ort hat nun die weitere Bürgerbeteiligung wieder in die eigenen Hände genommen und für Freitag den 11.10.2019 um 19.00 Uhr zu ihrer mittlerweile 3. Infoveranstaltung in das KALINKA (Kath. Vereinshaus), Castroper Hellweg 415 eingeladen.Dort soll die Planung für Gerthe-West im Lichte des für Bochum ausgerufenen Klimanotstands mit Politiker*innen erörtert werden.
Bei dieser Sachlage können Sie Vertrauen vor Ort wohl nur noch gewinnen, wenn Sie die Betroffenen nun kurzfristig an der Planung des Beteiligungsprozesses unmittelbar selbst beteiligen. Schließlich sollte die Rahmenplanung Gerthe-West nach Ihrer Ankündigung als dialogorientiertes Verfahren in eine intensive Beteiligung der Öffentlichkeit eingebettet werden.
Das Netzwerk schlägt Ihnen deshalb vor, noch in diesem Jahr gemeinsam mit allen Interessierten in einem weiteren Termin vor Ort den konkreten Ablauf des weiteren Beteiligungsprozesses zu entwickeln. Wenn gewartet wird, bis die noch zu beauftragende externe Moderation – nach Angaben auf dem Rundgang Anfang 2020 – tätig werden kann, wird wohl die letzte Chance verspielt, vielleicht doch noch das Vertrauen der Betroffenen vor Ort zu gewinnen und ein Beteiligungsverfahren einzuleiten, das diese Bezeichnung auch verdient.«