Die Initiative Treffpunkt Asyl schreibt: »In der Nacht vom 27. bis 28. März 2019 haben die Mitarbeiter*innen der Bochumer Ausländerbehörde zusammen mit der Polizei den Koch der bekannten Bochumer Tapas-Bar Badalona sowie seine Frau und seine zweijährige Tochter abgeholt. Anschließend wurde die Familie gegen ihren Willen nach Bangladesch verschleppt. Die Badalona-Belegschaft protestiert mit einer großen Schaufenster-Aufschrift gegen die Deportation ihres Kochs: „Danke Bochum für die Abschiebung“. Während viele Menschen ihr Entsetzen, Unverständnis und ihre Empörung über die Abschiebung äußern, probiert Stadtsprecher Thomas Sprenger die Verantwortung der Stadt Bochum kleinzureden: Die Stadt werde zu Unrecht kritisiert, denn sie habe lediglich Amtshilfe bei der Abschiebung geleistet, erklärte er der WAZ. Die Initiative Treffpunkt Asyl widerspricht dem und stellt fest:
- Grundsätzlich gilt: Wer bei der Begehung einer unmenschlichen Tat hilft, macht sich mitschuldig. Wer Beihilfe leistet, kann sich niemals damit herausreden, dass es auch noch andere Täter*innen gegeben hat.
- Auch inhaltlich ist die Aussage falsch. Richtig ist: Es hängt immer maßgeblich vom Verhalten der Bochumer Ausländerbehörde ab, ob Bochumerinnen und Bochumer abgeschoben werden oder nicht. Es sind die lokalen Behörden, die den Prozess einer Abschiebung veranlassen und damit überhaupt erst ermöglichen. Andererseits können sie sich ebenso für Bleiberechtsmöglichkeiten jenseits des Asylrechts einsetzen. Sie haben es in der Hand, Duldungen auszusprechen bzw. zu verlängern, und Wege in andere Formen des Bleiberechts zu ebnen. Die Bochumer Behörden können also durchaus dafür sorgen, dass Menschen aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden.
- Weder der Chef der Bochumer Verwaltung, Herr Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, noch die politische Mehrheit im Rat der Stadt Bochum haben sich in der Vergangenheit auf Bundes- und Landesebene für eine Änderung oder Abschaffung jener rechtlichen Regelungen eingesetzt, mit denen die Behörden die Abschiebung nun rechtfertigen. Sie haben sich auch nicht für ein Ende der gewaltsamen Abschiebungspraxis stark gemacht. Im Gegenteil hat der Bochumer Rat vor zwei Jahren sogar eine von uns unterstützte Resolution abgelehnt, mit der sich die Stadt Bochum zumindest gegen die Abschiebung von Menschen in den Terror und Krieg nach Afghanistan aussprechen sollte. Wir finden, diesbezüglich muss man die Demokratie schon ernst nehmen: Wer sich nicht für eine menschenrechtsorientierte Änderung der rechtlichen Grundlagen einsetzt, sondern stattdessen lediglich bei der Umsetzung der hochproblematischen Gesetzeslage hilft, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, keine Schuld an den Folgen zu tragen, die sich daraus ergeben.
- Dass die Abschiebung trotz eines noch nicht entschiedenen Härtefallantrags stattfand, ist besonders erschreckend. Auch wenn ein Antrag bei der Härtefallkommission des Landes NRW nach der aktuellen Gesetzeslage nicht zwangsläufig eine aufschiebende Wirkung haben muss, ist es aus humanitären Gründen nicht nur angebracht, sondern bisher auch üblich gewesen, eine Entscheidung der Landeskommission abzuwarten. Durch die vorschnelle Abschiebung wurde der Familie die Möglichkeit genommen, sich legal um einen sicheren Aufenthalt in Bochum zu bemühen. Auch hier ist zu klären, inwiefern die Stadt Bochum die Verantwortung dafür trägt, dass eine Entscheidung der Landeskommission nicht abgewartet wurde.
Dass die Stadt Bochum versucht, ihre Verantwortung für Abschiebungen zu leugnen, ist uns altbekannt: Ähnlich irreführend äußerte sich Stadtsprecher Thomas Sprenger bereits im Mai 2018, als die Bochumer Behörden zusammen mit der Polizei gleich 19 Menschen auf einmal nachts heimsuchten, um sie gegen ihren Willen nach Albanien abtransportieren zu lassen. Der jetzt bekannt gewordene Fall steht also exemplarisch für viele Abschiebungen, die kontinuierlich stattfinden. Die meisten Fälle werden dabei nicht öffentlich.
Wir fordern die Verantwortlichen der Stadt Bochum auf, sich zukünftig für den Schutz und das Wohlergehen aller Menschen verantwortlich zu fühlen, die in unserer Stadt leben. Beugen sie sich nicht den verschärften Rufen nach Abschiebungen von rechts und rechts-außen. Helfen Sie stattdessen den Menschen, die dadurch bedroht werden! Setzen Sie sich gemeinsam mit uns auf allen politischen Ebenen für eine Rücknahme der Asylrechtsverschärfungen ein, und nutzen Sie alle rechtlichen Spielräume und Möglichkeiten, um allen Bochumerinnen und Bochumern ein Weiterleben in unserer Stadt zu ermöglichen.«