Die Soziale Liste im Bochumer Rat kritisiert, dass eine 1935 von den Nazis eingeführte Bezeichnung immer noch gebräuchlich ist: »Vielerorts, auch in Bochum, taucht in der Öffentlichkeit die Bezeichnung „Ratsherr“ für kommunale Vertreter auf. „Dabei“, so Günter Gleising, Ratssprecher der Sozialen Liste,“ ist eigentlich die Zeit des Obrigkeitsstaates und der „Herrengesellschaften“ mit der Novemberrevolution 1918 beendet worden.“ Erstmals wurden im März 1919 mit einem allgemeinen und gleichen Wahlrecht die Vertreter in die Stadtverordnetenversammlungen gewählt und nicht nur Vertreter, sondern auch Vertreterinnen.
14 Jahre später beendeten die Nazis die kommunale Eigenverwaltung und politische Interessenvertretung. Oberbürgermeister Dr. Ruer wurde ebenso aus dem Amt vertrieben wie die sozialdemokratischen, kommunistischen und einige andere Stadtverordnete. Fortan gab es keine Wahlen mehr. In der deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurden die Dominanz von Staat und NSDAP festgeschrieben, wörtlich: „Die Deutsche Gemeindeordnung ist ein Grundgesetz des nationalsozialistischen Staates“. In § 48 (2) wurde bestimmt: „In Städten führen die Gemeinderäte die Amtsbezeichnung Ratsherr“. Wobei dies wörtlich zu nehmen ist, denn Frauen gab es dort nicht mehr. Ebenso waren auch die Wahlen abgeschafft, die „Ratsherren“ wurden ernannt und mussten sich im Sinne der Nazis betätigen.
Nach der Befreiung von Faschismus und Krieg fanden 1946 wieder kommunale Wahlen in NRW und Bochum statt. In der Gemeindeordnung von NRW ist die Bezeichnung „Ratsmitglied“ im § 42 festgelegt. Vor diesem Hintergrund ist es für die Soziale Liste im Rat völlig unverständlich, warum immer wieder der „Ratsherr“ in Reden und Artikeln vorkommt. „Die „Herrenzeiten“ sollten endgültig vorbei sein. Sie passen weder zu demokratischen Strukturen noch zur Gleichberechtigung“, sagt Günter Gleising.«
Mittwoch 24.10.18, 14:10 Uhr