Montag 24.09.18, 16:00 Uhr

GEW für bundeswehrfreie Schulen


Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bochum  wendet sich entschieden gegen den zunehmenden Einfluss der Bundeswehr auf die inhaltliche Gestaltung des Unterrichts und den vermehrt stattfindenden Besuch der Bundeswehr an Schulen. Ein solcher ist für den 26. September in der Realschule Höntrop geplant. „Diese Besuche haben offensichtlich den Zweck,  für den Dienst bei der Bundeswehr zu werben“, so GEW-Vorstandsmitglied Jochen Bauer. „Die Bundeswehr ist allerdings kein normaler Arbeitgeber. Die Bundeswehr ist in internationale Kriegseinsätze verwickelt. Es geht um das Töten oder getötet werden“, so Bauer weiter. „Das Thema „Bundeswehr“ soll nicht tabuisiert, sondern im Unterricht behandelt werden“, erklärt Bauer, „doch muss die inhaltliche Ausgestaltung den Lehrkräften vorbehalten sein.“ Da die Zahl minderjähriger Soldaten in der Bundeswehr ständig wächst, empfiehlt die GEW Bochum den Bochumer Schulen, dem Beispiel der Willy-Brandt-Gesamtschule zu folgen und sich zu bundeswehrfreien Schulen zu erklären. Der Besuch der Bundeswehr an Schulen zu Werbezwecken ist dann nicht mehr möglich.

In einem Brief an die Realschule Höntrop schreiben die GEW Bochum und das Friedensplenum gemeinsam:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es geht uns, dem Bochumer Friedensplenum und der GEW Bochum, um die Berufsinformationsmesse in der 8. – 10. Jahrgangsstufe ihrer Schule am 26. September.
Nach unseren Informationen hat Ihre Schule sogenannte Karriereberater der Bundeswehr eingeladen. So begrüßenswert eine frühzeitige Information über verschiedene Berufe auch ist, halten wir eine Einladung an die Bundeswehr in eine Schule jedoch für sehr bedenklich.
Der Beruf des Soldaten ist kein Beruf wie jeder andere. Es geht um einen Beruf, in dem man bereit sein muss zu töten und zu sterben, einen Beruf, bei dem man zumindest seine physische und psychische Gesundheit riskiert. Es ist ein Beruf, bei dem man bereit sein muss, auf Gewalt zu setzen, um politische oder gesellschaftliche Konflikte zu lösen. Ist das wirklich das, was sie sich für Ihre Schülerinnen und Schüler wünschen können?
Die Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren weit von ihrem ursprünglichen Auftrag zur Landesverteidigung entfernt. Heute ist sie an 15 Militäreinsätzen in aller Welt beteiligt. Die Erfahrung lehrt, dass damit keine politischen und gesellschaftlichen Probleme gelöst, sie im Gegenteil oft sogar noch verschärft werden. Auch aus diesem Grund werden sie sehr kontrovers diskutiert und vom größten Teil der Bevölkerung abgelehnt.
Um Sympathie und Unterstützung für militärisches Denken zu finden und die Nachwuchswerbung voranzubringen, betreibt die Bundeswehr eine intensive, viele Millionen teure Werbung in allen Medien.
Für den Einsatz in Schulen werden Soldaten speziell geschult, um Kinder und Jugendliche zu erreichen. Gerade sehr junge Schülerinnen und Schülern sind oft leicht zu beeindrucken
– vom coolen Auftreten der jungen Offiziere;
– vom Eindruck, dass Soldat zu sein mit Abenteuer, sportlichen Herausforderungen und Beherrschung von gewaltiger Technik zu tun hat;
– von einfach erscheinenden Lösungen für weltpolitische Probleme. Das geht im Spiel „Pol&is“, das die Bundeswehr für solche Schulbesuche hat entwickeln lassen, so weit, dass der Einsatz von Atomwaffen eine (spielerische) Option wird.
Die einseitige Werbung durch die Bundeswehr liegt nicht im Interesse der Kinder und Jugendlichen. Sie widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention. Der „UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes“ empfiehlt der Bundesregierung u.a. „alle Formen von Werbekampagnen für die deutschen Streitkräfte, die auf Kinder abzielen“, zu verbieten. Kinder sind in diesem Zusammen- hang alle unter 18-jährigen.
Wir meinen, die politische Bildung von Schülerinnen und Schülern muss in der Hand der dafür ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer bleiben und darf nicht dem interessengeleiteten Einfluss von außerhalb geöffnet werden.
„Kinder im Visier“ ist eine Broschüre, die terre des hommes und GEW zu diesem Thema herausgegeben haben. Wir würden sie gern den Lehrerinnen und Lehrern Ihrer Schule in die Hand geben, damit die Problematik von Bundeswehrbesuchen in Schulen deutlich wird, am liebsten vor dem 26. September. Wann wäre das möglich? In einer großen Pause?
Mit freundlichen Grüßen
Der Stadtverband der GEW Bochum
Das Friedensplenum Bochum