Donnerstag 12.04.18, 14:06 Uhr

Die Psychoanalyse des Antisemitismus


Am Dienstag, dem 17. April lädt das Antifa-Café im Sozialen Zentrum um 19 Uhr zu einem Vortrag mit Dr. Felix Riedel ein zum Thema „Die Psychoanalyse des Antisemitismus“: »Der Antisemitismus war lange ein Rätsel: Als hartnäckigstes Ressentiment konnte er gesellschaftlichen Wandel durch Jahrtausende hindurch überdauern. Er reicherte sich früh mit Bildern an, die stabile Angebote an unterschiedlichste Gesellschaften leistete. Warum wurden aus Juden sowohl in der christlichen als auch in der islamischen Welt in Bildsprache und Texten „Schweine“, also ausgerechnet jene Tiere, die die nach jüdischen Speisegeboten nicht gegessen werden durften? Warum wurde ihnen unterstellt, Blut zu trinken und zu essen – etwas, das sie sich selbst verboten hatten? Und warum wurde ausgerechnet einer Minderheit, die durch Jahrtausende hindurch mörderisch verfolgt wurde, unterstellt, heimlich die Welt zu beherrschen?

Das Gefühlsleben des Antisemitismus wurde lange als Reaktion auf die Besonderheiten des jüdischen Glaubens heraus erklärt. Erst die Psychoanalyse erlaubte eine differenzierte Bestimmung der beteiligten Faktoren. Der Antisemitismus setzt wie andere Propaganda auf Elternbilder aus der frühen Kindheit. Er eignet sich daher ideal als Matrize für infantile Wahrnehmungen des Weltgeschehens – und wird daher verstärkt durch eine gesellschaftliche Ordnung, die in infantile Positionen drängt. Adorno/Horkheimer gehen daher in ihren „Elementen des Antisemitismus“ bis zur evolutionsgeschichtlichen Entstehung von zentralen Mustern von Wahrnehmung und Gefühlen zurück: Die pathische Projektion, die Mimesis und die Idiosynkrasie. Die Gesamtkonstellation des Antisemitismus kann mit Grunberger/Dessuant als narzisstische Inszenierung von Abwehr, Schuld und Sadismus verstanden werden.

Dr. Felix Riedel, Ethnologe, freischaffender politischer Bildungsarbeiter aus Marburg, erklärt diese Begriffe und führt in die Geschichte des Antisemitismus ein.«