Donnerstag 27.10.16, 15:20 Uhr

Wir haben gedacht, wir könnten
uns auf Ihr Wort verlassen


Vor der heutigen Ratssitzung verteilen Flüchtlinge am Eingang des Ratssaals folgenden offenen Brief an die Ratsmitglieder: »Sehr geehrte Ratsmitglieder der Stadt Bochum, in Ihrer Ratssitzung im September haben Sie in einem Dringlichkeitsantrag beschlossen, dass Sie eine „rückwirkende Wohnsitzauflage“ für anerkannte Flüchtlinge in Bochum ablehnen.
Mit Bestürzung haben wir erfahren, dass die Wohnsitzauflage nun doch auch auf diejenigen von uns angewendet werden soll, die vor Inkrafttreten des Integrationsgesetzes in Übereinstimmung mit allen geltenden Gesetzen und Regelungen nach Bochum gezogen sind. Trotz Ihres Beschlusses sollen wir nun einzeln Härtefallanträge bei der Ausländerbehörde Bochum stellen, die auch abgelehnt werden könnten. Wenn wir Bochum verlassen müssen, verlieren wir alles, was wir uns hier unter großen Mühen und viel Zeitaufwand aufgebaut haben.

Wir sind enttäuscht. Wir haben gedacht, wir könnten uns auf Ihr Wort verlassen. Wir werden vor den Kopf gestoßen und haben das Gefühl, dass Sie mit unserer Zukunft spielen.

Wir fordern Sie hiermit auf, sich an Ihr Versprechen zu halten: Sorgen Sie dafür, dass alle Menschen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes am 6. August nach Bochum gekommen sind, sofort und bindend als Härtefälle gelten! Sorgen Sie dafür, dass die Verwaltung entsprechende Bescheide an uns verschickt.

Wir verharren seit Monaten in Ungewissheit vor der Zukunft. Dabei wollen wir nach Flucht und langer Wartezeit endlich Sicherheit. Wir sind dabei, uns ein neues Leben aufzubauen und müssen jetzt weiter Angst haben, erneut vertrieben zu werden. Beenden Sie diesen Schwebezustand und stellen Sie sicher, dass wir bleiben dürfen!

Wir fordern Sie außerdem dazu auf: Tun Sie alles in ihrer Macht stehende dafür, dass die Landesregierung unsere Freizügigkeit nicht auch noch innerhalb von Nordrhein-Westfalen einschränkt. Es liegt in Ihrer Verantwortung zu verhindern, dass Ihre Parteien durch eine solche Verordnung unsere Rechte noch weiter einschränken und gesellschaftliche Integration verhindern!«