Dienstag 28.06.16, 15:19 Uhr

Strafanzeige gegen Erdogan
u.a. wegen Kriegsverbrechen


Die Medizinische Flüchtlingshilfe und der Flüchtlingsrat NRW gehören zu einer Reihe von Organisationen und Persönlichkeiten, die wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Strafanzeige gegen den türkischen Staatspräsidenten Erdogan gestellt haben. Federführend bei der Anzeigenerstattung war der MAF-DAD – Verein für Demokratie und internationales Recht, dessen Vorsitzende die Bochumer Rechtsanwältin Heike Geisweid ist. Angezeigt wurden bei der Generalbundesanwaltschaft auch mehrere türkische Minister, Verantwortliche aus Militär und Polizei sowie die zuständigen Gouverneure wegen in den kurdischen Gebieten begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch (VStGB). Die AnzeigenerstatterInnen halten es für eine „ethische Verpflichtung die systematischen Kriegsverbrechen in der Türkei hier in der Bundesrepublik zur Anzeige zu bringen, wie es gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch möglich ist, dem das Weltrechtsprinzip zu Grunde liegt“. Zweck dieses Prinzips ist die Straflosigkeit von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern, unabhängig davon, wo der Tatort liegt.
Im Mittelpunkt der rund 200 seitigen Anzeige stehen Verbrechen in den kurdischen Provinzen im Südosten der Türkei, schwerpunktmäßig der Stadt Cizre (Provinz Sirnak). Vom 04. bis zum 11. September 2015 wurden während eines Ausnahmezustands 21 Zivilist_innen getötet. Viele Opfer wurden im direkten Umfeld ihres Hauses bzw. auf ihrem eigenen Grundstück durch Sicherheitskräfte erschossen. Es handelt sich um Fälle die insbesondere durch Zeugenaussagen gut dokumentiert sind. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Tod von mindestens 178 Menschen (die meisten Zivilist_innen, einige Mitglieder einer zivilen Selbstverteidigungseinheit), die während einer weiteren Ausgangssperre in Cizre in 3 Kellerräumen Schutz vor den Angriffen des türkischen Militärs mit Artillerie, Panzern und weiteren schweren Waffen Schutz gesucht hatten. Sie teilten ihre Lage, dass die Keller weiter angegriffen werden und viele Menschen dringend ärztliche Hilfe benötigen sowie einen großen Teil ihrer Namen per Telefon Abgeordneten, Presse und Amnesty International mit. Amnesty International startete daraufhin eine Urgent Action. Dennoch wurden keine Krankenwagen durchgelassen, der Kontakt zu den Personen brach ab und aus den Kellern wurden bisher 178 größtenteils verbrannte Leichen, geborgen. Aufgrund der in Anzeige dargestellten Zeugenaussagen und sonstigen Beweise besteht der Verdacht, dass Sicherheitskräfte teilweise Benzin in die Keller gegossen und diese dann in Brand gesetzt haben bzw. die Menschen zuerst mit schweren Waffen getötet und die Leichen anschließend verbrannt haben.
Die Strafanzeige