Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Augenzeuge berichtete nach einem Bombenangriff:
“Haushoch ist alles aufeinandergetürmt. Ein Bombentrichter neben dem anderen. Rechts und links neben dem Bahngelände steht kein Haus mehr. Alles brennt, ist zerfetzt und vernichtet. Tote Menschen liegen auf der Straße, zum Teil grässlich verstümmelt. Verzweifelte Menschen, verdreckt und verstaubt, einzelne mit schrecklichen Wunden irren umher, werden fortgetragen oder suchen noch zu retten.”
Ein Bericht aus Aleppo, aus Kobane, aus Donezk? Nein! Das berichtete im Februar 1945 ein Augenzeuge nach einem Bomben-Angriff auf die Ruhrgebietsstadt Hagen.
Ende März 1945, kurz vor Kriegsende, fallen in einer einzigen Bombennacht tausende Spreng- und Brandbomben auf die Wittener Innenstadt. 80 Prozent der Innenstadt sind zerstört oder schwer beschädigt.1945, an nur wenigen Märztagen, zerstörten 3.000 Sprengbomben und 6.000 Brandbomben die Bochumer Stadtteile Langendreer und Werne. Zum Kriegsende lagen die meisten Städte Westfalens in Trümmern. Sie ähnelten mehr antiken Ruinenstätten als Gemeinwesen, schreibt ein Chronist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Ostermarsch hält die Erinnerung wach über Opfer, Ursachen und Wurzeln von Krieg und Faschismus. Die Tradition des Ostermarsches erinnert an unsere Verantwortung, alles für den Frieden zu tun.
Was unsere Mütter, Väter, Großeltern vor 61 Jahren hier erlebten, erleben heute tagtäglich die Menschen in Aleppo, Irak, Kobane, in den Flüchtlingslagern in Syrien, Cizre, Gaza-Stadt, Donezk. Tagtäglich erreichen uns die Nachrichten von Krieg und Bürgerkriegen: Syrien, Irak, Sudan, Somalia, Libyen, Mali, Jemen, Gaza, Ukraine oder Afghanistan. Wir sehen die Bilder über brennende Städte, Tode, Verletzte, Vertriebene, Massaker, Menschen die verhungern. Dort wird heute Krieg geführt gegen Kinder, Frauen, Männer, Dörfer und Städte.
Nirgendwo haben Kriegseinsätze zu Frieden, Demokratie, Stabilität geführt, sondern nur soziale Verwüstungen angerichtet und Not und Elend verschärft. Kein Terroranschlag wurde durch Kriegseinsätze verhindert. Eher ist das Gegenteil geschehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Aufrüstung und Krieg werden wieder stärker zum Mittel der Politik. Auch in unserem Land wird die Bundeswehr seit Jahren für internationale Kriegsführungsfähigkeit und für weltweite militärische Intervention umgerüstet. Zahlreiche deutsche Politiker und Militärs träumen bereits wieder von einer deutschen Großmachtrolle in der Welt.
Wir sollen in der Welt „Verantwortung“ übernehmen, auch mit militärischer Gewalt. In vielen Ländern sind deutsche Soldaten bereits im Kriegseinsatz: Afghanistan, Mali, Syrien, Irak, Arabische Emirate, Kosovo, Somalia, Libanon, Westsahara, um nur einige zu nennen. Und die Liste wird immer länger.
Dies geschieht gegen den Willen der eigenen Bevölkerung. Eine überwältigende Mehrheit von 75 % lehnt deutsche Kriegseinsätze ab. Das ist gut so. Eine eindeutige Mehrheit, die sagt: Wir brauchen keine „Auslandseinsätze“. Eine klare Mehrheit, die sagt: Wir brauchen keine milliardenschweren Rüstungsgüter wie Eurofighter, Atombomber, Drohnen, Kampfhubschrauber, Marschflugkörper, Laser- und Streubomben. Im Sozialbereich wird gekürzt, die Militärausgaben werden drastisch erhöht.
Und gleichzeitig boomt das Geschäft mit dem Tod, auch und gerade in unserem Land. Deutschland exportiert immer mehr Waffen. Trotz anhaltender Kritik steigen deutsche Rüstungsexporte. Die deutsche Rüstungsindustrie ist direkt an allen Kriegen der Welt beteiligt. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Rüstungsexporteur. Beim Handel mit Kleinwaffen steht Deutschland an zweiter Stelle.
Weltweit geliefert werden U-Boote, Kriegsschiffe, Kampfjets und Militärhubschrauber, Panzer, Raketenwerfer, Sturmgewehre und Maschinenpistolen, Lizenzen zur Waffenproduktion und ganze Rüstungsfabriken –
“Deutsche Waffen, deutsches Geld – morden mit in aller Welt…! ” eine erschreckende Wahrheit.
Fast ausnahmslos alle Waffen mit denen ISIS kämpft kommen aus den USA, Russland und Deutschland. Jede Minute stirbt auf der Welt ein Mensch durch Waffengewalt. 80 Prozent der Toten sind zivile Opfer. Besonders skandalös der Export von Kleinwaffen. Dadurch werden weltweit die meisten Menschen in Bürgerkriegen getötet. Gerade Kindersoldaten werden zum Einsatz an Kleinwaffen gezwungen. Es heißt, dass alle 14 Minuten ein Mensch durch Kugeln aus dem Lauf von Heckler-&-Koch-Waffen getötet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Rüstungsindustrie ist kein normaler Industriezweig. Waffenverkäufe sind Exporte, an denen immer Blut klebt. Behauptet wird, Rüstungsexporte sicherten Beschäftigung und unseren Wohlstand! Darum sei das Geschäft mit dem Tod unverzichtbar. Eine perverse, kranke Logik.
Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Rüstungsexporte entsprechen gerade 1 % der gesamten deutschen Exporte. Rüstungsexporte sind nur für deutsche Unternehmen äußerst profitabel, Arbeitsplätze werden dadurch kaum gesichert. Von 30 Mio. Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft sind 80.000 Arbeitsplätze von der Rüstungsproduktion abhängig. Hier muss die Diskussion verstärkt werden, dass auch diese 80.000 Menschen im zivilen Bereich Arbeit finden. Beispiele dafür gibt es genug.
An der Kriegsbeteiligung der deutschen Rüstungsindustrie liegt eine der Ursachen für Kriege und Bürgerkriege und den Fluchtursachen.
Als Gewerkschafter haben wir uns immer als Teil der Friedensbewegung verstanden. Darum sagen wir auch ohne wenn und aber:
Wir brauchen die Beendigung der Rüstungsproduktion
Wir müssen Rüstungsexporte sofort stoppen
Wir brauchen die Umstellung auf zivile Produktion
Statt den Tod zu exportieren, muss Deutschland mithelfen, dass die Menschen in den Kriegsregionen ein lebenswertes und sicheres Leben gestalten können.
Weltweit sind heute mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor Kriegen und Bürgerkriegen. Sie fliehen wegen ihrer politischen Anschauungen, ihres Glaubens, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung. Sie fliehen vor Armut, Hunger und Krankheit. Sie fliehen vor deutschen Waffen von Rheinmetall, Kraus-Maffei, Heckler & Koch…
Der DGB hat dazu eine klare Position:
“Die Würde jedes Menschen ist und bleibt unantastbar. Diejenigen, die vor Terrorismus und Krieg nach Europa fliehen, haben ein Recht auf Asyl. Die Flüchtlinge brauchen eine menschenwürdige Aufnahme und Perspektiven auf soziale und wirtschaftliche Integration in Europa. Europa darf nicht seine eigenen Werte verraten! Ohne Rückbesinnung auf diese Werte und die Stärken eines solidarischen Europas droht der soziale Frieden in Europa zu zerbröckeln.”
Es ist beschämend, wie Menschen, die vor Krieg und Tod fliehen, in vielen EU-Staaten mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit begegnet wird. Täglich gibt es Brandanschläge und Angriffe auf Asylunterkünfte, auf Asylbewerber, aber auch auf Menschen, die sich für einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen engagieren. Es ist unerträglich, wenn Hass-Politiker auf Frauen und Kinder schießen lassen wollen. Hier wird der Boden für weitere schlimme Angriffe bereitet. Hier müssen wir gemeinsam Widerstand leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Asylrecht ist ein Menschenrecht. Daran darf nicht gerüttelt werden. Auch dafür wollen wir Gewerkschafter und Friedensfreunde Zeichen setzen. Darum sind wir hier. Darum gehört unsere uneingeschränkte Solidarität den Flüchtlingen, die am Bochumer Rathaus auf ihre unwürdige und unmenschliche Lage aufmerksam machen.
Unsere eigene Geschichte verpflichtet uns zu entschiedenem Widerstand gegen Krieg, gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.
Wir wollen und müssen gemeinsam Zeichen setzen:
Mittel für Rüstungsaufgaben müssen für soziale, ökologische, bildungs- und gesundheitspolitische Aufgaben verwendet werden.
Die Bundeswehr hat an unseren Schulen, Universitäten und Ausbildungsmessen nichts verloren. Wir brauchen sie dort nicht.
Wir zeigen unsere Solidarität mit den Flüchtlingen und fordern eine soziale Asylpolitik.
Lasst uns dafür gemeinsam in breiten Bündnissen eintreten. Gerade in dieser Zeit braucht es noch mehr Menschen, die gemeinsam für eine friedlichere, humanere, gerechtere Welt eintreten. Lasst uns noch lauter Nein sagen zu Krieg und Faschismus.