Mehr als 70 Besucher fanden am vergangenen Samstagabend den Weg ins ver.di-Haus in Bochum. Eingeladen hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gemeinsam mit der „Hellas Solidarität Bochum“. Besonderer Anlass für die Veranstaltung war der Start einer Solidaritätskampagne des DGB-NRW, die in den nächsten Wochen 50.000 Euro für eine Athener Solidaritätsklinik sammeln will, um eine Laboreinrichtung zu finanzieren und damit einen konkreten Beitrag zur medizinischen Versorgung eines immer größer werdenden Teils von Menschen zu leisten, die nicht mehr über die staatliche Gesundheitspolitik abgesichert sind. Die ehrenamtlich engagierten MedizinerInnen und Aktiven kümmern sich in den vergangenen Jahren um zehntausende Griechen und Flüchtlinge, die die Angebote der Klinik nutzten und die mit Unterstützung der Laboreinrichtung künftig gezielter behandelt werden können.
Mehrere Hundert Euro kamen an diesem Abend zusammen. Dabei war es nicht nur das Ergebnis der Sammlung, dass den Initiatoren Freude bereitete. Im Mittelpunkt standen Informationen und Diskussion über die aktuelle Entwicklung und die Ergebnisse der bisherigen Versuche Griechenland durch so genannte Kürzungsauflagen aus der desolaten Lage zu befreien. Anstatt Lösungen zu finden, würde, so u.a. Giorgos Chondros von der regierenden Syriza-Partei, das Land und die Menschen in eine humanitäre Katastrophe getrieben. Hunderttausende ohne ausreichende gesundheitliche Versorgung, Einbruch der Wirtschaftsleistung um 25 Prozent und eine Jugendarbeitslosigkeit, die rund die Hälfte der jungen Menschen trifft, ständen als Ergebnis der bisherigen Politik der EU. Die aktuelle Situation durch die Flüchtlinge verschärft die Lage zusätzlich. Eindrucksvoll schilderte der Journalist Vasillis Aswestopoulos, der über Skype direkt aus Athen zuschaltet war, die Lage: „Es ist beeindruckend, was die griechischen Menschen im Moment leisten. Sie retten, helfen und unterstützen die Geflüchteten, während die europäische Politik in großem Maße versagt und keinen überzeugenden Beitrag zur Lösung beiträgt. Das ist dramatisch.“ Prof. Dr. Jürgen Link beschreibt aus seinen Erfahrungen diese unverantwortliche Politik und nimmt dabei auch die Medien ins Visier. So hätte er in einem umfangreichen Interview mit „Zeit-online“ auf die dramatischen Zustände in Griechenland hingewiesen. Dies sei aber offenkundig nicht mit der aktuellen medialen Berichterstattung vereinbar und somit auch nicht veröffentlicht worden. Der Initiator eines Appells von Intellektuellen zur Solidarität mit Griechenland zeigte sich tief enttäuscht und forderte dazu auf die Debatte immer wieder neu zu entfachen, um Perspektiven für das griechische Volk und eine Neuausrichtung der europäischen Politik einzufordern. DGB Regionsgeschäftsführer Jochen Marquardt forderte, endlich die Vorschläge des DGB aufzugreifen und einen europäischen Marshallplan zu schaffen, der ein Ende der Austeritäts- und Kürzungspolitik einleiten und Wege in ein soziales, gerechtes und demokratisches Europa schaffen könne. Die vielschichtige und intensive Diskussion, die von Celine Spieker moderiert wurde, dauerte rund drei Stunden und die Anwesenden waren sich einig, dass die europäische Politik, aber vor allem die deutsche Politik dringend verändert werden muss.
Dienstag 08.03.16, 10:00 Uhr