Montag 26.10.15, 14:42 Uhr
Beim Bochumer Konzerthaus läuft alles wie erwartet

Der Bau wird teurer und später fertig


Die Eröffnung des Bochumer Konzerthauses (Ruhr-Symphonie) verschiebt sich wegen großer Probleme um mindestens ein weiteres Vierteljahr – Baufirmen haben bereits im September die Arbeit eingestellt. Die vom Land NRW und der EU zugesagten Fördergelder in Höhe von 16,53 Millionen Euro sind ernsthaft in Gefahr. Die Linkspartei wirft der Stadtverwaltung inakzeptable Geheimniskrämerei vor und schreibt: »Durch einen Verfahrenstrick hat Stadtdirektor Michael Townsend dafür gesorgt, dass die Mitglieder des Rats über diese Fakten bis zum heutigen Tag nicht öffentlich sprechen durften. Die Linksfraktion im Bochumer Rat kritisiert Townsend scharf und fordert eine neue Kultur der Transparenz und Offenheit von der Bochumer Verwaltungsspitze.
Über die erneuten schlechten Nachrichten hat Stadtdirektor Townsend den Bochumer Rat am vergangenen Donnerstag informiert – allerdings in nicht-öffentlicher Sitzung. Daher war es den Ratsmitgliedern untersagt, darüber zu sprechen. Diese Situation änderte sich erst durch einen Zeitungsbericht am heutigen Montag, der die Fakten veröffentlichte.
„Stadtdirektor Michael Townsend sorgt mit seiner unwürdigen Geheimniskrämerei dafür, dass die Presse auf Whistleblower und Indiskretionen angewiesen ist, um ihre Arbeit zu machen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Der Linken Ralf-D. Lange. „Durch den Maulkorb hat Herr Townsend auch die Arbeit der Ratsfraktionen behindert. Selbstverständlich hätte er über die Probleme im öffentlichen Teil der Sitzung berichten können. Lediglich die Namen der betroffenen Unternehmen hätten nichtöffentlich nachgetragen werden müssen. Oberbürgermeister Thomas Eiskirch ist als Chef der Verwaltung in der Verantwortung: So etwas darf sich nie mehr wiederholen!“
Mit den neuen Enthüllungen bestätigen sich erneut die Befürchtungen der Linksfraktion. Bereits im Juni hatte Stadtdirektor Townsend vom Rat beschließen lassen, dass für das Musikzentrum ein Mehrbedarf von fast zwei Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt zusätzlich zur Verfügung gestellt wird.
Die ursprüngliche Frist zur Fertigstellung des Musikzentrums läuft Ende dieser Woche ab. Wegen Bauverzögerungen hat die Stadt bei den Geldgebern eine Verlängerung bis Ende des Jahres gewährt bekommen . „Jetzt muss die Stadt erneut um eine Fristverlängerung betteln, wenn sie nicht auf den Kosten sitzen bleiben will“, so Ralf-D. Lange weiter. „Es ist völlig unklar, ob die EU und das Land erneut Gnade vor Recht ergehen lassen werden. Und selbst, wenn das der Fall ist: Die zusätzlichen Kosten durch das Konzerthaus werden die Stadt Bochum auf Jahrzehnte hinweg belasten. Gleichzeitig wird im sozialen Bereich und bei der öffentlichen Daseinsvorsorge weiter gekürzt. Das zeigt deutlich die soziale Schieflage in unserer Stadt.“«

Die Soziale Liste schreibt zur aktuellen Entwicklung beim Konzerthaus: »Erneut musste die Stadt Bochum mitteilen, dass der Fertigstellungstermin für das Musikzentrum nicht eingehalten werden kann. Jetzt gab Oberstadtdirektor Townsend den „Sommer 2016“ als Eröffnungstermin an. Für Angaben zum Thema höhere Kosten ist für Townsend jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Die Soziale Liste Bochum kritisiert diese Salamitaktik in der Informationspolitik als unakzeptabel. Es wird immer nur so viel mitgeteilt, was absolut unvermeidlich ist. Die Soziale Liste stellt erneut fest, Baukosten und Folgekosten für das Bochumer Musikzentrum sind ebenso unrealistisch berechnet wie die verkündeten Fertigstellungstermine“.
Über die Gründe der Terminverschiebungen und Mehraufwendungen gibt der „Sachstandsbericht Musikzentrum 1. Halbjahr 2015“ Auskunft, der mehreren Ratsausschüssen bereits im September vorgelegt wurde. Dort heißt es „Größte Herausforderung bleibt die Koordination des Baugeschehens auf der Baustelle“. Es werden Vergabeunterlagen und planerische Angaben den Firmen zu spät übergeben. Die Bauüberwachung ist unzureichend und Bautätigkeiten wurden „unzureichend oder gar nicht koordiniert“. Vielfach treten Kostenüberschreitungen bei den einzelnen Gewerken auf, werden Nachträge notwendig. Aus der Vorlage geht außerdem hervor, dass es ganz offensichtlich Abstimmungs- und Koordinationsprobleme zwischen Bauherrn, Generalplaner, Architekten und Fachingenieuren gibt. Die Schwierigkeiten haben dazu geführt, dass mehrfach Firmen ihre Arbeit auf der Baustelle eingestellt bzw. diese verlassen haben. Wörtlich steht in der Vorlage: „Außerdem wurde durch die Bauüberwachung beim direkten Umgang mit den Firmen nicht immer der zu erwartende Umgangston getroffen“. (Seite 14 der Vorlage)
Der „eng getaktete Terminplan mit geringen Pufferzeiten“ für den Bau des Musikzentrums ist die Ursache für ein hohes, steigendes Kosten- und Terminrisiko. Günter Gleising, Ratssprecher der Sozialen Liste: „Vor dem Hintergrund dieser Informationen sind weiterhin höhere Kosten von mehreren Millionen € zu erwarten. Auch der jetzt genannte Fertigstellungstermin wird nicht zu halten sein. Die Salamitaktik wird weiter gehen“.«