Nicht gehaltene Rede am 3. 5. 2014 auf dem Husemannplatz gegen den Auftritt von Pro NRW
Sonntag 04.05.14, 07:04 Uhr

Sebastian Hammer


Wir stehen heute hier nicht zum ersten Mal. Mal wieder hat sich die selbsternannte Bürgerbewegung ProNRW auf den Weg nach Bochum gemacht um ihre rassistische Hetze zu propagieren.
Aber der antifaschistische Widerstand in Bochum hat Tradition. Und das ist richtig so!
Und ich kann von dieser Stelle aus versprechen, immer wenn ein Naziaufmarsch in Bochum stattfindet, werden wir da sein. Unser Protest ist laut und bunt. Das ist unsere Stärke.
Liebe Bochumer*innen, es ist eine reine Provokation und eine Unverschämtheit, dass ProNRW und andere rechte Parteien gerade hier, auf diesem Platz ihre Propaganda verbreiten dürfen. Fritz Husemann, nach dem dieser Platz benannt ist, war Reichstagsmitglied für die Sozialdemokratie bis 1933 und Bergarbeiterführer. Von den Nazis wurde er im Konzentrationslager Esterwegen ermordet.
Es ist unsere Pflicht, die warnenden Stimmen der Vergangenheit zu hören.
Das Land NRW sollte prüfen, dass Versammlungsrecht insoweit zu ändern, als dass es Faschist*innen nicht mehr möglich ist auf Plätzen zur Erinnerung des antifaschistischen Widerstandes zu hetzen.
ProNRW fährt mit seiner Tour „Lichterketten gegen Asylmissbrauch – gegen Überfremdung“ durch die Städte und bedient damit Fremdenhass, Islamophobie und Antiziganismus.
Ich spreche heute hier für die IFAK e.V., einem multikulturellen Verein, der sich seit 40 Jahren für Migrant*innen in Bochum einsetzt. Wir stehen für ein Zusammenleben Aller in unserer Gesellschaft.
Das Feindbild, welches ProNRW aufmacht ist ein vermeintliche Islamisierung Deutschlands. Um Eines mal klar festzuhalten:
Seit über 50 Jahren leben Familien mit Migrationsbiographien mit muslimischem Glauben in Bochum.Vom Kindergarten über die Schule bishin zum Arbeitsplatz gibt es ein selbstverständliches Miteinander.
Auch Moscheen gehören seit Jahrzehnten in diese Stadt. Die Moscheegemeinden öffnen sich. Das tut unserer Stadt gut. Wir als IFAK unterstützen diesen Prozess. So ist die Wirklichkeit in unserer Stadt!
Im aktuellen Wahlkampf versucht ProNRW auch die von CSU und AfD angestoßene Panikmache zur Zuwanderung aus Südosteuropa aufzugreifen. Anlass ist der Wegfall der Freizügigkeitsbeschränkungen für Rumän*innen und Bulgar*innen.
Es wird vom Kollaps der Sozialsysteme und des Arbeitsmarktes fantasiert.
Die Hetze und die Angstszenarien entbehren jeglicher Grundlage. Ein gezielter Missbrauch von sozialen Leistungen findet nicht statt.
Bereits jetzt wanderten Menschen aus Rumänien und Bulgarien ein um einer Erwerbstätigkeit oder dem Studium nachzugehen.
Die Arbeitslosenquote unter den Rumän*innen und Bulgar*innen  betrug Mitte 2013 etwa 7,4 % und liegt damit nicht nur unter dem Schnitt von Migrant*innen, sondern auch unter dem der deutschen Mehrheitsbevölkerung (7,7%).
Vielmehr ist ein gesamteuropäisches Problem die Abwanderung von Fachkräften, wie Pfleger*innen und Ärzt*innen, nach Deutschland und andere europäische Staaten, die zu einem Problem in den Herkunftsländern führt.
Es geht hier nämlich nicht um Rümän*innen und Bulgar*innen –  Das Problem ist Antiziganismus!
Wir dürfen uns allerdings nicht auf eine Debatte der Verwertungslogik einlassen. Der Antziganismus erfüllt in der kapitalistischen Gesellschaft eine wichtige Funktion das Bild des nicht-arbeitenden, umherziehenden Menschen gegen das, des verwertbaren Individuums zu stellen. Es ist mehr als nur plumper Rassismus.
Zuwanderung ist kulturell und sprachlich, aber auch menschlich eine Bereicherung für uns.
Die Metropolregion Ruhrgebiet ist geprägt von Zuwanderung und gemeinsamem Gestalten.
Dafür stehen wir ein und auch deshalb ist es wichtig sich Islamophobie, Antiziganismus, Rassismus und Verwertungslogik entgegenzustellen.
Es ist gut, dass wir gemeinsam hier sind, es ist gut, dass wir Flagge zeigen für ein tolerantes, für ein inklusives Bochum – Für unser Bochum!