von Ralf Feldmann, Ratsmitglied der Linken
Mit Ehrengräbern bezeugt die Stadt Bochum ihren von nationalsozialistischen Verbrechern ermordeten Widerstandskämpfern Hochachtung und Dankbarkeit: den Sozialdemokraten Fritz Husemann und Heinrich König, den Kommunisten Moritz Pöppe, Johann Schmittfranz, Friedrich Hömberg, Josef Langner, Bernhard Nast, Wilhelm Schpenk, Wilhelm Thiesbürger und Erich Schröder.
Mit Josef Hermann Dufhues soll nun auch ein SS-Mann und Nazi-Helfer ein Ehrengrab erhalten. Dies beantragt die CDU im Haupt- und Finanzausschuss am kommenden Mittwoch.
Dufhues gehörte seit November 1933 dem 4. SS-Reitersturm an. Biografische Skizzen über das Leben des prominenten Bochumer CDU-Politikers konzentrieren sich auf die politische Karriere des langjährigen Landtagsabgeordneten, Landesministers und Landtagspräsidenten, der in der Endphase der Ära Adenauer auch geschäftsführender Bundesvorsitzender seiner Partei war. Betont wird das konfessionelle Profil des Christdemokraten als hochverehrter Alter Herr katholischer Studentenverbindungen und vor allem als Großoffizier des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Sorgsam beschwiegen wird dagegen seine SS-Vergangenheit. Für eine selbstkritische Distanzierung von seiner SS-Mitgliedschaft finden sich keine Anzeichen.
Im Gegenteil: Amnestie und Straffreiheit für Nazi- und Kriegsverbrecher war ein wichtiges politisches Anliegen des ehemaligen SS-Mannes, der seit 1946 CDU-Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag war. Wäre es nach ihm gegangen, hätten die Peiniger der Bochumer Widerstandskämpfer schon Anfang der 50er Jahre nichts mehr befürchten müssen. 1951 gehörte er dem „Vorbereitenden Ausschuss zur Herbeiführung der Generalamnestie“ aller Nazikriegsverbrecher an, der ein Amnestiegesetz für „alle in politischen Zusammenhängen, auch im Zusammenhang mit dem Krieg begangenen Straftaten“ forderte. Initiiert worden war dieser Ausschuss, der mit einem bundesweit veröffentlichten Aufruf für sein Anliegen warb, von dem Essener Anwalt und FDP-Landtagsabgeordneten Ernst Achenbach und seinem anwaltlichen Mitarbeiter Werner Best, einst rechte Hand von SS-Chef Heinrich Himmler und dessen engem Mitarbeiter, dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) Reinhard Heydrich, dabei herausragend verantwortlich für den Aufbau der Gestapo. SS-Obergruppenführer Dr.iur Werner Best hatte die Mordaktionen von Einsatzgruppen in Polen koordiniert und gehörte zu den führenden Ideengebern und Organisatoren des Holocausts. In Dänemark war er nach dem Krieg zunächst zum Tode, letztlich zu 12 Jahren Haft verurteilt worden, kam jedoch frei und konnte sich – lange Jahre ohne eigene Strafverfolgung – in der Bundesrepublik etablieren. Aus dem Rechtsanwaltsbüro Achenbach kämpfte er gegen die „Siegerjustiz“, forderte die Wiedereinstellung von Gestapo-Beamten und organisierte „Kameradenhilfe“ für SS-Offiziere. Zusammen mit dem FDP-Landesverband führte er eine Amnestiekampagne „zur Liquidation der politischen Strafsachen einer abgeschlossenen Epoche.“ Achenbach und Best kannten sich aus ihrer Zusammenarbeit bei der Deportation französischer Juden in die Vernichtungslager des Ostens, mit deren Ingangsetzung Achenbach als Leiter der Politischen Abteilung der deutschen Botschaft in Paris betraut war; Best war sein Gegenüber als Leiter des Verwaltungsstabes des Militärbefehlshabers Frankreich. Es waren also in Verbrechen tief verstrickte Nazi-Schergen, denen sich der SS-Reiter und aufstrebende Christdemokrat Josef Hermann Dufhues mit der vehementen Forderung nach einem Schlussstrich konsequent und frühzeitig zusammenschloss.
Dufhues setzte sich nicht nur für die Amnestie von Naziverbrechern ein, sondern ebenso für Arisierungsgewinner der Judenverfolgung. Im Ruhrgebiet war er eine bevorzugte Adresse für Zeitgenossen, die aus der Not verfolgter Juden ihren Profit gemacht oder sich an ihrem Vermögen bereichert hatten. In zahlreichen Restitutions- und Wiedergutmachungsverfahren der Nachkriegszeit fanden sie in der Kanzlei des SS-Mannes einen engagierten Verteidiger für anrüchige Geschäfte.
Natürlich stand Dufhues, damals geschäftsführender Bundesvorsitzender der CDU, in der Spiegel-Affäre auf der Seite der Lügner und Verfassungsbrecher „seiner“ Regierung. Als „geheime Reichsschrifttumskammer“ beschimpfte er die Schriftstellervereinigung Gruppe 47 – darunter Alfred Andersch, Hans Magnus Enzensberger und Uwe Johnson – , nachdem diese in einer Resolution gegen die von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß betriebene Verhaftung von Conrad Ahlers und Rudolf Augstein protestiert hatte. Eine höchst aufschlussreiche Entgleisung des ehemaligen SS-Mannes, der – zur rückblickenden Selbstkritik offenbar unfähig – die braunen Flecken auf der eigenen Weste verdrängte, sich aber nicht scheute, Kritikern einen Nazibonbon anzukleben.
Welche – insbesondere moralischen – Gründe sprächen gleichwohl dafür, Josef Hermann Dufhues: SS-Mann der ersten Stunde, Mitstreiter von Naziseilschaften, Befürworter einer Generalamnestie für Nazi- und Kriegsverbrechen und Helfer von Arisierungsprofiteuren, mit einem Ehrengrab die gleiche Ehrerbietung zu bezeugen wie den ermordeten Widerstandskämpfern? Würde das ehrenvolle Gedenken an die Opfer nicht beschädigt, wenn wir den Freund und Helfer der Täter auf die gleiche Stufe des Gedenkens erhöben? Wie glaubhaft noch bliebe dann in unserer Stadt die trauernde Erinnerung an den höllischen Abgrund unserer Geschichte?
Die Bochumer CDU – und wer immer ihren Antrag auf ein Ehrengrab für Josef Hermann Dufhues unterstützen sollte – wird sich zunächst diesen Fragen stellen müssen.
Es ist notwendig, dass von Ralf Feldmann wichtige Informationen mitgeteilt werden, welche die Zeit vor 1945 betreffen. In Wikipedia heißt es hierzu über den 1908 geborenen Herrn D. nur: “Von 1935 bis 1945 war Dufhues Rechtsanwalt. Von 1941 bis 1945 leistete er seinen Kriegsdienst und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1946 Richter am Landgericht Bochum.”
Vor über 10 Jahren hatte der Bochumer Anwalt- & Notarverein in Bochum die Ausstellung “Anwalt ohne Recht” gezeigt, in der auf das Schicksal von Rechtsanwälten und Notaren aufmerksam gemacht wurde, welche wegen ihrer Rasse, ihres Glaubens oder ihrer politischen Überzeugung nach 1933 nicht nur ihre Zulassung, sondern oft genug auch ihr Leben verloren haben. Im Gedenken an diese Menschen ist es unfassbar, wenn die CDU in Bochum glaubt, für ihren “Nachkriegspolitiker” Herrn Dufhues ein Ehrengrab beantragen zu müssen.
Der aufhaltsame Aufstieg der …
Wie es die Bochumer CDU mit Nazis hält ließ sich in den letzten 20 Jahren immer wieder bewundern:
– 1994 avancierte der Nazi Marcus Scholz zum Pressesprecher der CDU-Ortsverbandes Wattenscheid-Mitte. Er war Mitglied der Nazigruppe Volkswille von Marc Meier zu Hartum. Diese auf Terror gegen Linke spezialisierte Anti-Antifa-Gruppe flog nach zahlreichen Gewalttaten auf und stand 1995 vor der Dortmunder Staatsschutzkammer wegen § 129, Bildung einer kriminellen Vereinigung. Laut der niederländischen Zeitung Frij Nederland wußte der CDU-Vorstand von der Einstellung seines Pressesprechers.
– Im Jahr 2007 schloss auf antifaschistischen Druck in Bochum der Bekleidungsladen Goaliat. Ein Laden der rechtsextremen Modemarke Thor Steinar. Die Bochumer Junge Union begann gegen die Jusos und die Antifa zu polemisieren und sprach von Hetze. Dabei wurde bekannt, dass ihre Mitglieder nicht nur auf offiziellen Anlässen diese rechtsextreme Modemarke trugen, sondern auch für diese Werbung machten.
– Ebenfalls 2007 flogen mehrere JU- undCDU-Mitglieder mit einer eindeutig zum Rechtsextremismus tendierenden Internet-site namens „Bochum gegen links“ auf. Namhaft wurden Hendrik Schäfer von der JU Querenburg und der Integrationsbeauftragte der Bochumer CDU Dirk Schmidt. Dirk Schmidt sitzt nun wieder im Bochumer Stadtrat. Genauso wie Hendrik Schäfers damaliger enger Parteifreund Lars Lammert, aus dem Lammert-Clan.
– Wie es die Lammerts mit den Faschisten halten, konnte man im Februar 2007 an der Bochumer Universität bestaunen. Der amtierende Bundestagspräsident Norbert Lammert trat als Redner und Schirmherr einer ultrakonserativen/rechten Veranstaltung auf. Titel: “Dialektik der Säkularisierungâ€. Einer der Hauptredner war der rassistische, homophobe und erzreaktionäre Roberto de Mattei, Vice Presidente del Consiglio Nazionale, aus Rom. Dieser Mann war niemand Geringeres als der persönliche Berater des damaligen Präsidenten der faschistischen Partei Alleanza Nazionale (AN) aus Italien. Soweit zur Wertediskussion, die Herr Lammert zu pflegen beabsichtigt.
Soweit zum Demokratieverständnis und Antifaschismus der CDU.
(Quelle: https://linksunten.indymedia.org/fr/node/28633)
– Im November 2012 wollte James Wille von der Bochumer CDU termingerecht zur Reichspogromnacht eine christdemokratische „Anregung“ in die Bezirksvertretung Bochum-Mitte einbringen. Er wünschte sich die Wiederaufstellung eines NS-Denkmals am Eingang des Bochumer Stadtparks.
(Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/71012)
Man kann nur sagen „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
Azzoncao, ein Polit-Cafè
http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/kein-ehrengrab-fuer-den-ss-mann-dufhues-d415896.html
Dufhues und andere Verbrecher, “Aktivmitläufer” und Mithetzer des Faschismus’ wurden von je her gedeckelt und von den christlichen Parteien sowie der liberalen Partei auf die innerdeutschen Rattenlinien gebracht, deren Ende selbst post mortum 74 Jahre nach Kriegende im innerdeutschen Sumpf herumgeführt werden.
Ich schäme mich als Deutschgeborener gegenüber meinen Nichtdeutschgeborenren MitbewohnerInnen und FreundInnen, so wenig Handhabe dagegen ausüben zu können.
Daher der Aufruf zur Wahlbeteiligung, gleich ob Kommunalwahlen, Europawahlen, Integrationsratswahlen (in NRW) oder demnächst wieder Landtagswahlen usw.:
Gebt durch hohe Wahlbeteiligung den Parteigebilden, die die nationalsozialistischen Vorkriegs, Kriegs- und Nachkriegsgedanken und Ziele von und als Nachkriegsfaschisten ebenso wie die AfD unterstützt haben und immer noch unterstützen, einen Denkzettel.
Da reicht auch das Ausschlussverfahren und zum Ankreuzen das ADLER-Suchsystem: Mehrfach Einkreisen und…
Ralf Mähnhöfer · Bochumer Bürgerinitiativen BOBI.ORG
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf das Denkmal im Stadtpark für Herrn Dufhues hinweisen. Es steht dort seit etwa drei Jahrzehnten. Mir ist nicht verständlich, warum es errichet wurde. Es hat mich schon immer gestört.
Gleiches gilt übrigens auch für das in der Nähe befindliche Denkmal für den Kriegstreiber und Antisemiten Jahn. Turnvater sollte man ihn nicht nennen; er propagierte den Wehrsport.
Beide Denkmäler gehören höchstens ins Stadtarchiv – zur Warnung, wie auch die beiden abgesägten Soldaten.
Es macht sicherlich auch Sinn einmal den Wikipediaeintrag über Dufhues zu überarbeiten.
Dort heisst es nämlich lapidar: “Von 1935 bis 1945 war Dufhues Rechtsanwalt. Von 1941 bis 1945 leistete er seinen Kriegsdienst und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1946 Richter am Landgericht Bochum.”
Auf den Seiten der “Konrad-Adenauer-Stiftung” anlässlich der “Ausstellung zum 100. Geburtstag von Josef Hermann Dufhues” fängt sein “Lebensbild” erst 1946 an.
Auch in Dufhues Lebenslauf im Bundesarchiv finden wir lediglich: “1935-1945 Rechtsanwalt”.
Lasst uns da mal weiter dranbleiben.
Die CDU schiesst sich da gerade ein riesiges Eigentor ;-)
Andreas