Freitag 21.02.14, 16:00 Uhr

Linksfraktion: Bericht aus dem Rathaus


Die Linke im Rat berichtet: »In der letzten Woche haben der Schulausschuss und der Haupt- und Finanzausschuss getagt, in dieser Woche der Rat. Im Schulausschuss konnten wir eine Mehrheit für die Umbenennung der Peter-Petersen-Schule gewinnen und im Haupt-/Finanzausschuss haben wir auf anstehende Probleme im Auszahlungssystems des Jobcenters hingewiesen sowie erneut nach den Gründen für die Hausverbote auf der Berufsbildungsmesse nachgefragt. Im Rat haben wir einen Antrag für mehr Transparenz bei den städtischen Gesellschaften und zwei Anfragen gestellt. Außerdem sind einige Anfragen von uns beantwortet worden. Unsere Themen heute sind also:
Peter-Petersen-Schule umbenennen, Vorprogrammiertes Chaos im Jobcenter mit ALLEGRO, Meinungsfreiheit auf der Berufsbildungsmesse, Transparenz von Aufsichtsratssitzungen, Anfrage Moltkemarkt, Antworten auf unsere Anfragen.
Peter-Petersen-Schule umbenennen

Im Schulausschuss hatten wir beantragt, die Peter-Petersen-Schule umzubenennen. Petersen war zwar Reformpädagoge, weshalb einige Schulen in Deutschland nach ihm benannt wurden. Allerdings war er auch ein Antisemit, der sich eindeutig rassistisch positioniert hatte. Unser Antrag wurde inhaltlich einmütig im Schulausschuss unterstützt. Er wurde redaktionell leicht abgewandelt und einstimmig beschlossen. Ziel war es auch, die Schulgemeinde und insbesondere die Schülerinnen und Schüler in den Prozess einzubeziehen. Das einstimmige Votum des Schulausschusses freut uns sehr.

Vorprogrammiertes Chaos mit ALLEGRO

Im Leistungsbereich des Jobcenters soll Mitte August 2014 das neue Auszahlungsprogramm ALLEGRO eingeführt werden. Das ist mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden, da die Umstellung der Datensätze von mehr als 20.000 Bedarfsgemeinschaften innerhalb weniger Monate nach Auskunft des Personalrates manuell, also „per Hand“  erfolgen soll. Für diesen erheblichen Mehraufwand will die Bundesanstalt für Arbeit aber kein zusätzliches Personal einstellen. Wir befürchten – ähnlich wie bei der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 – ein vorprogrammiertes Auszahlungschaos. Denn schon jetzt ist das Jobcenter personell unterbesetzt und der Personalrat geht für den Einführungszeitraum des neuen Programms von einem zusätzlichen Personalbedarf von rund 30 Vollzeitstellen aus.
Wir haben deshalb im Haupt- und Finanzausschuss angefragt, mit welchen zusätzlichen Personalaufwand die Verwaltung rechnet, wie der kompensiert werden kann und wie die Schulungen der  Mitarbeiter/innen durchgeführt werden sollen. Es dürfen weder die Beschäftigten der Jobcenter noch die Bezieher/innen von ALG-II die Leidtragenden für eine schlecht geplante  Programmumstellung werden. Die Antwort soll in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses vorgestellt und diskutiert werden. Wir hatten Sozialdezernentin Frau Anger gebeten, dass dort auch der Personalrat eine Stellungnahme abgeben kann. Dieser Bitte wird die Sozialverwaltung nicht nachkommen. Das hat uns die Dezernentin am Rande der Ratssitzung mitgeteilt. Damit wird der Politik verwehrt, sich ein differenziertes Meinungsbild zu machen, unglaublich!

Meinungsfreiheit auf der Berufsbildungsmesse

Erst zur jetzigen Sitzung hat die Verwaltung unsere oben genannte Anfrage vom 16.10.2013 beantwortet, obwohl sie sie bereits zur Ratssitzung im Dezember hätte beantworten müssen. In Anbetracht der mehr als dürftigen Antworten sind wir erstaunt, warum die Beantwortung einen solch langen Zeitraum einnahm. Wir halten viele Fragen für nicht beantwortet und haben deshalb die Beantwortung in diesen Teilen zurück gewiesen. So wird die Frage nach der Grundlage der Hausverbote für die Ratsmitglieder ausweichend bis gar nicht beantwortet. Und auch die Frage danach, warum Jugendlichen am Eingang einzelne Flugblätter abgenommen wurden, wird lapidar damit beantwortet, dass diese mit den Original-Logos des RuhrCongresses gekennzeichnet waren, als ob das eine Antwort wäre. Wir erwarten jetzt eine richtige Beantwortung unserer Fragen bis zum 26. März.

Transparenz von Aufsichtsratssitzungen

Die Aufsichtsratssitzungen der städtischen Gesellschaften wie Stadtwerke (GmbH, Holding und Netz), EGR oder VBW sollen transparenter werden. Dazu hat die Linksfraktion beantragt, dass die Aufsichtsratssitzungen in einen öffentlichen und einen nichtöffentlichen Teil aufgeteilt werden, ähnlich wie beim Rat und seinen Ausschüssen. Denn die Geschicke der städtischen Töchter werden maßgeblich nicht mehr im Rat diskutiert und entschieden, sondern nur noch von einigen wenigen Aufsichtsratsmitgliedern, die zudem nichtöffentlich tagen und an die Schweigepflicht gebunden sind. Es gibt aber Tagesordnungspunkte (z.B. Grundsatzentscheidung zur Beteiligung an anderen Unternehmen), die in die Öffentlichkeit gehören. Rechtsdezernent Townsend hat zu unserem Antrag im Vorfeld mitgeteilt, dass er rechtliche Probleme bei der Umsetzung sieht. Das sehen wir zwar anders, wie übrigens sechs Kommunen in Bayern (u.a. Passau) auch, die teilöffentliche Aufsichtsratssitzungen eingeführt haben. Herr Townsend hat aber vorgeschlagen, über externe Sachverständige und dem Deutschen Städtetag eine rechtlich zulässige Lösung zu finden. Weil wir das Anliegen vernünftig finden, haben wir Herrn Townsend beim Wort genommen und aus seinem Vorschlag einen neuen Antrag gemacht. SPD und Grüne wollten sich weder für eine möglichst weitgehende Öffentlichkeit noch für externen Sachverstand aussprechen und haben einen eigenen Antrag formuliert. Leider wurde dieser und nicht unserer beschlossen, aber wenigstens haben wir eine Debatte angestoßen, bei der weiter Druck von links gemacht werden muss.

Anfrage Moltkemarkt

Das Friedensplenum hatte sich an die Stadt mit einer Bürgeranfrage zur Namensgebung des Moltkemarktes gewendet. Die Oberbürgermeisterin hat diese Anfrage aus formalen Gründen nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Wir haben ähnliche Fragen wie das Friedensplenum, denn 1947 beschloss der Rat der Stadt Bochum, den Moltkeplatz nach dem Widerstandskämpfer Karl Springer umzubenennen. Diese Umbenennung war ein Symbol für einen Neuanfang und auch ein Bruch mit dem Militarismus des 19. Jahrhunderts für den Moltke steht. Seit einiger Zeit findet auf dem Springerplatz regelmäßig ein von der Stadt genehmigter Delikatessenmarkt statt, den seine Initiatoren wiederum Moltkemarkt nennen. Damit wird der Beschluss von 1947 zumindest teilweise konterkariert. Wir wollen u.a. anderem wissen, ob bei der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis der Name des Marktes bekannt war und ob die Oberbürgermeisterin versuchen wird, die Marktverantwortlichen zu einer Umbenennung zu bewegen.

Antworten auf unsere Anfragen

● Seniorengerechtes Wohnen in Bochum
Unsere Nachfrage ergab, dass es bei über 78.000 Bürgerinnen und Bürgern, die über 65 Jahre alt sind, nur 25 Wohnanlagen mit 873 Wohneinheiten und Service gibt. Davon unterliegen 143 Wohnungen der Mietpreisbindung. Außerdem stehen fünf betreute Wohngemeinschaften mit insgesamt 50 Wohnplätzen in Bochum zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es 4 Wohnanlagen als ein so genanntes Mehrgenerationenwohnen mit insgesamt 137 Wohnungen.

● Widersprüche und Klagen gegen Bescheide des Jobcenters
Es gab im letzten Jahr 4.340 Widersprüche gegen Entscheidungen des Jobcenters. 3.606 Widersprüche konnten bearbeitet werden, fast 38 Prozent (1.356) wurde im vollen Umfang stattgegeben und fast 9 Prozent immerhin noch teilweise. Von den 375 im Jahr 2013 erledigten Klagen sind immerhin 35 Prozent ohne Urteil erledigt worden, weil das Jobcenter teilweise oder ganz nachgegeben hat.

● Herabwürdigende Plakate im Bochumer Raum
Unmittelbar nach unserer Anfrage zur Zulässigkeit der Werbung für ein Flatrate-Bordell  at die Verwaltung im letzten Herbst die Plakate abgehängt. Jetzt teilt sie mit, dass sie ein Bußgeldverfahren gegen den Puffbesitzer eingeleitet hat.

● Grundsicherung im Alter
Unsere Anfrage hat ergeben, dass sich die Fallzahlen für Grundsicherung im Alter bei den unter 65-jährigen seit 2007 von 1.210 auf 1.948 Menschen (eine Steigerung um 61 Prozent) erhöht haben, und bei den über 65-jährigen von 1.465 auf 1.692 (eine Steigerung um 19 Prozent).«

Antrag Peter-Petersen-Schule umbenennen
Anfrage zur Einführung von ALLEGRO
Erneute Anfrage zu Meinungsfreiheit auf der Berufsbildungsmesse
Antrag zu Transparenz von Aufsichtsräten

Stellungnahme des Rechtsdezernenten
Neuer Antrag zu Transparenz von Aufsichtsräten
Anfrage zur Namengebung Moltkemarkt

Anfrage zu Arbeitserlaubnissen
Antwort der Verwaltung Seniorengerechtes Wohnen
Antwort der Verwaltung Widersprüche gegen Jobcenter
Antwort der Verwaltung Herabwürdigende Plakate
Antwort der Verwaltung Grundsicherung im Alter