„Es ist sehr zu begrüßen, dass die anhaltende Verletzung von EU-Recht beim Ehegattennachzug durch die Bundesregierung endlich Konsequenzen und die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. Viele zwangsweise voneinander getrennte Paare können nun hoffen, dass die gesetzlichen Schikanen bald ein Ende haben werden“, erklärt die Bochumer Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion Sevim Dagdelen.
„Dem jetzigen Schritt der Kommission”, so Dagdelen, “war der gescheiterte Versuch vorausgegangen, die unzureichende Beachtung von EU-Recht beim Ehegattennachzug durch Deutschland ohne Vertragsverletzungsverfahren durch ein so genanntes ‚EU-Pilotverfahren‘ zu beheben. Mit dem Vertragsverletzungsverfahren könnte nun der jahrelange Skandal beendet werden, das Zusammenleben von Ehe- und Lebenspartnern zu erschweren oder gar zu verhindern. Spätestens Mitte 2011 hätte die Bundesregierung dies tun müssen. Seit dem wusste sie, dass die deutsche Regelung europarechtswidrig ist. Die EU-Kommission machte in ihrer Stellungnahme vom 4. Mai 2011 in dem EuGH-Verfahren „Imran“ klar, dass eine Regelung wie die deutsche wegen fehlender Zumutbarkeitserwägungen und dem Abzielen auf ein bestimmtes Sprachniveau gegen EU-Recht verstößt, das eine Erleichterung – und nicht Erschwerung oder gar Verhinderung – des Familiennachzugs zum Ziel hat. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich zu einer Korrektur seiner bisherigen Rechtsauffassung veranlasst, nur die Bundesregierung hielt stur an ihrer Rechtsauffassung fest.
Die Linke hat die Einführung der Sprachanforderungen als Verstoß gegen das Menschenrecht auf Familienzusammenleben von Beginn an kritisiert. Wie schwer der Spracherwerb im Ausland ist, zeigen die aktuellen Zahlen: Ein Drittel der nachzugswilligen Eheleute fällt beim Deutschtest durch. 2012 waren das 34 Prozent, in der Türkei 37. Nur 20 Prozent, also nur jeder Fünfte hatte Zugang zu einem Sprachkurs der Goethe-Institute, auf die von Regierungsseite immer wieder verwiesen wird. In der Türkei gar nur 10 Prozent. Hinter diesen Zahlen steckt das unermessliche Leid derer, die trotz aller Bemühungen an den Sprachanforderungen scheitern und von den Menschen getrennt werden, die sie lieben. Ich fordere deshalb die Bundesregierung auf, nicht in ideologischer Borniertheit auf eine Entscheidung des EuGH mit absehbarem Ergebnis zu warten, sondern im Interesse der Menschen sofort zu handeln und die Sprachhürden beim Ehegattennachzug abzuschaffen.“
Freitag 12.07.13, 16:12 Uhr