Montag 10.06.13, 20:29 Uhr

Was ist eigentlich dieses „bondings“?


Steffie Streik vom Protestplenum der Ruhr-Uni schreibt: »Unter dem Label „bonding“ und getarnt als Veranstaltung „von Studenten für Studenten“ trifft sich auch in diesen Jahr die Crème de la Crème der Wirtschaft an der RUB, um orientierungslosen Studierenden zu helfen, ihre (Aus-)Bildung in eine Musterkarriere umzusetzen. Auf der bonding­-„Firmenkontaktmesse“ wird Bildung mit Karriere gleichgesetzt, nur was der Wirtschaft nützt zählt. Für Geisteswissenschaftler_innen gibt es dabei meist nur gratis Kugelschreiber. Die Universität wird zur Fachkräftefabrik der Wirtschaft degradiert, statt Ort des geistigen Austauschs, der freien Forschung und Lehre und vor allem individueller Bildung zu sein. Freie Forschung und individuelle Bildung werden unmöglich, wo die Wirtschaft Hand in Hand mit der „Exzellenz­In­itiative“ über den Campus spaziert. Während die RUB immer weiter wächst, schrumpft der Haushalt wie Eis in der Sonne, der Einfluss der Wirtschaft wird immer größer. Wohin die Reise geht, bestimmt der Markt und zur Zeit ist Krieg ein Exportschlager aus Deutschland.

Die Bundeswehr – ein ganz normaler Arbeitgeber?
Auf der bonding­-Messe wirbt – neu in diesem Jahr – auch die Bundeswehr um Nachwuchs. An­statt selbst hohe Summen in Nachwuchswerbung investieren zu müssen, bekommt sie so an der RUB die potenziellen „Arbeitnehmer_innen“ à la carte serviert. Die bonding-Initiative unterstützt so, völlig frei von moralischen Zweifeln, Krieg und Rüstung. Neben einem ganztägigen Stand im Audimax-Foyer möchte die BW-Recruiting-Abteilung um 13:30 Uhr mit einem Vortrag im Mensa-Seminarraum Nr. 2 Studierende für eine „zivile Karriere“[1] ködern. Ein Widerspruch in sich, ist doch jede_r Beschäftigte letztlich direkt oder indirekt daran beteiligt, Kriege zu führen, voranzutreiben, zu verbessern oder zu legitimieren.

Bundeswehr raus aus den Unis, Schulen, Arbeitsämtern, …
Dass die Bundeswehr in den letzten Jahren verstärkt „Nachwuchsförderung“ in Jobcentern, Schulen und Unis betreibt hat seinen Grund: Das Militär ist nach wie vor nicht besonders beliebt und nach dem Wegfall der Wehrpflicht wird es immer schwieriger, Menschen zu finden, die bereit sind, Deutschland am Hindukusch oder anderswo zu „verteidigen“. Mit einem enormen Budget z.B. für TV- und Radiowerbespots, aber auch mit Messeständen wie an der RUB versucht die Bundeswehr ihr Imageproblem zu beheben. Immer dort wo die Bundeswehr ungestört agieren kann, wird sie ihre Spielräume nutzen. Schlägt ihr Widerstand entgegen (im Idealfall begleitet von einer öffentlichen Diskussion um den Sinn ihrer selbst), geht die Rechnung nicht mehr auf. Dementsprechend ist die Bundeswehr auch längst nicht auf allen „bonding“-Messen bundesweit vertreten. Warum also in Bochum?

Krieg beginnt hier – stoppen wir ihn hier!
Die RUB gibt jährlich 2,6 Mio Euro[2] für Forschungsprojekte aus, deren Ergebnisse für militärische Zwecke genutzt werden können oder explizit sollen[3]. Im letzten Jahr hat sich an der RUB ein sog. „Arbeitskreis Sicherheitspolitik“ gegründet[4], der in Form von Vorträgen z.B. aktive Lobbyarbeit für deutsche Auslandseinsätze betreibt. Und nun auch noch die Bundeswehr auf dem Campus? Wir treten dem Trend, Rüstungsforschung, Kriegseinsätze und Bundeswehr an den Hochschulen als Normalität zu etablieren entschlossen entgegen! Wir fordern eine klar antimilitaristische Universität, die frei von kommerziellen Interessen ist.
Reflektierte Forschung und Bildung sollten Grundsätze der RUB sein. Anstatt sich für jeden Dreck zu prostituieren, wenn er nur Geld bringt, fordern wir dazu auf, die eigene geistige Arbeit sinnvoll einzuset­zen. Wir wollen uns nicht für die Interessen des Staates und der Wirt­schaft einspannen lassen und möglichst schnell, konform und geräusch­los auf eine profitable Karriere zusteuern. Die Präsenz der Bundeswehr auf dem Campus können und wollen wir nicht akzeptie­ren.

Für eine Gesellschaft ohne Grenzen und Kriege!
Keinen Platz für Bundeswehr und Co. auf dem Campus!
Für eine freie und friedliche Uni – Her mit der Zivilklausel!
Sand ins Getriebe der militärischen Rekrutierungsmaschinerie!

[1] »Die Bereitschaft zur Teilnahme an Auslandseinsätzen in die Einsatzgebiete wird jedoch erwartet.« (Quelle: ziv.bundeswehr-karriere.de)
[2] Zahlen von 2010, da es schwierig ist an aktuelle Zahlen zu kommen
[3] Zur Militarisierung von Hochschule und der Gesellschaft: http://is.gd/1ss7zt
[4] Bundeswehr-Lobbykreis an der RUB gegründet: http://is.gd/jaOgwB«