Montag 13.05.13, 10:36 Uhr

Aktion gegen die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes


Die Bochumer occupy-Initiative hat am Samstag gegen die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes in der Innenstadt protestiert. Die Aktion begann gegen 10 Uhr.  Ca. 10 dunkle Gestalten sperrten den Innenbereich des Husemannplatzes zunächst mit rot-weißem ‚Flatterband‘ und später mit schwarzer Folie so ab, dass PassantInnen den Platz nicht mehr überqueren und auch nicht mehr einsehen konnten. Wollten dennoch Fußgänger den Platz überqueren, wurden sie z. Teil sehr rigoros von ‚Ordnungskräften‘ in deutlich erkennbaren orangenen Westen daran gehindert. Da halfen auch z. T. sehr heftige Proteste nichts. Selbst ein sehr verärgerter CDU-Stadtverordneter, der sich bei der Polizei beschwerte, wurde von dieser auf die Rechtmäßigkeit dieser Privatisierungsmaßnahme hingewiesen und konnte den Platz nicht passieren. Ob er seine Androhung, dass diese Sache noch ein Nachspiel haben werde, wahrmachen wird, bleibt abzuwarten.

Während die ‚Orangenen Sheriffs‘ den Husemannplatz als privatisierte Fläche sicherten, waren Mitglieder der Bochumer Occupy-Gruppe  eingetroffen, um gegen diese Maßnahme zu protestieren und die vorbeigehenden BürgerInnen zu informieren und aufzurufen, diese Privatisierung nicht hinzunehmen. Nach drei Stunden wurde dann dem Privatisierungs-Wahn der Garaus gemacht! Vom Südring her kam ein kleiner fröhlicher bunter Tross vor allem jüngerer FußgängerInnen mit bunten Wagen, Fahrrädern und Kindern auf Dreirädern, die an Aktionen des n.a.t.u.r.-Festivals teilnahmen und von dieser unverschämten Privatisierung erfahren hatten. Gemeinsam mit einer Gruppe Posaunen- und Trompeten-BläserInnen, Occupy-Aktiven und BürgerInnen näherten sie sich – nahezu tanzend – den schwarzen Absperrungen. Die Sheriffs hatten keine Chance! Nach kurzem Widerstandsgeplänkel mussten sie weichen, ebenso die Absperrungen, die eingerissen auf dem Boden liegend geradezu überrannt wurden. Neugierig beobachteten viele staunende BürgerInnen die Befreiung des Husemannplatzes aus ‚sicherer‘ Entfernung von der Kortumstr.
Fröhlich nahmen Kinder und Erwachsene den Platz in ihren Besitz, um miteinander zu tanzen, spielen, auszuruhen, sich mit den anderen PrivatisierungsgegnerInnen zu unterhalten. Leider wurde das fröhlich Treiben vorzeitig durch einen heftigen Regenschauer beendet.
Die occupy-Initiative schreibt zum Hintergrund der Aktion:
»Immer mehr öffentliche Räume werden der nicht-kommerziellen Nutzung durch BürgerInnen entzogen und privatisiert. Das heißt in der Regel, dass sie dann nicht mehr von den BürgerInnen ohne Konsumzwang (einfach nur rumsitzen, sich sonnen und den PassantInnen zuschauen) genutzt werden können, wie es jetzt noch auf einem Teil des Husemannplatzes möglich ist.
Eine nzwischen weitgehende Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes wird im Bermuda-Dreieck deutlich, wo die früher öffentlichen Flächen mit vielen Ruhebänken beseitigt wurden. Sitzplätze im Bermuda-Dreieck können in aller Regel nur noch gegen Geld (Verzehr) genutzt werden. Eine ähnliche Entwicklung gibt es in Essen, wo der Zugang zum Rathaus von der Einkaufsstraße nur noch über privatisierte Flächen möglich ist.  Wollen BürgerInnen z. B. vor dem Rathaus demonstrieren, können sie ihre Bürgerrechte dort nicht mehr wahrnehmen und werden von privaten Sicherheitsfirmen vertrieben.
Es gibt nun Planungen, nach dem Abriss des Bochumer Gerichtsgebäudes diesen Bereich in ein ‚Einkaufsparadies‘ umzubauen. Dadurch besteht die Gefahr, dass die gesamte Innenstadt grundlegend negativ verändert wird: Viele innerstädtische kleinere und mittlere Betriebe würden verdrängt und auch der Husemannplatz soll vollständig kommerzialisiert werden. Noch mehr Platz soll verschwinden, wo Menschen sich ohne Konsumzwang in unserer Innenstadt aufhalten können.«
Das Flugblatt, das während der Aktion verteilt wurde als PDF-Datei.