Donnerstag 14.03.13, 18:12 Uhr
Kritik an den Alleingängen der anderen Opel-Belegschaften

Rainer Einenkel zum aktuellen Verhandlungsstand bei Opel


Heute Nachmittag wurde eine Information des Betriebsratsvorsitzenden der Bochumer Opel-Werke Rainer Einenkel an die Beschäftigten verteilt. Darin heißt es: »Am Dienstag wurde in den Verhandlungen ein Tarifvertrag zur Zukunft der Opel-Werke vorgelegt. Veränderungen an diesem Vertrag hatte der Opel-Vorstand abgelehnt. Der Bochumer Betriebsrat und die IG Metall-NRW haben diesem Tarifvertrag nicht zugestimmt und fordern weitere Verhandlungen. In einem Schreiben an die Belegschaft und in einer Presseerklärung hat die Rüsselsheimer Kommunikationsabteilung dazu Stellung genommen. Unterzeichnet wurde das Schreiben von dem Bochumer Werksdirektor Manfred Gellrich. Fakt ist: An den Verhandlungen ist kein Bochumer Vertreter der Unternehmensleitung beteiligt. Das mag als Erklärung dienen, dass im Schreiben des Unternehmens und in den Führungskräftesitzungen viele irreführende Informationen verbreitet werden. Dahinter scheint eine bewusste Absicht zu stecken.
Hier eine kurze Zusammenfassung zum vorliegenden Tarifvertrag, der vom Bochumer Betriebsrat und der IG Metall-NRW nicht unterschrieben wurde:
1. Zu betriebsbedingten Kündigungen:
Betriebsbedingte Kündigungen sind bei Opel bis zum 31.12.2016 ausgeschlossen – außer für Bochum. Bis Ende 2014 müssen 600 Beschäftigte ausscheiden (Abfindung, ATZ, Eigenkündigung). Wenn diese Quote nicht erreicht wird, kann ab 1.1.2015 betriebsbedingt gekündigt werden.
Darüber hinaus sind trotz Kündigungsschutz bis 2016 in Bochum weitere Kündigungen möglich. Diesen Kündigungen müsste der Betriebsrat zustimmen. Sollte der Betriebsrat erwartungsgemäß diese Kündigungen ablehnen, wird eine tarifliche Schlichtungsstelle ohne Betriebsrat eingerichtet, die den Kündigungen nach Prüfung zustimmen kann.
2. Zum Auslauf der Fahrzeugproduktion:
Betriebsrat und IG Metall sollen im Vertrag bestätigen, dass die Autoproduktion nach 2016 beendet wird. Wir sollen das Feigenblatt für die vorbereitete Entscheidung des Vorstandes sein, dass der neue Zafira ab 2017 in Rüsselsheim gefertigt werden soll.
3. Zur Fortsetzung der Zafiraproduktion über 2014 hinaus:
Ohne Zustimmung zum Vertrag soll die Zafira-Produktion bereits Ende 2014 eingestellt werden. Diese Drohung ist Unsinn. Der Zafira kann nur in Bochum gefertigt werden. Eine Verlagerung ist wegen hoher Investitionen und fehlender fachlicher Kompetenzen nicht möglich. Damit würde Opel und GM langfristig die Kunden für diese Fahrzeugreihe verlieren und wäre weg vom Markt.
4. Zu Beschäftigungsalternativen:
Als Ersatz für die Schließung der Fahrzeugproduktion verspricht Opel 1.200 tarifliche Vollzeit-Arbeitsplätze in Bochum. Dazu gehören 600 Arbeitsplätze im Ersatzteillager, von denen bereits 450 Arbeitsplätze vorhanden und belegt sind. Zu den weiteren versprochenen 600 Arbeitsplätzen in der Komponentenfertigung gibt es vom Unternehmen keine einzige konkrete Zusage sondern nur schwammige Aussagen und Planspiele. Verhandlungen über konkrete und belastbare Arbeitsplätze werden vom Unternehmen blockiert.
5. Zu Abfindungen und Altersteilzeit:
Bis heute gibt es keine Verhandlungen über die versprochenen „attraktiven“ Abfindungsangebote und eine Altersteilzeitregelung.
6. Zum Dreischichtbetrieb:
Ab dem 2. Quartal soll Bochum auf einen Zweischichtbetrieb umgestellt werden. 700 Beschäftigte sollen ihren Arbeitsplatz verlieren. Notwendige Verhandlungen über eine Beschäftigungssicherung und eine schriftliche Beantwortung der Vorschläge des Betriebsrates werden vom Unternehmen verweigert, obwohl dies vom Gesetz zwingend vorgegeben ist.
7. Zur Beschäftigungssicherung:
Das Unternehmen plant bis 2016 einen schrittweisen Personalabbau und die Abwicklung des Bochumer Werkes. Dazu gehört auch die letztmalige Einstellung von Auszubildenden in diesem Jahr. 2016 soll die Berufsausbildung ganz eingestellt werden.
Bei Einhaltung der Unternehmensplanung droht dennoch der Verlust von mindestens 2.500 Arbeitsplätzen. Ohne zugesagte Alternativarbeitsplätze sind deutlich mehr Beschäftigte betroffen. Durch die Aushebelung des Kündigungsschutzes, der wir zustimmen sollen, drohen bereits bis 2016 massive betriebsdingte Kündigungen.
8. Zur Getriebefertigung:
Die Getriebefertigung könnte bis Ende 2014 verlängert werden. Zum geplanten Volumen oder zur Beschäftigung gibt es keine Aussagen.
9. Zur Region
Durch den drohenden Wegfall der Fahrzeugproduktion und die befürchtete Abwicklung des Werkes Bochum droht für tausende Menschen in der Region, z.B. in den Zuliefer- und Servicebetrieben, in Gewerbetrieben und im Handel ein massiver Arbeitsplatzverlust und Verlagerungen und Betriebsstillegungen. Hierzu gibt es keine Aussagen.
Am Donnerstag hat der Betriebsrat die Belegschaften in Rüsselsheim und Kaiserslautern über den Tarifvertrag abstimmen lassen. Die Abstimmung in Eisenach wird am Wochenende durchgeführt.
Über die Abstimmungen in diesen Standorten haben der Bochumer Betriebsrat und die IG Metall-NRW nur durch Zufall erfahren. Bochumer Belegschaft und Betriebsrat haben diese einseitigen Abstimmungen kritisiert, weil damit das gemeinsame Handeln aller Werke aufgebrochen wird und die Verhandlungen für den Standort Bochum belastet werden.
Wir waren und sind verhandlungsbereit aber nicht unter dem Diktat, vorher der Abwicklung zuzustimmen.
Wir wollen eine Perspektive für die Menschen, das Werk und die Region.
Stärkung und Wachstum für die Marke Opel geht nicht ohne Opel-Bochum.
Unsere Informationsveranstaltungen, die 11-stündige Belegschaftsversammlung am 25. Februar und die großartige Opel-Solidaritätsveranstaltung am 3.3.2013 in der Bochumer Innenstadt mit über 20.000 Teilnehmern geben uns Kraft und Rückendeckung für die weiteren Verhandlungen. Dafür Danke.«