Montag 21.01.13, 21:50 Uhr
Dokumentarfilmfestival im Endstation Kino:

Stranger than Fiction


Ab Donnerstag, den 24. 1. findet im Endstation Kino das Dokumentarfilmfestival Stranger than Fiction statt. Neben Münster und Köln ist Bochum einer der drei Veranstaltungsorte in NRW. Das Festival bietet einen Überblick über die internationale Dokumentarfilmszene und zeigt das aktuelle Spektrum an Themen und Formen. Zu einigen der Filme sind die Regisseure und Regisseurinnen im Anschluss zu einem Filmgespräch zu Gast.
Die Filme im Überblick:
Do 24.01., 19:30 Uhr, Filmgespräch mit den Regisseuren Ulrike Franke & Michael Loeken
Arbeit Heimat Opel
Arbeit Heimat Opel portraitiert sechs Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren, die 2009 ihre Ausbildung zum Industriemechaniker im Bochumer Opel-Werk beginnen. Wir begleiten Jerome, André, Sinan, Tim, Marius und Marcel mit ihren Hoffnungen und Ängsten durch die Zeit des Umbruchs, lernen ihre Lebensträume und Sorgen kennen. Sie stehen am Anfang eines Arbeitslebens, dessen Zukunft bereits ungewiss ist. Dabei kontrastiert der Film den Alltag der Auszubildenden im Werk II mit den Geschicken von GM und Opel auf der Weltbühne auf zwei scheinbar voneinander losgelösten Ebenen. Trotz ihrer räumlichen als auch medialen Distanz berühren und überschneiden sich die beiden Ebenen immer wieder und verknüpfen globale Weichenstellungen und lokale Lebensentwürfe – und umgekehrt.

Fr 25.01., 19:30 Uhr, Filmgespräch mit Regisseur Till Schauder
The Iran Job
Der Film erzählt die Geschichte des US-Basketballers Kevin Sheppard, den es, nach einigen Jahren in Mittel- und Südamerika, in der Saison 2008/09 in den Iran verschlägt. Dort startet er als Pointguard für A.S. Shiraz. Der charismatische Spieler ist schnell beliebt und freundet sich mit drei Iranerinnen an, die mit ihm ihre Standpunkte von Politik über Religion bis hin zu Geschlechterrollen teilen. Aufgrund der politischen Unruhen verlässt Schauder das Land – Sheppard bleibt und beendet die Saison. Der Soundtrack featured iranische Rapper und Hip-Hop-Musiker.

Sa 26.01., 19:30 Uhr, Filmgespräch mit Regisseur Stefan Schwietert, moderiert von Tim Müller (DJ Schwarze Katze weißer Kater)
Balkan Melodie
Im Wohnzimmer von Marcel Celliers Villa am Genfersee schmücken zahlreiche Goldene Schallplatten die Wände. Seit über 50 Jahren reist der Romand in den Osten Europas, um  musikalische Perlen zu entdecken und diese nach Westeuropa zu importieren, um sie hier zu veröffentlichen. Dank der  ausgedehnten Reisen des mittlerweile 86-Jährigen wurde so beispielsweise der rumänische Panflötist Gheorghe Zamfir weltbekannt, ebenso der Frauenchor des bulgarischen Staatsfernsehens, besser bekannt unter dem Namen Le Mystère des voix bulgares.

So 27.01., 19.30 Uhr
Where’s the beer and when do we get paid?
Wie kommt Jimmy Carl Black, der legendäre Schlagzeuger von Frank Zappas „Mothers of Invention“, in ein kleines bayrisches Dorf? „The Indian of the Group“ kann kaum Deutsch und wird in schönstem Bayrisch mit „Servus, Mr. Black!“ begrüßt. Vom Höpflinger Bahnhof aus tourt der 70jährige als Schlagzeuger und Sänger durch Europa und muss seit 40 Jahren immer wieder die gleichen alten Zappa-Platten signieren. „To tell you the truth, I don’t like to play the drums that much anymore. It’s too hard a work, man. But I need the money.” Die letzten zwei Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod haben die Filmemacherinnen Jimmy Carl Black, der seine Krebserkrankung mit polterndem Humor überspiel, im bayrischen Höpfling und bei seinen Auftritten begleitet. Niemand wollte wahrhaben, dass die große Amerikatournee, die ihn auch in seine Heimatstadt El Paso führte, seine letzte werden würde.

Mo 28.01., 19.30 Uhr,  Filmgespräch mit Regisseurin Mareike Wegener
Mark Lombardi
Der New Yorker Künstler, Mark Lombardi, hat in seinen Zeichnungen die globalen Verstrickungen von Politik, Wirtschaft und Terrorismus visualisiert. Sein plötzlicher Tod lässt viele Fragen offen: Hat er sich selbst das Leben genommen oder ist er Opfer einer Verschwörung geworden? Welche Rolle spielt sein Meisterwerk „BCCI“ in den Ermittlungen des FBI?

Di 29.01., 19.30 Uhr
Blank City
Ein Liebesbrief an eine Generation ungestümer Filmemacher und ihren Wirkungsort New York City. Bis in die 80er Jahre war Manhattan eine Brache mit billigen Mieten und Drogen, eine Brutstätte unabhängigen Kunstschaffens. Hier trafen sich junge Regisseure wie Jim Jarmusch und John Waters, um mit Musikerinnen wie Debbie Harry und Lydia Lunch wilde, richtungsweisende Independent-Filme zu drehen. Blank City bringt Zeitzeugen zusammen und porträtiert die Geschichte des „No Wave Cinema“ und des „Cinema of Transgression“, einer einmaligen Underground-Filmbewegung, und ein ungekannt schroffes New York der 1970er.

Mi 30.01., 19.30 Uhr, Filmgespräch mit Regisseur Gerd Kroske
Heino Jaeger – Look before you kuck
Wer war Heino Jaeger? Seine Stegreifgeschichten sind das Vorbild für Olli Dittrichs Dittsche Performance. Loriot verehrte ihn als großen Humoristen. Eckhard Henscheid nannte ihn den „Mozart der Komik“. Dennoch ist Heino Jaeger der wohl unbekannteste unter den großen deutschen Komikern. „Wir haben ihn wohl nicht verdient“, schlussfolgerte Loriot. Auch 15 Jahre nach Heino Jaegers Tod ist der Maler, Satiriker und frühe Radiokultstar der ewige Geheimtipp echter Komikkenner. Er gehörte mit Joska Pintschovius, Michael Mau und anderen der Hamburger Anti-68er-Strömung an, laborierte unheilbar an Kriegserfahrungen und am kleinbürgerlichen Bedürfnis der Deutschen, die Nazizeit zu vergessen, alles, was davor war, abzureißen und eine neue Zeit zu behaupten. Jaeger katalogisierte und hielt fest, schlüpfte in Rollen und verschwand darin. Auch für die, die Heino Jaeger lange Zeit begleitet haben, blieb er immer rätselhaft und ambivalent.

31.01., 19:00 Uhr (am 04. Februar wird es in Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft Bochum e.V. ein Expertengespräch zu dem Film geben)
Vergiss mein nicht
In Vergiss mein nicht erzählt David Sieveking von der häuslichen Pflege seiner Mutter, die wie Millionen anderer Menschen an Alzheimer-Demenz leidet. Davids Eltern waren in der Studentenbewegung der 60er Jahre aktiv und haben eine „offene Beziehung“ geführt, die nun durch die Krankheit in dramatischer Weise auf die Probe gestellt wird. Die Veränderung der Mutter zwingt die Familie, sich mit ihren Konflikten auseinanderzusetzen, und lehrt sie einen herzlichen Umgang, der zu neuem Zusammenhalt führt. Mit Humor und Offenheit zeichnet sich David Sievekings Familienchronik durch ungekünstelte Teilnahme und liebevolle Zuneigung aus, wobei stets die Menschen und nicht die Krankheit im Zentrum stehen.

01. 02, 19.30 Uhr
Gegenwart
Gegenwart ist eine Beobachtung des anstrengenden Arbeitsalltags zwischen Heiligabend und Neujahr in einem kleinen deutschen Krematorium, das rund um die Uhr arbeitet. Die mittelständische Firma garantiert die Abfertigung eines Toten innerhalb von drei Tagen. Das ermöglicht den Bestattern sichere Planung. Hinterbliebenen wird so die Möglichkeit gegeben, rasch in den Alltag eigener Produktivität zurückzufinden. Zeitnahe Einäscherung hilft bei der frühzeitigen Trauerbewältigung, heißt es im Prospekt. Es gibt viel zu tun. Thomas Heises Film Gegenwart erzählt in Bildern ohne Worte, was mit uns geschieht.

Außerdem ist von Donnerstag bis Mittwoch jeweils um 17.30 Uhr Manuel von Stürlers Dokumentarfilm Winternomaden zu sehen. Der Wanderhirte Pascal liebt die Schäferei. Nun führt er die junge Carole in diese Jahrtausende alte Tradition ein. Gemeinsam bewegen sie eine große Schafherde vorbei an faszinierten Touristen, beeindruckenden Landschaften und skeptischen Bauern, die solches Fußgetrappel auf ihrem Land nicht sehen wollen. Mit viel Gefühl und poetischer Leichtigkeit fängt Winternomaden ein besonderes Gegenprogramm zum sonst so wohlstrukturierten urbanen Leben ein. Überraschungen, erstaunliche Begegnungen, bewegende Wiedersehen – der Film erzählt von einer beinah verschwundenen ländlichen Lebensart und ist eine Hymne an die Freiheit, die das Leben in der Natur immer noch bedeutet.