Freitag 14.10.11, 17:43 Uhr
Antifaschistische Jugend Bochum fordert:

Gedenktafel für Josef Gera


Für Montag, den 17. Oktober um 18 Uhr ruft die Antifaschistische Jugend Bochum (AJB) zu einer Kundgebung in Gedenken an Josef Anton Gera auf. Am Eingang zum Westpark an der Alleestraße (Haltestelle Jacob-Meyer-Straße/Jahrhunderthalle) wollen sich die Jugendlichen versammeln, um an den vor 14 Jahren von Neonazis ermordeten 59jährigen Rentner zu erinnern. Ein einer Presseankündigung zur Kundgebung heißt es: »Thematisiert wird neben der Leidensgeschichte von Gera auch das Ausmaß rechtsradikaler Gewalt seit der Wende, die Ignoranz der Öffentlichkeit für die Mordmotive, aber auch das Erstarken einer neuen Gedenkkultur in den letzten Jahren.
Josef Anton Gera wurde am 14. Oktober 1997 aus homophoben Motiven ermordet. Der damals 59jährige Frührentner feierte am besagten Abend mit seinen beiden späteren Mördern in einer leer stehenden Hütte auf dem ehemaligen Kruppgelände. Geras Mörder benutzten diese Hütte öfters zum feiern, dementsprechend waren die Wände mit Hakenkreuzen und SS- Runen „geschmückt“.
„Zu später Stunde, als manche von den Feiernden schon eingeschlafen war, habe Gera den beiden wachgebliebenen Patrick K. und Uwe K. sexuelle Avancen gemacht.“, erzählt Kevin Waschkowitz von der AJB. „Wir wissen nicht, ob Josef Gera tatsächlich homosexuell war, erschreckend ist nichts desto trotz die mörderische Energie, mit welcher die Täter über Gera herfielen, und zwar aus einem homophoben Reflex heraus und im Nachhinein damit prahlten ‚es einem Schwulen richtig gezeigt‘ zu haben“, so Waschkowitz weiter. Die Täter griffen Gera mit Stahlrohren an und verletzten ihn dabei so stark, dass er mit mehreren Rippenbrüche, verletztem Lungenflügel und gerissener Milz und Leber ins Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo er drei Tage später starb.
„Zwar wurden Patrick K. und Uwe K. wegen Mordes verurteilt, aber die Intention wurde von der Staatsanwaltschaft so abenteuerlich umgedichtet, dass es einen nur noch anwidert.“, heißt es im Aufruf zur Gedenk-Kundgebung. „Abgesehen davon, dass es sich bei den Mördern mangels ihrer Zughörigkeit zu rechtsradikalen Parteien oder Gruppen nicht um Neonazis gehandelt haben könne, behauptete die Staatsanwaltschaft, die Mörder hätten gar nicht aus schwulenfeindlichen Gründen getötet, die niederen Beweggründe seien durch „Alkohol und eine Menge Frustration“ gegeben gewesen.“, so der Aufruf weiter.
Trotz- oder gerade wegen der Verschleierung der vielen Mordfälle seit den 1990er Jahren, von denen die Bundesregierung nur etwa ein drittel anerkennt, kommt es in letzter Zeit zu einer immer stärkeren Aufarbeitung von Mordfällen mit rechtem Motiv. Gerade durch die kontinuierliche Aufklärungs- und Gedenkarbeit unabhängiger Initiativen und örtlicher antifaschistischer Gruppen konnte Öffentlichkeit für diese Thematik geschaffen werden. (2) „Dass die Umstände ihres Todes in ihrem jeweiligen Kontext aufgeklärt und diese vermittelt werden, ist das Mindeste, was jedes Opfer eines gewaltsamen Verbrechens verdient, selbst wenn es einen politisch ‚unangenehmen Beigeschmack‘ bedeutet.“, stellt Waschkowitz fest.
Die Antifaschistische Jugend Bochum fordert darüber hinaus, dass solche Opfer rechter Gewalt, deren Fälle von Justiz und Öffentlichkeit nicht entsprechend gewürdigt wurden, auch im Nachhinein einen gebührenderen Umgang verdienen. „Ein öffentliches Erinnern an faschistische Morde, denen Einzelne zum Opfer fielen und gleichzeitig auf die Einschüchterung vieler abzielt, ist schon aufgrund der Zeitlosigkeit der Würde der Opfer angebracht.“, sagt Waschkowitz. Solche Standpunkte in den Debatten der bürgerlichen Mitte, die rassistische Gewalt tendenziell rechtfertigen, können heute nur wirksam bekämpft und die Würde der Menschen, welche in einem völkisch-rassistischen Weltbild keinen Platz haben, geschützt werden, wenn wenigstens die Schicksale von Menschen wie das von Josef Gera im kollektiven, öffentlichen Gedächtnis einen Ort finden.
Der Aufruf der AJB schließt mit einem Appell an die Bochumer Öffentlichkeit: „Deshalb fordern wir seit Jahren, dass in der Nähe des Orts, an welchem Josef Gera ermordet wurde, eine Gedenktafel angebracht wird.“