Mittwoch 27.07.11, 13:36 Uhr
DGB zu Niedriglöhnern in Bochum:

Jung und in Leiharbeit


Die realen Einkommen von Niedriglöhnern sind seit der Jahrtausendwende stark gesunken. Bei Beschäftigten in diesen unteren Einkommensgruppen hätten die Einbußen 16 bis 22 Prozent betragen hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kürzlich herausgefunden. Nun legt der DGB die Zahlen für Bochum vor. Demnach ist die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten von 12,7% im Jahre 2000 auf 17,4 % gestiegen. Inzwischen sind 8.414 Frauen und 6.656 Männer Vollzeit beschäftigt, erhalten aber Löhne unterhalb der Armutsschwelle. Der Durchschnittsverdienst aller versicherungspflichtig Beschäftigten Ende 2009 betrug 2.886 €. Im Niedriglohnbereich waren das weniger als 1.924 € Brutto für eine Vollzeitbeschäftigung. Im Durchschnitt aller Beschäftigten seien die Nettogehälter zwischen 2000 und 2010 preisbereinigt um 2,5 Prozent zurückgegangen. Das geht den Angaben zufolge aus neuen Umfrageergebnissen des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) hervor.
„Die Wirtschaft ist seit der Jahrtausendwende ordentlich gewachsen. Die Gewinne und Vermögenseinkommen sind sogar kräftig gestiegen. Doch bei den meisten Erwerbstätigen ist vom Wirtschaftswachstum nichts angekommen“, so DGB Regionsvorsitzender Michael Hermund. „Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen weiter verschlechtert. Befristungen, Leiharbeit, Hartz IV und Mehrbelastungen der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung haben unser Beschäftigungs- und Sozialsystem weiter ausgehöhlt. Es wird Zeit für eine Kehrtwende.“
Ende 2009 waren insgesamt 4.610 Beschäftigte in Bochum unter 25 Jahre alt. Davon waren 2.060 oder 47 % Geringverdiener mit einem Verdienst unter 1.224 €. Von den 3.296 Leiharbeitnehmern erzielten 53 % ein Einkommen unterhalb der Niedriglohnschwelle von 1.735 € brutto bei einer Vollzeitstelle. Bundesweit erhalten Leiharbeiter immerhin durchschnittlich 50 € mehr.
Junge Menschen werden ausgegrenzt. Sie sind gut ausgebildet, werden aber in befristeten Jobs gehalten. Leiharbeiter als Billigreserve und Drohpotential gegen die Festangestellten benutzt. Die Zukunft unseres Industriestandortes ist so nicht zu meistern.“ schimpft Hermund. „Der Gesetzgeber ist gefordert hier regulierend einzugreifen. Gesetzlicher Mindestlohn, Übernahmeverpflichtung von Auszubildenden und die Eindämmung der Leiharbeit sind die richtigen Antworten auf diese Entwicklung.“

5 Millionen vom Steuerzahler
Mitte 2010 waren bei der Jobagentur Bochum 5.873 Bedarfsgemeinschaften gemeldet, deren Arbeitseinkommen so gering war, dass sie aufstockendes Arbeitslosengeld II beanspruchen mussten. Monatlich musste die Jobagentur Bochum durchschnittlich 852 € an diesen Personenkreis zahlen. Damit subventionierte der Steuerzahler Unternehmen in Bochum die Niedriglöhne zahlen mit über 5 Millionen.
„Der Gesellschaft ist es nicht zuzumuten, diese Schieflage bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen noch mit Millionen zu bezuschussen. Die Bundesregierung ist untätig. Doch es gibt Möglichkeiten, die Löhne zu stabilisieren“, so Hermund. „Wir brauchen in NRW ein Vergabe- und Mindestlohngesetz. Nur so ist Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen, ob in der Personenbeförderung, beim Bau- und Reinigungsgewerbe aber auch im Nahrungsmittel- und Gastronomiebereich zu verhindern. Die Bundesratsinitiative der Landesregierung zur Einführung eines Mindestlohnes ist ein wichtiger Schritt.“