Samstag 19.02.11, 12:06 Uhr
ADFC: Mehr Sicherheit im Straßenverkehr durch Nahmobilität

Sind SeniorInnen die Gefahr?


Mit einer Presseerklärung nimmt der ADFC Bochum zum Verkehrs-
sicherheitsbericht der Polizei Stellung: »Der Bericht zur Statistik zur Verkehrssicherheit in Bochum hat die Frage aufgeworfen, wie das Risiko, im Straßenverkehr schwer verletzt oder gar getötet zu werden, nachhaltig gesenkt werden kann. Eigenartig scheint an der Debatte um die Verkehrstauglichkeit von Senioren vor allem eins: Wie selbstverständlich wird vorausgesetzt, dass sie als Autofahrer unterwegs sind. Ein mit zahlreichen aufwendigen Sicherheitssystemen hochgerüsteter PKW ist im innerstädtischen Straßenverkehr tatsächlich ein sicherer Aufenthaltsort: „Am sichersten sind sie [die Senioren] in ihren Autos“ (Siegfried Brockmann, Unfallforschung der Versicherer). Tatsächlich gefährdet sind Senioren – und Kinder! – vor allem als Fußgänger und Radfahrer, wenn sie also nicht im Auto unterwegs sind. Ausnahmslos alle im vergangenen Jahr im Bochumer Straßenverkehr getöteten Menschen waren als Fußgänger unterwegs, ausnahmslos alle sind von einem Auto getötet worden.
Mehr Sicherheit in den Städten und ein deutliches Plus an Lebensqualität entsteht durch weniger und langsameren Autoverkehr und eine Planung, die den öffentlichen Raum vor allem als Verkehrsraum von Kindern, Senioren und von Fußgängern und Radfahrern begreift. Die Aufenthalts- und Bewegungsqualität im menschlichen Maß gemessen, ist entscheidend. Die Mobilitätsbedürfnisse von Senioren und von Kindern sind fast deckungsgleich: Beide Bevölkerungsgruppen haben einen Bewegungsradius von etwa fünf Kilometern rund um die Wohnung. Die Aufgabe ist klar: dieses Umfeld muss so gestaltet sein, dass man dort uneingeschränkt ohne Auto mobil sein kann und vom Autoverkehr nicht gefährdet wird.
Das Konzept heißt „Nahmobilität“ und ist der Grundgedanke im Leitbild der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS). Bochum ist nicht Mitglied. Man sieht es. Duisburg hat bereits damit angefangen, vierspurige Hauptverkehrsstraßen in verkehrsberuhigte Zonen zu verwandeln. Schrittgeschwindigkeit für alle und gleichberechtigte Fußgänger auf derselben Fläche statt der totalen Dominanz des Kraftfahrzeugverkehrs. Das Konzept heißt „Shared Space“.
In Bochum könnte man mit der Kreuzung am Schauspielhaus anfangen. Diese Kreuzung und die angrenzenden Straßen sind ein Horror für Fußgänger und Radfahrer. Bochum ist Autostadt? Bochum sollte eine Stadt für Menschen sein. Nebenbei: Bewegung ist Medizin. Wer regelmäßig mit Muskelkraft unterwegs ist, sei es zu Fuß oder mit dem Rad, bleibt gesund und fit. Autofahren macht krank. Muskelkraftgetriebene Nahmobilität bedeutet mehr Lebensqualität, mehr Bewegungsqualität, mehr Mobilitätsqualität und mehr Gesundheit – für alle! So entsteht eine sichere und lebenswerte Stadt für die Menschen. Umdenken tut Not.«