Die AG Bildungsstreik Bochum ruft auf zur Kampagne „Anwesenheitslisten von unten abschaffen“. Auf der Webseite der AG heißt es: »Eine der zahlreichen Forderungen des Bildungsstreiks war und ist die Abschaffung der Anwesenheitslisten, um allen Studierenden ein selbstbestimmteres Studium zu ermöglichen. Obwohl es z.B. vom Justiziariat der Universität Duisburg-Essen ein Gutachten gibt, nachdem die Anwesenheitslisten keinen Sinn ergeben, tun sich viele Fakultäten schwer damit, auf die Unterschrift der Studierenden in jeder Vorlesung / jedem Seminar zu verzichten. Warum eigentlich keine Anwesenheitslisten?
Die Anwesenheitslisten zwingen die Studierenden dazu in Veranstaltungen präsent zu sein, an denen sie vielleicht aus zeitlichen Gründen nicht teilnehmen können oder sogar wollen, d.h. sie verkennen die individuelle Lernweise jedes einzelnen Studierenden und bevormunden diese. Wenn mensch sich mit Inhalten beschäftigen will, so gibt es dafür viele verschiedene Wege. Manche hören sich gerne Vorlesungen an, andere wiederum lesen den Stoff lieber für sich und würden in den Vorlesungen nur einschlafen. Einzelne Professor_innen probierten schon viele Sachen aus und stellten z.B. einen Podcast der Vorlesungen ins Netz, filmten die Vorlesung und stellten alle Materialien als PDF ins Netz. Ergebnis solcher – bisher leider nur Experimente – war, dass viele Studierende keine Präsenz mehr bei der Vorlesung zeigten. Das sollte mensch allerdings nicht nur negativ sehen. Denn Statistiken über die Nutzung der im Netz angebotenen Materialien zeigten, dass die Studierenden sich keineswegs überhaupt nicht mit den Inhalten beschäftigten, sondern es z.B. lieber alleine anhörten oder ansahen, genau dann, wann sie eben Zeit und Lust dazu hatten.
Weiterhin können Dozent_innen die Anwesenheitspflicht als willkommene Ausrede nutzen, ihre Veranstaltungen nach dem immer gleichen, langweiligen Schema abzuhalten und die Studierenden nicht aktiv einzubeziehen. Dabei ist es doch gerade der Austausch über den Stoff, der für viele die Universität ausmacht. Ein Seminar z.B. ohne eine Anwesenheitsliste würde so ganz von alleine „qualitätskontrolliert“ werden – nämlich in dem die Studierenden nicht mehr hingehen, wenn sie glauben, die Anwesenheit habe keinen Mehrwert für das Verständnis oder den Diskurs über die Inhalte.
Und wie jetzt abschaffen?
Zwar erwägen viele Studierendenvertretungen – so auch der Bochumer AstA – rechtliche Schritte, aber das kann ziemlich lange dauern. So lange gibt es aber genug Möglichkeiten für jede_n Einzelne_n die Anwesenheitslisten abzuschaffen:
- Diskussion: Geh zu deinem Dozenten/zu deiner Dozentin hin und stelle die Anwesenheitsliste infrage. Zähle die Argumente und Alternativen auf. Viele bleiben allerdings an diesem Punkt noch uneinsichtig.
- Diskussion mit dem ganzen Kurs: Sprich das Thema am Anfang einer Sitzung einfach mal laut an und fordere eine Diskussion unter den Studierenen heraus. Viele Dozent_innen zeigen an dieser Stelle schon mehr Einsicht, wenn viele Studierende die Argumente gegen Anwesenheitslisten aufzählen.
- Anwesenheitslisten „verschwinden lassen“: Wenn Argumente nichts gebracht haben, ist es an der Zeit, die Unterschriftenlisten mitzunehmen. Das geht meistens, besonders in Vorlesungen, ziemlich einfach. Von Vorteil ist es, den ganzen Kurs einzuweihen oder zumindest nicht neben jemanden zu sitzen, der_die dich verpetzen würde. Wenn der_die Dozent_in zur nächsten Sitzung eine Neue mitbringt, fang wieder von vorne an. Besonders effektiv ist es, wenn die Anwesenheit für alle Sitzungen auf nur einer Liste kontrolliert wird. Dann kann mensch nämlich am Ende des Semesters die komplette Dokumentation der Anwesenheit der Veranstaltung verschwinden lassen. Aber auch, wenn der_die Dozent_in die Liste für sich selbst noch an anderer Stelle die Anwesenheit kontrolliert, hast du so schon ein Zeichen gesetzt. Als kleinen Anreiz gibt’s für jede mitgebrachte Anwesenheitsliste ein Freibier beim Protestplenum immer donnerstags um 18 Uhr im AStA der RUB:-)