Die Linksfraktion schreibt: »Die gestrige Ratssitzung war nicht gerade ein Lehrstück in Sachen Demokratie: Zwei Dringlichkeitsanträge, die nicht dringlich waren und eine zweifelhafte Informationspolitik der Kämmererei. So unerfreulich dies war, so war unser Antrag zur freiwilligen Abgabe von Waffen erfolgreich. Von der gestrigen Ratssitzung berichten wir über folgende Punkte: Die Erde ist eine Scheibe; Haushalt 2011; Antrag Freiwillige Waffenabgabe; Neuorganisation der Jobcenter.
Die Erde ist eine Scheibe
Schon vor Eintritt in die Tagesordnung gab es einige Aufregung. Zum einen hat die Koalition offensichtlich bereits zwei Tage vor der Ratssitzung Informationen zur neu zu beschließenden Prioritätenliste erhalten, während die Oppositionsparteien erst 1-2 Stunden vor der Sitzung die Vorlage bekamen. Das schafft natürlich ungleiche Verhältnisse und verschafft der Koalition einen nicht zulässigen Wissensvorsprung. Dieser Vorgang hat auch unsere Fraktion empört und wir haben uns deshalb nicht an der Abstimmung beteiligt, doch – um das hier zu klären – der Ruf nach der Abwahl des Kämmerers kam nur von der CDU.
Während die CDU an dieser Stelle verlangte, dass alle Fraktionen gleich behandelt werden und die gleiche Vorbereitungszeit eingeräumt wird, warfen sie an anderer Stelle ihre Grundsätze mal wieder über Bord. Ein Dringlichkeitsantrag zur probeweisen Einführung eines elektronischen Sitzungsdienstes wurde von CDU, SPD, Grünen, FDP und UWG gemeinsam eingebracht. Wir hatten die Vorlage erst am Donnerstagmorgen auf dem Tisch. Da nicht alle Ratsmitglieder über ein Fax verfügen, konnten sie die Vorlage erst auf der Vorbesprechung um 14.00 Uhr lesen. In der Kürze der Zeit konnte sich die Fraktion keine Meinung bilden. Ähnlich erging es der Sozialen Liste. Es gab einen weiteren Dringlichkeitsantrag der Koalition zur Haushaltsaufstellung 2012(!), der uns auch erst am Morgen vorlag.
Im Grunde genommen lag keinerlei Dringlichkeit vor. Die Vorlagen hätten genauso auf der nächsten Sitzung beschlossen werden können. Von den AntragstellerInnen hat sich auch niemand die Mühe zu machen, die Dringlichkeit zu erläutern, das wurde einfach mit der Mehrheit der AntragstellerInnen beschlossen. Als dieses undemokratische Vorgehen noch einmal kritisiert wurde, machte Herr Haardt klar, was Demokratie für die CDU bedeutet. Er teilte mit: „Dringlich ist, wenn der Rat beschließt, dass es dringlich ist.“ Kein Problem, und wenn der Rat beschließt: „Die Erde ist eine Scheibe“, dann ist das halt so. Für uns doch etwas erstaunlich, dass bei diesem undemokratischen Schauspiel so viele Ratsfraktionen mitgemacht haben.
Haushalt 2011
Der Kämmerer brachte gestern den Haushaltsentwurf 2011 in den Rat ein. Trotz massiver Sparmaßnahmen bleibt ein strukturelles Defizit von 29 Millionen Euro. Dies sei die Summe, die durch Entscheidungen von Bund und Land zusätzlich an Belastungen kommen sei und die nicht mehr aus eigener Anstrengung eingespart – besser gesagt gekürzt – werden kann. Soweit kann die Linksfraktion den Ausführungen der Verwaltung folgen und ihr zustimmen. Doch nach der ersten Durchsicht des Haushalts zeichnet sich ab, dass viele Kürzungen wie die Büchereischließung in Querenburg und Gerthe, die der Rat bei den letzten Haushaltsberatungen zurückgenommen hatte, wieder in dem Entwurf stehen. Das werden wir nicht mitmachen.
Aber das wird auch das Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit nicht mitmachen. Dieses hatte vor der Ratssitzung kreativ mit einem Kürzungsparcour seinen Protest deutlich gemacht und angekündigt, dass das Bündnis nicht locker lässt.
Antrag Freiwillige Waffenabgabe
Durch den Amoklauf von Lörrach hatte unser Antrag, dass WaffenbesitzerInnen motiviert werden sollen, ihre nicht genutzten Waffen freiwillig abzugeben, traurige Aktualität erhalten. Wir wollten, dass die Verwaltung eine Kampagne in diese Stoßrichtung initiiert. Ralf Feldmann unterstrich in seiner Antragsbegründung für die Linksfraktion, dass dies nur ein kleines Steinchen im Mosaik möglicher Prävention sei und das dringend Veränderungen im Waffenrecht nötig seien, aber auch das Thema „Killerspiele“ in Schulen thematisiert werden sollte. Inhaltlich wurde der Antrag von SPD und Grünen unterstützt, aber einfach einem Antrag von uns zustimmen, das geht offenbar nicht. Die Koalition wollte den Auftrag an die Verwaltung in einen Appell des Rates umwandeln. Nachdem die Oberbürgermeisterin zugesichert hatte, dass dies auch öffentlichkeitswirksam begleitet würde, haben wir den Änderungswunsch übernommen. Daraufhin wurde der Antrag einstimmig beschlossen.
Neuorganisation der Jobcenter
Durch gesetzliche Vorgaben müssen alle Kommunen entscheiden, ob die ALG-II-BezieherInnen weiterhin in dem Modell der ARGE (Trägerschaft jeweils zur Hälft Kommune und Arbeitsagentur) oder allein in kommunaler Regie in der so genannten Optionskommune betreut werden sollen. Diese Entscheidung stand auf der gestrigen Ratssitzung an. Bis auf die FDP hatten sich alle anderen Fraktionen bereits im Sozialausschuss eindeutig gegen die Optionskommune ausgesprochen. Ernst Lange erklärte in seinem Redebeitrag, dass Der Linken vor allem wichtig ist, was für die ALG-II-BezieherInnen herauskommt. Bei aller Kritik an dem bisherigen System der ARGE verspricht die Optionskommune keine Verbesserung, vielmehr ist ein ähnliches organisatorisches Umstellungschaos wie bei der Einführung von Hartz IV zu erwarten. Zudem seien die Vermittlungsergebnisse der ARGEn im Vergleich zu den bereits existierenden Optionskommunen besser und die finanziellen Belastungen für die Stadt geringer. Verbunden mit einer generellen Kritik an Hartz IV stimmte die Linksfraktion für die Beibehaltung der ARGE-Konstruktion und gegen die Optionskommune.«
Der Westerwelle hat wohl gesagt, dass 40 Euro für einen Harz 4 Empfänger und 0 Euro mehr für einen Rentner mit der FDP nicht gemacht werden. Allerdings sollte er mal in Betracht ziehen, dass die Ausgaben eine Harz 4 Empfängers wohl höher sind, als die von Rentnern. Auf der anderen Seite sollten wir mal abwarten, was die Regierung uns bald verkünden wird. Sicher ist wohl nur, dass es keine grosse Erhöhung geben wird.